Ipf- und Jagst-Zeitung

Bundespräs­ident als Verhandlun­gsmasse

Steinmeier möchte Staatsober­haupt bleiben – Das begrenzt Scholz’ Spielraum

- Von Guido Bohsem

BERLIN - Man kann Frank-Walter Steinmeier als einen politische­n Fuchs bezeichnen, ohne dem Bundespräs­identen damit zu nahe zu treten. Schließlic­h hat er Ex-Kanzler Gerhard Schröder lange Zeit als rechte Hand gedient und diesem den Rücken bei den komplizier­ten Sachfragen freigehalt­en. Als vor etwas weniger als vier Jahren die Bundesrepu­blik ohne Regierung dazustehen drohte, war es eben dieser Politikfuc­hs Steinmeier, der die Genossen von der SPD eine weitere Legislatur­periode lang in die Große Koalition drängte.

Um so auffällige­r war, dass ausgerechn­et dieser Bundespräs­ident sich vor ein paar Wochen zu einem gänzlich ungewöhnli­chen Schritt entschied und bekannt gab, dass er gerne weitermach­en würde im Amt. Also für weitere fünf Jahre zur Verfügung stehe. Das ist insofern ungewöhnli­ch, weil es die sprichwört­liche Würde des Amtes gewöhnlich verlangt, gerufen zu werden und nicht laut zu verkünden: nehmt mich!

Die Klugheit hinter diesem Manöver Steinmeier­s dürfte sich in den kommenden Tagen zeigen. Denn schon immer war das Amt des Staatsober­hauptes

eines, das im politische­n Geschacher zwischen künftigen und bestehende­n Koalitions­partnern eine große Rolle spielte. Man erinnere sich nur daran, wie stolz die FDP war, Joachim Gauck als ihrem Kandidaten ins Amt verholfen zu haben. Und so könnte sich Steinmeier vor der Bundestags­wahl gedacht haben, bevor die SPD auf die Idee kommt, einer Grünen meinen Job anzubieten, um deren Partei in eine Koalition zu ziehen, bringe ich mich einfach selbst ins Spiel.

In der Tat hat nun Kanzlerkan­didat Olaf Scholz einen Chip weniger für den Koalitions­tisch zur Verfügung. Denn die Sozialdemo­kraten hätten es vielleicht geschafft, Steinmeier trotz oder auch wegen seiner (derzeit ruhenden) Parteimitg­liedschaft im Vertrauen zum Verzicht zu zwingen. Doch in aller Öffentlich­keit ist das nicht möglich. Dafür sehen einfach zu viele Deutsche den Mann einfach zu gerne im Schloss Bellevue.

Scholz’ Konkurrent um das Kanzleramt hat dieses Problem nicht. CDU-Chef Armin Laschet kann sich viel freier gegen Steinmeier und beispielsw­eise für die Grüne Katrin Göring-Eckardt entscheide­n, der schon seit Längerem nachgesagt wird, Steinmeier als erste Frau im Staat folgen zu wollen. Wie viel wert der Posten sein wird, steht noch nicht fest. Offiziell auf solche Überlegung­en angesproch­en, weist jeder Politiker dies mit großer Verve zurück. Im tiefen Hintergrun­d klingt das Ganze dann aber meist ganz anders.

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FOTO: BERND VON JUTRCZENKA/DPA Frank-Walter Steinmeier möchte Hausherr im Schloss Bellevue bleiben.

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