Zurück zu mehr Lebensfreude
Zuversicht lässt sich trainieren – Wie es in schwierigen Lebenssituationen gelingt, wieder Mut zu fassen
Ein Schicksalsschlag oder eine schwere Erkrankung: Beides kann einem Menschen stark zusetzen. In der Tat ist es schwer, etwa den unerwarteten Tod eines nahen Angehörigen, die Trennung vom Partner oder beispielsweise einen Jobverlust zu verarbeiten. Aber auch die ärztliche Diagnose Krebs, einen schweren Covid-19-Verlauf oder ein anderes Leiden steckt niemand mal so eben weg.
Für Betroffene fühlt es sich zunächst oft so an, als zöge es ihnen den Boden unter den Füßen weg. Viele fallen buchstäblich in ein tiefes Loch. Dort gilt es wieder herauszukommen und neue Lebensfreude zu schöpfen. „Hoffnung und Zuversicht können enorm viel bewirken“, sagt die Mannheimer Psychotherapeutin Doris Wolf. Beides sind Machtfaktoren. „Sie beeinflussen unsere Gefühle, unseren Körper und unser Verhalten positiv.“
So sieht es auch Karsten Noack, Coach und Berater aus Berlin. „Ein Schicksalsschlag oder eine schwere Erkrankung versetzen den eigenen
Körper in eine Art Stresszustand“, sagt er. Hoffnung und Zuversicht tragen dazu bei, aus diesem Zustand herauszukommen. „Sie lassen uns das Leid leichter ertragen“, beschreibt es Doris Wolf. Denn da ist der Glaube, dass es einem bald wieder besser gehen wird.
Hoffnung und Zuversicht sind Stimmungsaufheller, Betroffene sind motiviert. „Sie verspüren Energie, die notwendigen Schritte auf dem Weg zur Besserung und Heilung zu machen“, sagt Wolf. Man habe ein Bild vor Augen, wie es sein könnte, wenn es besser sei, erklärt Karsten Noack. Aus seiner Sicht stehen sich Menschen mitunter auch selbst im Weg. „Die Entscheidung, wie wir uns fühlen, treffen wir selbst.“
Mitunter reicht es schon, sich nicht einfach als Opfer zu sehen, sondern aktiv gegenzusteuern. Dadurch, dass man das Ruder in die Hand nimmt, bestärkt man sich selbst in der Zuversicht, zu einer Lösung zu kommen. „Hoffnung entsteht durch unsere Gedanken“, erklärt Wolf. Man spricht mit sich, sagt sich, dass man durchhalten kann, dass es Licht am Ende des Tunnels gibt.
Helfen kann, sich an brenzlige Situationen zu erinnern, die gut ausgegangen sind – oder an entsprechende Erlebnisse von anderen. Auch indem man den Blick auf die eigenen Kräfte und Möglichkeiten lenkt, entsteht
Mut. „Man macht sich klar, was man schon alles bewältigt hat“, so Wolf. Ebenfalls wichtig: Gründe finden, warum es sich lohnt, weiterzukämpfen. Für die Kinder, für die Familie, für Freund oder Freundin.
Hoffnung schöpfen, sich zuversichtlich zeigen – das lässt sich antrainieren. Im Laufe eines Lebens können immer wieder Situationen auftreten, die Krisenpotenzial haben. Um sich für solche Situationen zu wappnen oder auch um einen Weg aus einem aktuellen Tief zu finden, kann es hilfreich sein, sich etwa einen Psychotherapeuten oder eine Mentaltrainerin zu suchen. „Mit ihm oder ihr lassen sich beispielsweise bestimmte Visualisierungstechniken erlernen“, sagt Noack. Wer eine solche Technik oder zum Beispiel Selbsthypnose beherrscht, kann sich in schweren Lebenssituationen oft selbst helfen. Auch Achtsamkeitsübungen in Form von „Den Blick in sich hinein richten“können ein Weg sein.
Karsten Noack nennt ein Beispiel: Jemand ist frustriert, weil etwas nicht funktioniert hat. Jetzt heißt es, den Fuß vom Gaspedal nehmen und reflektieren, was passiert ist. Wie konnte es sein, dass es so schlecht lief? Was sind meine Ziele, welche Werte habe ich und welche Fähigkeiten? „Wer sich das alles bewusst macht und daran anknüpft, setzt
Energie frei, die zu Hoffnung und Zuversicht führen kann“, so Noack. Es helfe auch, sich darauf zu konzentrieren, welche Handlungsmöglichkeiten in dieser Situation noch zur Verfügung stehen.
Gemeinsam stark sein und es schaffen: Auch das Zusammentun und der Austausch mit anderen Betroffenen kann Kraft geben. „Wer sich lebendig in der Fantasie ausmalt, dass man bereits die Situation überwunden hat, macht sich ebenfalls selbst zuversichtlich“, sagt Wolf. Das kann auch gelingen, wenn man sich ganz kleine Ziele setzt, die er oder sie bewältigen kann, und sich dann den Erfolg vor Augen führt. Vielleicht findet man auch etwas Positives an der Situation.
Warum es sich lohnt, Hoffnung und Zuversicht zu bewahren? „Einfach ausgedrückt: Wunder gibt es immer wieder“, sagt Wolf. Manchmal geschehe, was man für unwahrscheinlich oder unmöglich gehalten habe. „Es wurde festgestellt, dass Menschen, die trotz unheilbarer Krankheit noch unbedingt die Hochzeit ihres Kindes miterleben wollen, tatsächlich bis zu dem Ereignis leben.“