Ipf- und Jagst-Zeitung

„AfD hat viele Stammwähle­r“

Der Politikwis­senschaftl­er Schroeder über die Wahlerfolg­e der Partei in Teilen Ostdeutsch­lands

- Von Dominik Guggemoss

BERLIN - Wolfgang Schroeder

(Foto: privat), Professor für Politikwis­senschaft, begleitet die AfD seit Jahren und er erklärt, warum die Partei im Osten stärker ist als im Westen und wohin ihr Trend geht.

Die AfD verliert über zwei Prozent im Bund. Trotzdem wurde sie in Sachsen und Thüringen stärkste Kraft. Wie erklären Sie sich das? Die Partei hat sich dort etabliert. Das sind starke Hochburgen, wo sich ein Netzwerk mit starker Resistenz gegen Veränderun­gen im politische­n Umfeld gebildet hat. Das gilt aber nicht überall, auch nicht in Ostdeutsch­land, wie man in Mecklenbur­g-Vorpommern sehen konnte. Eine starke, integrativ­e Ministerpr­äsidentin hat dort auch Menschen angesproch­en, die ansonsten vielleicht die AfD gewählt hätten.

Kann die West-AfD denn etwas von der Ost-AfD lernen?

Vom Osten lernen heißt siegen lernen, so einfach kann man das nicht übertragen. Ich denke, dass es viel mit dem Personal zu tun hat. Die AfD ist im Osten integrativ­er für das eigene Lager.

Liegt die Zukunft der AfD in einer „Lega Ost“oder ist das in Wahrheit nur ein Stellvertr­eterkrieg des radikalen und gemäßigter­en Flügels? Die Konflikte der Lager gibt es ja nicht nur zwischen Ost und West. Man muss schon zur Kenntnis nehmen, dass die Ergebnisse im Osten doppelt so hoch sind wie im Westen. Trotzdem sollte sich die AfD die Fehler der Linksparte­i ganz genau anschauen. Die ist als „Lega Ost“gestartet und als Bettvorleg­er geendet. Letztlich wäre eine solche Fixierung auf den Osten schwer praktikabe­l, weil sie die Zerrissenh­eit noch stärker hervorhebt.

Die Wiederwahl von Parteichef Jörg Meuthen, dem bekanntest­en Vertreter des bürgerlich­en Lagers, auf dem Bundespart­eitag im Dezember gilt als sehr unsicher. Was würde es für die Balance der Partei bedeuten, wenn er abgewählt wird?

Ich gehe davon aus, dass Meuthen rausgewähl­t wird – und dass das keine große Absetzbewe­gung seines Lagers auslösen wird. Man sollte vermuten, dass eine so zerstritte­ne Partei an Attraktivi­tät einbüßt, aber wir erleben bei der AfD, dass es ihr bisher nicht schadet. Ihren Anhängern scheint das nicht wichtig zu sein, denen geht es darum, ihre Negativhal­tung gegenüber den herrschend­en Verhältnis­sen zum Ausdruck zu bringen.

Das letzte Mal, dass die AfD dazugewonn­en hat, war 2019 in Thüringen. Mit jeder Wahl wird sie schwächer. Könnte der Trend in Richtung fünf Prozent gehen?

Die AfD hat viele Stammwähle­r und auch Potenzial für bessere Ergebnisse. Aber die Entwicklun­g derzeit geht eher in Richtung Erosion. Es ist durchaus denkbar, dass sie Stück für Stück schwächer und unbedeuten­der wird. Das hängt auch immer von den Mitbewerbe­rn ab. Die haben gelernt, souveräner mit der AfD umzugehen. Sie wurde vom Haupt- zum Nebengeräu­sch.

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