Neue Chefin für die ARD-Senderfamilie
RBB-Intendantin Patricia Schlesinger löst Tom Buhrow ab und steht vor großen Reformen
BERLIN (dpa) - Die Intendantin des Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB), Patricia Schlesinger, übernimmt demnächst den bedeutendsten Job in der ARD. Vom nächsten Jahr an ist sie die neue Vorsitzende der öffentlich-rechtlichen Senderkette. Alle zwei Jahre reichen die Landesrundfunkanstalten das wichtigste Amt weiter. Wie mächtig es wirklich ist, hängt vom Konsens der Häuser ab. Welche Impulse wird Schlesinger inmitten einer Zeit der wohl tiefgreifendsten digitalen Umwälzung der Medienbranche setzen?
Schlesinger leitet kein ganz großes, aber auch kein kleines ARDHaus. Der RBB bewegt sich im ARDVergleich – etwa was den finanziellen Aufwand für das Programm angeht – im Mittelfeld. Die Großen, das sind der Westdeutsche Rundfunk (WDR), der Südwestrundfunk (SWR), der Norddeutsche Rundfunk (NDR) und der Bayerische Rundfunk (BR).
Schlesinger übernimmt den ARDVorsitz von Tom Buhrow, der WDRIntendant ist. Auf die 60-Jährige wird wie auf ihre Vorgänger auch die Aufgabe zukommen, die unterschiedlich gut ausgestatteten Häuser und die Interessen im ARD-Verbund zu harmonisieren, aus den vielen unterschiedlichen Stimmen letztlich eine zu machen. Beim ZDF läuft das anders, dort gibt es keinen Senderverbund, sondern ein einziges Unternehmen. Das macht manche Entscheidungswege einfacher.
Schlesinger gilt als durchsetzungsstarke Frau, die Diskussionen nicht scheut. Beim RBB hat sie schon einige Reformen angeschoben. Seit 2016 hat sie den Posten bei der ARDLänderanstalt inne. Ihre zweite Amtszeit begann in diesem Jahr. Sie volontierte beim NDR und arbeitete als Redakteurin für das Magazin „Panorama“. Weitere Stationen waren in den 1990er- und 2000er-Jahren unter anderem die Leitung des ARD-Studios Südostasien und ein Posten als Korrespondentin in Washington. In dieser Zeit berichtete sie auch über den Terroranschlag auf das World Trade Center in New York am 11. September 2001. Später war sie Leiterin des Programmbereichs Kultur und Dokumentation beim NDR Fernsehen.
WDR-Intendant Buhrow wird im Dezember zwei Jahre als ARD-Vorsitzender hinter sich haben, in der er den öffentlich-rechtlichen Verbund durch eine Zeit voller Unwägbarkeiten
und Krisen auf Kurs halten musste. In seine Amtszeit fiel etwa der Gang vor das Bundesverfassungsgericht, weil sich das Land SachsenAnhalt querstellte und so der Rundfunkbeitrag – Haupteinnahmequelle der Sender – deutschlandweit nicht steigen konnte.
Das Thema Rundfunkbeitrag haben die Karlsruher Richter abgeräumt und Sachsen-Anhalt in die Schranken gewiesen – sie stärkten auch einer unabhängigen Finanzkommission, die den Bedarf der Sender ermittelt, den Rücken. Deutschlands Haushalte zahlen jetzt 86 Cent pro Monat mehr: 18,36 Euro. Für die öffentlich-rechtlichen Sender kamen so in der Vergangenheit rund acht Milliarden Euro im Jahr zusammen.
Ihre Amtszeit wird in große Reformphasen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks fallen. Die Bundesländer, die in der Medienpolitik weitgehend das Sagen haben, arbeiten schon länger an einer Erneuerung des Auftrags und der Struktur der öffentlich-rechtlichen Sender von ARD, ZDF und Deutschlandradio. Vielleicht wird die Rundfunkkommission der Länder noch in diesem Jahr konkrete Vorschläge für die Ministerpräsidenten erarbeitet haben. Noch gibt es Abstimmungsbedarf. Das Ganze dürfte das nächste Jahr prägen. Auch die Digitalisierung wird nun ein zentraler Aspekt werden.