Meister? „Dann nehme ich mir ein Sabbatjahr!“
Neuler steht gegen die SG Bettringen vor Reifeprüfung. Spitzenreiter ist mehr als nur eine „One Man-Show“
NEULER - Das Topspiel der FußballBezirksliga wirft seine Schatten voraus. Der TV Neuler steht gegen die SG Bettringen vor seiner Reifeprüfung. Spielertrainer Joe Colletti will zuhause ungeschlagen bleiben und stellt klar: Der Tabellenführer bietet viel mehr als nur eine „One ManShow“.
Colletti. Colletti. Und immer wieder Colletti. Sein Name versetzt die Abwehrreihen der Bezirksliga bereits seit vielen Jahren in Angst und Schrecken. Auch mit 36 Jahren schießt Gioacchino Colletti, von allen nur „Joe“genannt, immer noch Tore wie am Fließband. Acht sind es bislang gewesen, was dem DeutschItaliener die Führung in der Torschützenliste und seinem TV Neuler den Platz an der Sonne beschert. Nachdem sich TV-Angreifer Marius Gentner in der ersten Pokalrunde einen Fußbruch zuzog und voraussichtlich bis zum Winter fehlen wird, muss der Spielertrainer umso mehr in die Bresche springen.
Dennoch ist der TV Neuler keinesfalls eine One Man-Show. „Das lasse ich nicht gelten“, stellt Colletti klar. „Wir sind eine echte Einheit mit toller Mentalität. Meine Tore kann ich außerdem nur machen, wenn die Jungs mich in Szene setzen.“Zweifelsohne aber weiß kein Ligarivale eine solch hohe individuelle Qualität in seinen Reihen. „Doch entscheidend ist die Mannschaft“, betont der Spielertrainer.
Beim 2:0-Pflichtsieg in Großdeinbach am vergangenen Sonntag gingen die Treffer auf das Konto von Lorenz Hinderberger und Felix Schüll. Der Kapitän war bereits sechsmal erfolgreich, davon zweimal per Elfmeter. „Dafür dass er im Mittelfeld spielt und uns ein Spiel fehlte, ist das eine sehr gute Ausbeute“, findet Colletti. Überhaupt gilt für ihn: „Wir haben einen großen Kader. Wenn es beim einen Spieler nicht funktioniert, ist der andere für ihn da. Das zeichnet uns aus.“
Nach sieben Spieltagen kann das TV-Kollektiv auf einen echten Traumstart blicken. Auch der Spielertrainer muss sich manchmal selbst kneifen: „Hätte mir jemand vor der Saison gesagt, dass wir zu diesem Zeitpunkt mit sage und schreibe 17 Punkten ganz oben stehen, hätte ich das sofort unterschrieben.“Besonders in zwei Partien habe das Team seine Erwartungen völlig übertroffen. Das 1:1 bei der TSG Schnaitheim sei eine „sensationelle Leistung“gewesen, obwohl Neuler in der 90.Minute den unglückliche Ausgleich hinnehmen musste. Über allem steht der 3:1-Heimerfolg im Spitzenspiel gegen Unterkochen: „Wir haben richtig Feuer gemacht, bereits zur Halbzeit mit 3:0 geführt und gegen eine der stärksten Mannschaften der Liga fast gar nichts zugelassen.“Trotz der hohen Belastung angesichts der zurückliegenden Doppelspieltage (Colletti: „Man hat gemerkt, dass die Amateure das einfach nicht gewohnt sind“) hält sich die Erschöpfung in Grenzen. Der TV Neuler zeigt sich gewappnet für das bevorstehende Gipfeltreffen. Denn mit der SG Bettringen (2./16 Punkte) kommt am Sonntag der erklärte Titelfavorit nach Neuler (1./17). Die Vorfreude und der Ehrgeiz sind Colletti anzuhören: „Seit ich da bin, sind wir zuhause noch ungeschlagen. Das wollen wir fortführen und unbedingt gewinnen.“Fest steht aber auch: Bettringen wird mit mächtig Wut im Bauch anreisen. Gegen Schnaitheim (0:1) setzte es zuletzt die erste Saisonniederlage, obendrauf durch ein Eigentor kurz vor Schluss. „Sie sind für mich der Top-Kandidat auf die Meisterschaft“, erklärt Colletti und lobt den gelungenen Neuaufbau beim Gegner. Einige Trainerkollegen hatten ihm bereits von einer „jungen, willigen und hungrigen“SGB-Truppe berichtet: „Wir werden auf dem Platz die erfahrenere Mannschaft sein.“Nur zwei der bisherigen 13 Duelle konnte Neuler für sich entscheiden, die vergangenen beiden Male wurden jeweils mit einem 1:1 die Punkte geteilt. Als Favorit betrachtet Colletti den langjährigen Landesligisten deshalb nicht. „Da müsste ich ja lügen“, lacht der 36-Jährige und fügt grinsend an: „Denn wir stehen auf Platz eins und wissen, wie stark wir gerade zuhause sind.“
Der TV-Höhenflug soll am Sonntag noch lange nicht zu Ende sein. Das interne Ziel, ein einstelliger Tabellenplatz, wurde längst nach oben korrigiert, wie der Trainer und Torgarant bemerkt: „Ich arbeite jeden Tag mit dieser Mannschaft zusammen und bin überzeugt, dass es für einen Platz unter den ersten Fünf reichen wird.“
Gleichzeitig ist der Traum vom Triumph im Bezirkspokal nach dem Viertelfinaleinzug am Mittwochabend fast schon greifbar. Mit dem Aufstieg hingegen befasst sich in Neuler niemand. Auch Colletti nicht. Er sagt nur ganz lässig: „Platz fünf wäre überragend. Platz vier wäre mehr als erwartet. Platz drei wäre sensationell. Platz zwei wäre ein Traum.“Dann stoppt der Spielertrainer kurz und bringt sich selber zum Schmunzeln, als er sagt: „Wenn es Platz eins wird, dann nehme ich mir ein Sabbatjahr und feiere ein Jahr lang durch.“