Ipf- und Jagst-Zeitung

CDU verliert im Südwesten fünf Direktmand­ate

Auch für manchen Grünen-Abgeordnet­en ist das Wahlergebn­is bitter – SPD gewinnt mehr Sitze als gedacht

- Von Kara Ballarin, Annette Vincenz, Michael Hescheler und Alexander Gässler

STUTTGART - Die Bundestags­wahl hat der CDU im Südwesten Tiefschläg­e verpasst – auch mit Blick auf die Erststimme­n. Bei der Wahl 2017 konnten die Unionsbewe­rber noch alle 38 Wahlkreise direkt gewinnen. Fünf davon büßten sie ein und sind künftig nur noch mit 33 Abgeordnet­en in Berlin. Auch manch Grüner hat den zwischendu­rch sicher geglaubten Einzug verpasst, FDP und SPD konnten indes mehr Sitze gewinnen als ursprüngli­ch gedacht.

Ein Direktmand­at ging in Mannheim an die SPD und in vier städtische­n Wahlkreise­n an die Grünen

– etwa in Karlsruhe und Freiburg.

Auch die beiden Grünen-Spitzenkan­didaten bekamen in ihren Bezirken die meisten Erststimme­n – Franziska Brantner in Heidelberg und Cem Özdemir in Stuttgart. Bundespoli­tiker Özdemir ist mit 40 Prozent landesweit­er Stimmenkön­ig der Wahl.

Im Gebiet der „Schwäbisch­en Zeitung“konnten derweil alle CDUKandida­ten ein Direktmand­at gewinnen – wenn auch mit viel weniger Vorsprung als ihnen wohl lieb gewesen wäre. Thomas

Bareiß etwa, Bezirksvor­sitzender der CDU Württember­g-Hohenzolle­rn, büßte im Vergleich zur Wahl vor vier Jahren 15 Prozentpun­kte ein und landete bei 30 Prozent im Wahlkreis Zollernalb-Sigmaringe­n.

Johannes Kretschman­n, Sohn des Ministerpr­äsidenten und Herausford­erer Bareiß’, träumte vor der Wahl zeitweise sogar vom Direktmand­at. Bei den Erststimme­n landete er auf Platz drei und hat auch über die Landeslist­e der Grünen, auf der er auf Platz 21 gesetzt war, den Sprung in den Bundestag verpasst. Er selbst spricht von einer „herben Entäuschun­g“und sagt: „Während des Wahlkampfs habe ich eine andere Stimmung wahrgenomm­en.“

Die Stimmenver­luste, die Bareiß verschmerz­en muss, verzeichne­n auch die anderen CDU-Kandidaten im Verbreitun­gsgebiet. Josef Rief im Wahlkreis Biberach büßte 9,4 Prozentpun­kte ein, Axel Müller im Wahlkreis Ravensburg fast acht Prozentpun­kte im Vergleich zu seinem Ergebnis vor vier Jahren. Im Bodenseekr­eis war Lothar Riebsamen nicht mehr als Kandidat angetreten. Sein Nachfolger Volker Mayer-Lay startet mit elf Prozentpun­kten weniger als sein Vorgänger 2017 erreichte. Ein ähnliches Bild zeigt sich im Wahlkreis Tuttlingen-Rottweil, den bislang das CDU-Urgestein Volker Kauder innehatte. Der ehemalige Unionsfrak­tionschef im Bundestag war nicht erneut angetreten. Seine Nachfolger­in Maria-Lena Weiss verlor 11,5 Prozentpun­kte im Vergleich zu Kauders letzter Wahl vor vier Jahren. Die Ulmer CDU-Abgeordnet­e Ronja Kemmer büßte zehn Prozentpun­kte ein. Fast genauso groß ist der Stimmenver­lust für Roderich Kiesewette­r, Bundestags­abgeordnet­er des Wahlkreise­s Aalen-Heidenheim.

Enttäuschu­ng macht sich auch bei den Grünen breit – trotz der vier Direktmand­ate. Als sie ihre Landeslist­e im April aufstellte­n, sprachen Parteistra­tegen wegen des damals hohen Zuspruchs von mehr als 30 Sitzen für Abgeordnet­e aus dem Südwesten. 18 haben es nun geschafft. Margit Stumpp, bislang Abgeordnet­e des Wahlkreise­s Aalen-Heidenheim, gehört nicht zu ihnen. Beim Parteitag hatte sie um die Plätze elf und 13 kandidiert, landete allerdings schließlic­h auf Listenplat­z 21. Dass ihr Weg nun nicht zurück nach Berlin führt „schmerzt schon sehr“, wie sie sagt.

Die SPD erlebt das Gegenteil: Als die Partei ihre Landeslist­e Anfang

Mai aufgestell­t hat, rechnete die Ravensburg­er Kandidatin Heike Engelhardt mit ihrem Listenplat­z 21 nicht mit einem Einzug in den Bundestag. „Als im Sommer die Zahlen immer weiter nach oben gingen, wurde es nach den Umfragen plötzlich realistisc­h, dass Listenplat­z 21 doch ziehen würde“, sagt sie. Die SPD ist künftig mit 22 Abgeordnet­en aus dem Südwesten in Berlin vertreten. Gerade in Südwürttem­berg ist Martin Gerster nun nicht mehr allein auf weiter Flur: Neben Engelhardt hat es auch Robin Mesarosch aus dem Wahlkreis Zollernalb-Sigmaringe­n in den Bundestag geschafft.

Auch die FDP kann einen Zuwachs feiern. Die Liberalen schicken künftig 16 statt bislang zwölf Abgeordnet­e aus dem Südwesten nach Berlin. Einer davon kommt aus dem Gebiet der „Schwäbisch­en Zeitung“: Benjamin Strasser aus dem Wahlkreis Ravensburg. Dass er den Wiedereinz­ug schaffen würde, war mit seinem Listenplat­z sechs absehbar.

Der Wahlkreis Ravensburg wird in der 20. Legislatur­periode extrem stark vertreten sein in Berlin – nämlich mit vier Abgeordnet­en. Neben Strasser, Engelhardt und Müller bleibt auch Agnieszka Brugger (Grüne) im Bundestag.

 ?? FOTO: SPD ?? Heike Engelhardt
FOTO: SPD Heike Engelhardt
 ?? FOTO: DRE ?? Benjamin Strasser
FOTO: DRE Benjamin Strasser
 ?? FOTO: PRIVAT ?? Thomas Bareiß
FOTO: PRIVAT Thomas Bareiß
 ?? FOTO: PRIVAT ?? Margit Stumpp
FOTO: PRIVAT Margit Stumpp

Newspapers in German

Newspapers from Germany