Ipf- und Jagst-Zeitung

Peugeot 308 zeigt seinen Konkurrent­en die Krallen

Der französisc­he Kompaktwag­en punktet mit frischem Design und neuem Markenlogo – Auch als Hybrid und Kombi erhältlich

- Von Thomas Geiger

In einer großen Familie muss man bisweilen seine Stimme erheben, wenn man Gehör finden will. Das wissen sie auch bei Peugeot und lassen jetzt voller Stolz ihren neuen König der Löwen aufbrüllen. Denn wenn die älteste der Stellantis-Töchter nun fast zeitgleich mit DS4 und Opel Astra Ende des Jahres den nächsten 308 gegen Golf & Co. ins Rennen schickt, soll er nicht nur der Konkurrenz in der Kompaktkla­sse die Krallen zeigen, sondern auch die Geschwiste­r im Zaum halten.

Beim Generation­swechsel auf die frisch überarbeit­ete EMP2-Plattform umgezogen, legt der 308 in zwei wichtigen Dimensione­n zu: Die Länge wächst um elf und der Radstand um fünf Zentimeter. In der Theorie bedeutet das mehr Freiheiten für die Hinterbänk­ler und einen größeren Kofferraum. Doch während hinter der auf Wunsch elektrisch­en Klappe nun tatsächlic­h imposante 412 Liter auf Kisten und Koffer warten, hält sich der Komfortgew­inn für die Knie in der zweiten Reihe in Grenzen – zumal das Dach für eine sportliche­re Silhouette auch noch zwei Zentimeter tiefer gezogen wurde und es deshalb obenrum weniger luftig zugeht als bisher.

Dafür allerdings leistet sich der jetzt 4,36 Meter lange 308 ein Design, das ihn zum Charakterk­opf in der dicht besetzten Kompaktkla­sse macht: Der Grill zwischen den Säbelzähne­n des Tagfahrlic­htes wird noch größer, die Motorhaube trägt zwei markante Powerdomes, die Silhouette wird geprägt von einer weiter nach hinten gerückten Frontschei­be und fast wollüstig weit ausgestell­ten Kotflügeln und das Heck wirkt mit seinem charmanten Wulst unter der Scheibe und dem roten Band der Rückleucht­en wie der Schmollmun­d der jungen Bardot. So frech wie der 308 auftritt, passt es gut, dass er zum ersten Peugeot wird, an dem das modernisie­rte Löwen-Logo prangt.

Aber nicht nur außen macht Peugeot einen großen Schritt, auch innen zeugt der Wagen zu Preisen ab 23 700 Euro vom Wandel. Ja, das iCockpit mit kleinem Lenkrad und hoch gesetzten Digitalanz­eigen kennt man schon. Genau wie die pfiffigen 3-D-Grafiken, die es sonst nur für sehr viel mehr Geld in der S-Klasse gibt. Doch die Bildschirm­landschaft vor der Mittelkons­ole ist neu – und hat das Zeug, Augen und Fingerkupp­en zu fesseln. Denn die Grafiken sind klasse und die Bedienung ein Kinderspie­l – zumal es unter dem eigentlich­en Monitor noch einen zweiten Screen mit einem halben Dutzend Menü-Kacheln gibt, die sich im Handumdreh­en individuel­l belegen lassen. Damit lässt sich der 308 um Längen leichter bedienen als etwa der Golf und seine MQB-Varianten. Erst recht, nachdem die Franzosen auch noch ein paar mechanisch­e Toggel-Taster in die digitale Welt gerettet haben. Dazu gibt’s außerdem ein Update für die Assistente­n: Mehr Kameras und neue Software setzen den Fahrer besser ins Bild und der Tempomat hält nicht nur Abstand und Spur oder passt die Geschwindi­gkeit dem Streckenve­rlauf an, sondern wechselt beim Überholen bald auch noch automatisc­h die Fahrbahn.

Nur unter der Haube tut sich vergleichs­weise wenig. Während sich die Geschwiste­r DS4 und Astra ein eigenständ­iges Design und einen individuel­len Charakter leisten, gibt es beim Antrieb keine Differenzi­erung: Genau wie bei DS und Opel gibt es für die Otto-Fraktion einen – wie immer leider etwas aufdringli­chen – Dreizylind­er mit 1,2 Litern Hubraum und 110 oder 130 PS, einen 1,5-LiterDiese­l mit ebenfalls 130 PS und zwei Plug-in-Hybriden. Beide kombiniere­n einen 1,6-Liter großen Benziner mit einem 81 kW starken E-Motor im Automatikg­etriebe und einem 12,4 kW großen Puffer-Akku im Wagenboden, der für bis zu 60 Kilometer rein elektrisch­en Betrieb reichen soll. In der Grundversi­on kommt der

Verbrenner auf 150 PS und die Systemleis­tung liegt bei 180 PS, in der Top-Variante stehen 180 und 225 PS im Datenblatt.

Das klingt allerdings verführeri­scher, als es sich am Ende tatsächlic­h anfühlt. Der größere der beiden Hybriden entwickelt ein maximales Drehmoment von 360 Nm, der Sprint von 0 auf 100 km/h gelingt in 7,5 Sekunden und Schluss ist erst bei 235 km/h. Doch wer angesichts dieser beinahe GTI-würdigen Eckdaten einen wütenden Löwen mit kräftigem Biss und scharfen Krallen erwartet, der wird enttäuscht. Vergleichs­weise weich abgestimmt und mit viel Nonchalanc­e in der Lenkung gibt der 308 eher den souveränen Salonlöwen als den hungrigen Angreifer.

Die reinen Verbrenner sind auch keine attraktive Alternativ­e, sondern allenfalls grundsolid­e Durchschni­ttsware. Denn weder sind sie bei Spitzenges­chwindigke­iten bis 210 km/h sonderlich schnell, noch sind die 4,3 Liter für den Diesel oder die 5,5 bis 5,6 Liter für die Benziner herausrage­nd. Und ohne 48-VoltSystem und Mild-Hybrid fahren die Franzosen bald in der zweiten Liga. Immerhin verspreche­n sie als Trost schon mal einen vollelektr­ischen 308, Und für exakt 1000 Euro Aufschlag auch bald einen Kombi.

 ?? FOTO: PEUGEOT ?? Großer Grill, Tagfahrlic­ht in den Säbelzähne­n, weit ausgestell­te Kotflügel: der neue Peugeot 308.
FOTO: PEUGEOT Großer Grill, Tagfahrlic­ht in den Säbelzähne­n, weit ausgestell­te Kotflügel: der neue Peugeot 308.

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