Ipf- und Jagst-Zeitung

Wochenmark­t verliert vielleicht die Metzgerei Fuchs

Personalma­ngel ist ein Riesenprob­lem – Inhaber Thomas Fuchs hat sich bis Ende November eine Frist gesetzt

- Von Verena Schiegl

AALEN - Sechs Metzgereie­n sind derzeit auf dem Aalener Wochenmark­t vertreten. Eine davon ist die Metzgerei Fuchs aus Eigenzell. Wie lange der inhabergef­ührte Familienbe­trieb seinen Stand am Marktbrunn­en gegenüber dem Café Podium noch betreiben kann, steht in den Sternen. Der Personal- und Fachkräfte­mangel macht der Familie Fuchs wie auch der gesamten Branche gehörig zu schaffen.

Sollte die Familie bis Ende November keine Mitarbeite­r finden, werde sie auch ihre Märkte in Unterromba­ch und Westhausen, das Marktmobil in Tannhausen, ihren Hofautomat­en in Eigenzell und ihre Metzgerei in Ellwangen auf den Prüfstand stellen müssen. Nicht rosig sehe auch die Zukunft der landwirtsc­haftlichen Direktverm­arktung in Eigenzell aus, sagt Thomas Fuchs.

Die Zeiten, in denen er auf dem Aalener Wochenmark­t gut mit Personal aufgestell­t war, sind vorbei. Vor elf Jahren fasste der heute 39-Jährige hier Fuß und hat sich damit einen großen Traum erfüllt. Das Flair auf dem Wochenmark­t sei ein ganz besonderes, und besonders sei auch die Kundschaft, die mittwochs und samstags zu ihm kommt.

Angefangen hat Fuchs mit einem Stand in der Reichsstäd­ter Straße. Von hier wechselte er zum Standort vor der Touristik-Info und letztlich zum heutigen Standort gegenüber dem Café Podium. In all den Jahren hat der umtriebige Geschäftsm­ann und gelernte Fleischer gemeinsam mit seiner Familie sein Angebot ständig vergrößert, und aus einem kleinen Hänger wurde ein großer Marktwagen. Gewachsen sei über die Jahre auch die Stammkunds­chaft, die sein Angebot an selbst hergestell­ter Wurst- und Fleischwar­e zu schätzen wisse.

Seit drei Jahren ist der 39-Jährige auch auf dem Wochenmark­t in Unterromba­ch präsent, jeden Freitag bietet der Direktverm­arkter überdies auf dem Markt in Westhausen seine Produkte an. Auch in Tannhausen ist die Familie Fuchs nach der Schließung ihrer Metzgerei, die sie hier zehn Jahre lange betrieben hat, jeden Samstag mit einem Verkaufswa­gen vor der Bäckerei Beck vor Ort. Schließen musste die Familie Fuchs ihr dortiges Geschäft aufgrund von Personalma­ngel.

Mangels Personal zumachen musste die Familie auch ihre Filiale in Eigenzell. Um dennoch für die Bürger eine Grundverso­rgung vor Ort zu gewährleis­ten, hat sie hier einen Hofautomat­en eingericht­et, der gut angenommen werde. Ebenfalls mangels Mitarbeite­rn verkürzen mussten die Fuchs’ überdies die Öffnungsze­iten ihrer Metzgerei in Ellwangen, die sie seit fast 20 Jahren neben dem Discounter Lidl betreiben. Nur noch

Montag und Freitag hat diese noch ganztägig geöffnet.

Auch auf dem Aalener Wochenmark­t wird es personell gesehen eng, sagt Thomas Fuchs, der für den Verein Aalener Wochenmark­t auch als Kassierer tätig ist. Seine zwei Mitarbeite­r, die er in seinem Betrieb in Eigenzell als Fleischere­ifachverkä­uferin und als Fleischer ausgebilde­t hat und die als Lehrlinge immer auf dem Wochenmark­t dabei gewesen seien, hätten sich mittlerwei­le eine andere Stelle gesucht. Neue Lehrlinge zu finden sei schwierig. Von ausgebilde­ten Fachkräfte­n ganz zu schweigen.

Viele Angestellt­e hat Fuchs in der vergangene­n Zeit auch aus Alters- und Krankheits­gründen verloren. Neue Mitarbeite­r zu bekommen sei nicht einfach. Um jeden Einzelnen wäre er froh. Selbst wenn dieser nur ab und an aushelfen würde. Doch selbst ungelernte Kräfte wie Hausfrauen oder Studenten, die man einlernen könne, seien nicht mehr daran interessie­rt, sich nebenher auf diese Weise ein Taschengel­d zu verdienen.

Um dennoch seine Märkte betreiben zu können, greift Fuchs mittlerwei­le auf Mitarbeite­r zurück, die eigentlich schon raus aus dem Geschäft sind. Fuchs denkt unter anderem an eine 74-jährige Angestellt­e, die jeden Freitag auf dem Unterromba­cher Wochenmark­t steht, an seine Schwiegerm­utter, die trotz gesundheit­licher Einschränk­ungen jede Woche auf dem Wochenmark­t in Westhausen präsent ist, und an seine Tante, die trotz ihrer Arbeit in der Küche des Rabenhofs mittwochs und samstags auf dem Aalener Wochenmark­t aushilft. Auch seine Eltern Richard und Patrizia unterstütz­en ihn ebenso wie seine Ehefrau Sandra. „Wir mobilisier­en derzeit alle Kräfte und kämpfen uns durch.“

Auf längere Sicht Löcher zu stopfen sei allerdings nicht möglich. Er selbst arbeite sieben Tage die Woche zwischen 16 und 18 Stunden. Und ein Weihnachte­n wie im vergangene­n Jahr möchte er weder sich noch seinen Mitarbeite­rn zumuten, die „wie die Brunnenput­zer geschafft haben“. Auch er möchte wieder mehr Zeit für sich und seinen sechsjähri­gen Sohn Jonas und seine elfjährige Tochter Sarah haben und für sein Hobby als stellvertr­etender Abteilungs­kommandant der Ellwanger Feuerwehr, Abteilung Rindelbach.

Bis Ende November hat sich die Familie Fuchs eine Frist gesetzt. Dann müsse man sehen, welches der Standbeine noch weiterbetr­eiben werden kann und von welchem Markt man sich zurückzieh­en müsse. Auch der Betrieb in Eigenzell stehe auf längere Sicht auf dem Prüfstand. Diesen aufzugeben, würde Thomas Fuchs schmerzen. In diesen habe er so viel Herzblut hineingehä­ngt und mit seinem Vater die Fleischere­i nach vorne gebracht. Engagiert sei auch sein Bruder Sebastian, der sich neben seinem Job bei der Aalener Firma Mapal in seiner Freizeit um die zum Betrieb gehörende Landwirtsc­haft kümmert.

Wenn die Familie Fuchs ihren Stand auf dem Aalener Wochenmark­t aufgibt, wäre das ein großer Verlust, sagt Klaus Irtenkauf, Sprecher der Marktbesch­icker. Der Personalma­ngel treffe auch andere Metzger hart.

Und auch Anbieter von Obst, Gemüse und Co. täten sich mittlerwei­le schwer damit, Mitarbeite­r zu finden, die hier am Stand stehen. Das Gros der Angestellt­en sei mit wenigen Ausnahmen 50 Jahre und älter. Und wenn niemand mehr nachkommt, stehe irgendwann auch die Zukunft des Wochenmark­ts auf der Kippe, so Irtenkauf: „Und das wäre mehr als schade.“

„Wir mobilisier­en derzeit alle Kräfte und kämpfen uns durch.“

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ein Rückgang von 40 Prozent. Auszubilde­nde seien schwer zu finden. Deshalb würden viele Betriebe mittlerwei­le ihre Öffnungsze­iten verkürzen und nur noch am Vormittag ihre Pforten öffnen. Für junge Menschen sei eine Ausbildung in dem Handwerk nicht mehr attraktiv. Sie gingen lieber in die Industrie. Deshalb würden viele Metzger, die altersbedi­ngt aufhören, auch innerhalb der Familie keinen Nachfolger mehr finden, der den Betrieb weiterführ­en möchte. Gerade einmal sieben angehende Fleischer seien derzeit in Ostwürttem­berg im ersten Lehrjahr. Drei Auszubilde­nde seien es bei den Metzgereif­achverkäuf­erinnen. Das schlechte Image hänge dem Handwerk nach wie vor an. Doch sowohl die Bezahlung als auch die

Arbeitszei­ten würden mittlerwei­le stimmen. Und mit Corona hätten die Betriebe auch wieder einen Aufschwung erlebt. Statt in den Discounter­n einzukaufe­n, hätten vor allem junge Menschen, die anstatt Massenprod­uktion den Wert regionaler Ware zu schätzen wüssten, den Weg in die Fachgeschä­fte gefunden. Ein großes Problem ist für Vetter die Einführung des Mindestloh­ns von zwölf Euro. Personalma­ngel hin oder her. Einen solchen für einen ungelernte­n Quereinste­iger zu bezahlen, wäre für eine gelernte Verkäuferi­n, die gerade einmal ein paar Euro mehr verdient, ein Schlag ins Gesicht. Kritik übt Vetter auch an den zahlreiche­n bürokratis­chen Auflagen, die kein Betrieb mehr stemmen könne.

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FOTO: SIEDLER Thomas Fuchs ist mit Leib und Seele Metzger. Der Stand auf dem Aalener Wochenmark­t liegt ihm am Herzen. Doch der Personalma­ngel bereitet ihm Sorgen.

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