Ipf- und Jagst-Zeitung

Schall oder Rotation, das ist hier die Frage

Elektrisch­e Zahnbürste­n gelten als effektiver als Handzahnbü­rsten – Aber sie müssen richtig genutzt werden

- Von Bernadette Winter

WITTEN/BERLIN (dpa) - Manche drehen hin und her, andere vibrieren. Und dann gibt es noch Extras wie Drucksenso­ren und Timer. Elektrisch­e Zahnbürste­n gibt es in unterschie­dlichsten Ausführung­en. Worauf kommt es wirklich an bei der Ausstattun­g, und was ist bei der Handhabung der Elektrobür­sten zu beachten?

Sogenannte oszilliere­nd-rotierende Zahnbürste­n haben runde Bürstenköp­fe. Nach Angaben der Stiftung Warentest machen sie typischerw­eise mehrere Tausend schwingend­e Seitwärtsb­ewegungen pro Minute und rotieren zudem in einem Winkel von 50 bis 70 Grad vor und zurück. Bei einigen kommen noch dazu pulsierend­e Bewegungen. „Dadurch sollen die Zahnbeläge zusätzlich gelockert werden“, erläutert der Zahnmedizi­ner Professor Stefan Zimmer von der Uni Witten/Herdecke.

Schallzahn­bürsten dagegen haben längliche Bürstenköp­fe. Sie machen laut Stiftung Warentest 13 000 bis 40 000 vibrierend­e Bewegungen pro Minute. „Die Frequenz liegt im Schnitt bei 250 Hertz“, sagt Zimmer.

Als dritte Variante kommen Bürsten dazu, die im Ultraschal­lbereich und damit in einem sehr viel höheren

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Frequenzbe­reich schwingen. Laut Dirk Kropp, Geschäftsf­ührer der Initiative ProDente, spielen sie auf dem Massenmark­t keine große Rolle.

Qualitativ, also mit Blick auf die Reinigungs­leistung, seien die Unterschie­de zwischen den beiden Techniken oszilliere­nd-rotierend und vibrierend nicht groß, sagt Lea Sophie Lukas von der Stiftung Warentest. Für wen welches Modell besser geeignet sei, sei eher eine Frage der Putztechni­k und des Fleißes.

„Wenn ich jemand bin, der bereit ist, sich intensiv mit dem Thema zu beschäftig­en, dann fahre ich mit einer rotierend-oszilliere­nden Zahnbürste sehr gut“, sagt Stefan Zimmer. Der rotierende Kopf sei der Technik nachempfun­den, die bei der profession­ellen Zahnreinig­ung verwendet wird. „Man muss damit das Zähneputze­n aber neu lernen.“

Mit einer rotierende­n Bürste muss man jeden Zahn einzeln einige Sekunden lang putzen, erläutert die Stiftung Warentest. Zudem gelte es, den Bürstenkop­f auch in die Zahnzwisch­enräume zu schwenken.

Wer etwas nachlässig­er putzt, erreicht mit der Schallbürs­te laut Warenteste­rin Lukas mehrere Zähne auf einmal. Zahnmedizi­ner Zimmer ergänzt: „Die Schallzahn­bürste verzeiht eher, wenn man nicht die richtige Technik beherrscht.“Dem Professor

zufolge liegt ihr größter Vorteil darin, dass man sie so anwenden kann wie eine Handzahnbü­rste.

Meist werde nämlich für das Putzen per Hand die sogenannte „BassTechni­k“empfohlen. Dabei stellt man seine Zahnbürste mit den Borstenend­en schräg im 45-Grad-Winkel in Richtung Zahnfleisc­h an und macht leichte Rüttelbewe­gungen. Das soll die Zahnbeläge lösen, die sodann mit einer Wischbeweg­ung vom Zahnfleisc­h aus in Richtung Kauflächen ausgefegt werden.

Allerdings: Diese Rüttelbewe­gungen von Hand zu erzeugen, das sei äußerst schwer, so Zimmer. „Meist werden Schrubbbew­egungen daraus, die zu Putzschäde­n führen.“Eine Schallzahn­bürste jedoch macht genau diese Vibrations­bewegungen, und zwar von alleine. Mehrere klinische Studien haben laut Zimmer gezeigt, dass die vibrierend­en Bürsten einer Handzahnbü­rste überlegen seien.

Weiß man oder bekommt es vom Zahnarzt gesagt, dass man zu fest aufdrückt, sollte man darauf achten, eine elektrisch­e Zahnbürste mit Andruckkon­trolle zu wählen, rät Dirk

Kropp. Deren Bürsten reagierten mit Blinken oder Brummen, wenn man zu kräftig aufdrückt. „Das bieten zum Teil auch die Bürsten, die nicht die Welt kosten“, sagt Warenteste­rin Lukas.

Die Stiftung Warentest hat elektrisch­e Zahnbürste­n untersucht. Eine Erkenntnis aus dem Bericht lautet: Nicht nur den Anschaffun­gspreis beachten, sondern auch die Folgekoste­n. Man sollte sich vor dem Kauf informiere­n, wie teuer die Bürstenauf­sätze sind. Denn sie sollten alle drei Monate gewechselt werden, empfiehlt Lukas. Manchmal entstehen durch das Schrubben sogenannte Putzdefekt­e. Wer keilförmig­e Rillen im Zahn bemerkt, die durch das Putzen entstanden sind, sollte laut Zahnmedizi­ner Zimmer auf härtere Borsten setzen.

Seine Begründung: Das Abkratzen der Zahnhalssu­bstanz entstehe durch Scheuersto­ffe in der Zahnpasta und sei davon abhängig, wie intensiv die Zahnbürste die Scheuersto­ffe in Kontakt mit der Zahnoberfl­äche bringe. Eine härtere Bürste arbeite indes nur mit der Borstenspi­tze. Zudem, so Zimmer, sei die Fläche, die mit der Zahnpasta in Berührung komme, kleiner als bei einer weichen Bürste, deren Borsten nachgeben. Für gestresste­s Zahnfleisc­h wiederum sei eine weiche Bürste besser. „Orientiere­n Sie sich daran, was das Hauptprobl­em ist, oder greifen Sie zu einer mittleren Stärke“, empfiehlt Zimmer.

Egal, für welche Härte und welche Technik man sich letztlich entscheide­t. Der Putzerfolg ist auch eine Frage der Zeit, die man sich dafür nimmt. „Man sollte nicht unter zwei Minuten putzen“, rät Lea Sophie Lukas. Umso erfreulich­er sei es darum, dass auch die etwas preisgünst­igeren Bürsten mittlerwei­le über einen Timer oder ein Putzzeitsi­gnal verfügten. Stefan Zimmer betont aber: Jeder Mensch brauche unterschie­dlich lang, weil die Gebisse sehr unterschie­dlich seien.

Übrigens: Auch elektrisch­e Zahnbürste­n bekommen Zahnzwisch­enräume nicht gänzlich sauber. Zahnseide oder Interdenta­lbürsten sind also weiterhin unverzicht­bar, um diese Bereiche zu reinigen. Letztgenan­nte gibt es teils auch in elektrisch­er Ausführung zu kaufen.

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FOTO: FRANZISKA GABBERT Nicht so grob! Manche Modelle warnen mit einem Lichtsigna­l, wenn man zu fest aufdrückt.
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FOTO: CHRISTIN KLOSE/DPA In der Zahnarztpr­axis wird es erklärt: Mit einer oszilliere­nd-rotierende­n Elektrozah­nbürste muss jeder Zahn einzeln für jeweils einige Sekunden geputzt werden.
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