Patienten sind verunsichert und schockiert
Verdacht des Impfbetrugs in einer Hausarztpraxis in Wemding – Jetzt werden in Nördlingen Antikörperbestimmungen durchgeführt
NÖRDLINGEN - Nach der Razzia in einer Wemdinger Hausarztpraxis und dem Verdacht des Impfbetrugs haben am Montag im früheren Nördlinger Impfzentrum die Antikörperbestimmungen begonnen. Schon lange vor 9 Uhr bildet sich vor dem Eingangsgebäude in der Nürnberger Straße eine lange Schlange.
Dort warten mindestens 20 Patienten, die feststellen wollen, ob sie eine wirksame Impfung verabreicht bekommen haben oder nicht. Sie berichten von „verlorenem Vertrauen“, „Schock“und „Unsicherheit“. Eine Rieserin erzählt von ihrer Impfung bei dem Wemdinger Hausarzt: „Das Erste, was mich stutzig gemacht hat, war, dass er nicht in den Muskel im Oberarm geimpft hat, sondern in das Fett über dem Hintern.“
Was ist bislang bekannt? Die Kriminalpolizei Dillingen hat unter der Sachleitung der Staatsanwaltschaft Augsburg am Mittwoch die Arztpraxis und Privaträume des Mediziners in Wemding durchsucht. Das Landratsamt Donau-Ries teilt schließlich am Freitag mit: „Es besteht der Verdacht, dass es zu Unregelmäßigkeiten im Rahmen von Impfungen gegen das Covid-19-Virus“durch den Mediziner gekommen ist. Und: Es könnte sein, „dass bei dort geimpften Patienten kein ausreichender Impfschutz besteht“. Die Staatsanwaltschaft in Augsburg könne wegen der Ermittlungen noch keine konkreten Angaben machen.
Der Verdacht, der laut einer Pressekonferenz mit dem Landrat des Kreises Donau-Ries, Stefan Rößle, im Raum steht: Der Arzt soll in mehreren Hundert Fällen zum einen Menschen die Bescheinigung für die Corona-Impfung ausgestellt haben, ohne dass er sie geimpft hat. Und er soll zum anderen impfwilligen Leuten „guten Glaubens“, wie sie der
Landrat bezeichnet, eine wohl wirkungslose Substanz statt des Schutzes gespritzt haben.
Der Sprecher der Staatsanwaltschaft in Augsburg, Oberstaatsanwalt Andreas Dobler, sagt: „Wir stehen ganz am Anfang.“Es habe keine Festnahme gegeben. Ob tatsächlich Impfnachweise ohne verabreichte Spritze verteilt wurden, Impfwillige nicht richtig geimpft wurden oder Impfstoff vernichtet wurde, sei bislang nicht bestätigt.
Das Landratsamt Donau-Ries nannte am Freitag den Namen des Mediziners: Dr. Gerhard Holst, um
Patienten vor einer möglichen unwirksamen Impfung zu warnen. Dillingens Kripo-Chef Michael Lechner begründete diese Entscheidung auch mit der Lockerung diverser CoronaMaßnahmen und „weil am Donnerstag konkrete Sachverhalte bekannt wurden, die aus meiner Sicht keine andere Möglichkeit zugelassen haben“. Öffentlichkeit und Betroffene hätten auf die möglichen Gefahren hingewiesen werden müssen.
Am Sonntag rief das Landratsamt die Patienten zu einer Antikörperbestimmung im ehemaligen Impfzentrum in der Nürnberger Straße in Nördlingen auf. Vor Ort sind am Montag bei der ersten Testung 25 Patientinnen und Patienten, mehr als zwei Dutzend Polizisten des Polizeipräsidiums Schwaben Nord sowie Ermittler der Kripo Dillingen. Sie tragen das Testmaterial in die beleuchteten Räume, während mehr und mehr Patienten aus ihren Autos steigen. Irgendwann müssen sie sogar auf dem Parkplatz des benachbarten Baumarkts parken. Die Patienten werden von den Polizisten auch befragt.
Ein älteres Paar ist auf dem Weg zur Warteschlange. Sie seien verunsichert, schildern die beiden und hoffen auf „das Beste“. Ein älterer Herr wartet auf seine Ehefrau. Sie habe sich in der Hausarztpraxis impfen lassen, erzählt ihr Mann. „Das Vertrauen ist weg“, sagt er und spricht von einem Schock. Dass die Antikörperreihentestung nun in Nördlingen stattfindet, hält er für gut. Das Paar sei seit Mittwoch wie auf Kohlen gesessen.
Die Rieserin, die sich bereits darüber wunderte, dass sie nicht in den Oberarm geimpft wurde, berichtet noch weitere Dinge, die ihr merkwürdig vorgekommen sind. So habe sie nach der Impfung nicht warten müssen. Vergangene Woche schließlich habe sie über einen Kunden ihres Mannes erfahren, was dem Wemdinger Hausarzt vorgeworfen werde. „Das ist die Härte. Ich habe keine Worte dafür. Ich fühle mich betrogen“, sagt sie und hofft nun, dass sie trotz des Verdachts über einen vollständigen Impfschutz verfügt. Sie sei lange Zeit Patientin in Wemding gewesen, aber nicht oft dort gewesen. „Was mich bei ihm gestört hat: Er hat immer wieder vom Dritten Weltkrieg gesprochen und dass die Russen kommen würden“, sagt sie, und geht langsam weiter am Gebäude entlang in Richtung Warteschlange.
Der BR berichtet von einer Frau, zu der der Arzt gesagt haben soll: „Wenn ich Sie damit impfe, dann könnten Sie morgen tot sein.“Außerdem soll er die Frau gefragt haben, welche Art von Sarg sie wolle.