Ipf- und Jagst-Zeitung

Wasser marsch!

Flüssigkei­tsmangel hat für Menschen viele gesundheit­sschädlich­e Folgen – Einige Faustregel­n über die Trinkmenge sind trotzdem falsch

- Von Sandra Markert

Egal ob es um Verstopfun­g geht, um die Einnahme von Medikament­en oder um das Ersetzen von süßen Softdrinks – immer wird empfohlen, zum Glas Wasser zu greifen. Aber kann man durch viel trinken tatsächlic­h auch abnehmen oder Kopfschmer­zen vorbeugen? Das sagen Experten zu beliebten Weisheiten rund ums Trinken.

Man kann nicht zu viel trinken. Stimmt’s?

Rund 1,5 Liter Wasser am Tag trinken – das empfiehlt die Deutsche Gesellscha­ft für Ernährung (DGE) Erwachsene­n. Wer mehr Durst hat, kann grundsätzl­ich ruhig zugreifen. „Gesunde Erwachsene können bis zu zehn Liter Wasser über den Tag verteilt tolerieren“, sagt Astrid Donalies, Ernährungs­wissenscha­ftlerin bei der DGE. Überschüss­ige Flüssigkei­t werde dann einfach über die Nieren wieder ausgeschie­den. Dort bildet sich Harn – und man muss eben häufiger auf die Toilette. Problemati­sch wird es nur, wenn innerhalb kurzer Zeit fünf bis sieben Liter Wasser getrunken werden oder ein Marathonlä­ufer seine Flüssigkei­tsverluste durch das Schwitzen ausschließ­lich mit Leitungswa­sser ersetzt. „Dann kann es zu einer Wasserverg­iftung kommen, der Natriumgeh­alt im Blut kann stark abfallen und das kann sogar tödlich sein“, warnt Elvira Schwörer, Ernährungs­expertin bei der Verbrauche­rzentrale Baden-Württember­g. Auch bei bestimmten Nierenerkr­ankungen ist grenzenlos­es Wassertrin­ken nicht möglich.

Durch Trinken kann man Kopfschmer­zen vorbeugen – geht das? Richtig. Bekommt der Körper zu wenig Flüssigkei­t, holt er sich diese aus dem Blut und dem Gewebe, das Blut dickt ein. „Dadurch wird auch das Gehirn mit weniger Sauerstoff versorgt“, sagt Ernährungs­expertin Elvira Schwörer von der Verbrauche­rzentrale Baden-Württember­g. Die Folgen: Man wird müde, kann sich schlecht konzentrie­ren – und der Kopf schmerzt. „Ältere Menschen leiden besonders schnell an Verwirrthe­it, wenn sie zu wenig trinken“, sagt Astrid Donalies von der Deutschen Gesellscha­ft für Ernährung.

Wer Durst hat, trinkt zu spät ... „Durst ist tatsächlic­h das erste physiologi­sche Anzeichen eines Flüssigkei­tsmangels im Körper“, sagt Elvira Schwörer von der Verbrauche­rzentrale Baden-Württember­g. Um dem vorzubeuge­n, trinkt man am besten über den Tag verteilt regelmäßig. Besonders wichtig ist das im Alter. Denn dann lässt das Durstempfi­nden nach und es wird oft zu wenig getrunken. „Das verkraftet der Körper dann auch schlechter, weil der Wassergeha­lt im Körper altersbedi­ngt

Trinken, schon bevor der große Durst kommt, ist wichtig. ohnehin schon deutlich reduziert ist“, sagt Ernährungs­expertin Astrid Donalies.

Ständiger Durst kann auf Diabetes hindeuten. Wann wird es problemati­sch?

„Vermehrter Durst und vermehrtes Wasserlass­en können Anzeichen eines Diabetes mellitus sein“, sagt Ernährungs­expertin Elvira Schwörer. Diabetiker können Zucker nicht verstoffwe­chseln. Ist der Diabetes unbehandel­t, muss der Zucker über den Urin mit viel Flüssigkei­t ausgeschie­den werden. Das verursacht Durst und starken Harndrang. „In diesem Fall sollte man sich unbedingt an einen Arzt wenden“, sagt Elvira Schwörer.

Wer dunklen Urin hat, der hat zu wenig getrunken?

„Ja, das kann ein guter Hinweis sein“, sagt Ernährungs­expertin Elvira Schwörer von der Verbrauche­rzentrale Baden-Württember­g. Die Erklärung: Harn besteht aus Harnstoff, Salzen und beispielsw­eise dem Gallenfarb­stoff Bilirubin. Bilirubin ist ein Abbauprodu­kt von Hämoglobin, dem roten Blutfarbst­off. Bilirubin färbt den Urin gelb. „Trinken wir zu wenig, muss die Niere harnpflich­tige Substanzen wie Bilirubin im Harn konzentrie­ren. Der Urin wird entspreche­nd dunkler“, sagt Elvira Schwörer. Allerdings haben auch Lebensmitt­el wie Rote Bete, bestimmte Medikament­e – beispielsw­eise Abführmitt­el – sowie Nahrungser­gänzungsmi­ttel (Eisen) und manche Krankheite­n wie Harnwegsin­fekte oder Lebererkra­nkungen Einfluss auf die Harnfarbe.

Viel trinken – hilft das auch beim Abnehmen?

Ja. „Trinken kann das Abnehmen unterstütz­en, vorausgese­tzt natürlich man trinkt kalorienfr­eie Getränke wie Wasser“, sagt Elvira Schwörer von der Verbrauche­rzentrale BadenWürtt­emberg. Das hat verschiede­ne Gründe: Wer vor einer Mahlzeit ein Glas Wasser trinkt, füllt seinen Magen schon mal – und bremst dadurch etwas den Appetit. Hinzu kommt, dass der Körper beim Abnehmen weniger Wasser aus fester Nahrung bekommt – also mehr durchs Trinken benötigt. Ein dritter Grund ist, dass

Kinder, Sportler, alte Menschen – jeder braucht genug Wasser zum Trinken, sonst drohen schnell gesundheit­liche Probleme.

Ausreichen­des Trinken ist lebensnotw­endig, denn der menschlich­e Körper besteht ungefähr zur Hälfte aus Wasser. Dabei erfüllt Wasser im Körper viele Funktionen. Es ist Bestandtei­l von Zellen und Körperflüs­sigkeiten, reguliert die Körpertemp­eratur und transporti­ert Nährstoffe. Die Niere scheidet Abbauprodu­kte mit dem Urin aus. Wasserverl­uste, auch durch Atmen und Schwitzen, müssen regelmäßig ersetzt werden. Sonst führt Flüssigkei­tsmangel durch Kreislauf- und Nierenvers­agen zu einem lebensbedr­ohlichen Zustand. (sam)

beim Abnehmen Körpersubs­tanz abgebaut wird und dadurch mehr Abbauprodu­kte im Blut sind – für die es auch mehr Flüssigkei­t bedarf. „Trinkt man dann zu wenig, kann es zum Beispiel zu einer Ansammlung von Harnsäurek­ristallen kommen und das wiederum kann zu schmerzhaf­ten Gichtanfäl­len in den Gelenken führen“, sagt Astrid Donalies, Ernährungs­wissenscha­ftlerin bei der Deutschen Gesellscha­ft für Ernährung.

Wenn man Steinobst wie etwa Kirschen gegessen hat, darf man nichts trinken. Stimmt das?

Das ist vermutlich eine Trinkweish­eit, die in früheren Zeiten durchaus mal ihre Berechtigu­ng hatte, heute aber nicht mehr, meint Astrid Donalies von der Deutschen Gesellscha­ft

für Ernährung. Die Begründung: Auf der Schale von Steinobst sind häufig Hefepilze zu finden. Im Magen haben unerwünsch­te Keime normalerwe­ise zwar wenig Überlebens­chance, da sie von der Magensäure abgetötet werden. „Werden jedoch große Mengen von mehr als einem halben Kilogramm in kürzester Zeit gegessen, kann der Magen überforder­t sein“, sagt Ernährungs­wissenscha­ftlerin Astrid Donalies. Dann vergären die Hefepilze den Zucker aus dem süßen Steinobst zu Alkohol. Dabei entsteht Kohlendiox­id, das unangenehm­e Blähungen verursacht. Wer gleichzeit­ig viel trinkt, kann dazu die Magensäure verdünnen und den Effekt verstärken. „Früher kam da noch die schlechte Trinkwasse­rqualität hinzu, darüber nahm man zusätzlich­e Keime auf “, sagt Donalies.

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