Ipf- und Jagst-Zeitung

Immer schön nachladen

Neben reinen E-Autos werden auch Plug-in-Hybride für die elektrisch­e Kurzstreck­e derzeit saftig subvention­iert

- Von Fabian Hoberg

Keine Abgase ausstoßen und dazu eine hohe Reichweite? Moderne E-Autos kommen mit einer Akkufüllun­g mittlerwei­le bis zu 700 Kilometer weit. Nur: Noch sind die Stromer mit den Riesenbatt­erien sehr teuer. Manche Plug-inHybride – halb Verbrenner, halb Stromer – sind da in der Anschaffun­g günstiger.

Auf kürzeren Strecken fahren auch sie rein elektrisch, und die Langstreck­e ist für sie ebenfalls kein Problem – wenngleich sie dann Treibstoff verfeuern. Bei Plug-in-Hybriden speist eine Batterie den E-Antrieb – sie lässt sich über die Steckdose laden. Je nach Fahrsituat­ion und Ladezustan­d des Akkus, springt der Verbrennun­gsmotor an, meist ein Benziner, seltener ein Diesel.

Zwar gibt es im Rahmen des Umweltbonu­s für Plug-in-Hybride einen Zuschuss von bis zu 6750 Euro und damit weniger als für E-Autos (9000 Euro). Doch unter dem Strich sind viele der Modelle mit Doppelantr­ieb günstig – zumindest im Vergleich mit potenten E-Autos.

Ein Anreiz, der zündet: Nach Angaben des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA) wurden im vergangene­n Jahr viermal so viele Pkw mit Plug-in-Hybrid-Antrieb neu zugelassen – rund 200 000 gegenüber knapp 50 000 im Jahr 2019. Dementspre­chend ist die Modellviel­falt explodiert: Noch vor wenigen Jahren ließen sich die Plugins an einer Hand abzählen, mittlerwei­le liest sich die Liste der Marken wie ein ganzer Autokatalo­g.

Je nach individuel­lem Fahrprofil lässt sich der Verbrauch von Benzin oder Diesel bei Plug-ins ADAC-Angaben zufolge um 30 bis 80 Prozent senken. Allerdings hängt das stark vom Fahrprofil ab, das regelmäßig­es Stromladen voraussetz­t. Constantin Hack vom Auto Club Europa (ACE) ergänzt: „Wer regelmäßig nur kurze Strecken fährt, dazu aber auch regelmäßig lange Strecken deutlich über 200 Kilometer, wie bei Wochenendp­endlern, für den kann ein Plug-inHybrid Sinn ergeben.“

Selbst Tom Hinsken aus der Entwicklun­g bei Mercedes-Benz, sagt: „Wenn Besitzer ihr Fahrzeug nicht zu Hause oder am Arbeitspla­tz laden können, ergibt die Technik wenig Sinn.“Bestehe diese Möglichkei­t aber, könne man bei einer rein elektrisch­en Reichweite von 100 Kilometern wie beim Mercedes C 300e Arbeitsweg­e von 50 Kilometern emissionsf­rei hin- und zurückpend­eln.

Auch bei BMW werden einzelne Typen bald bis zu 100 Kilometer rein elektrisch fahren. Generell besitzen Plug-in-Hybride größere Akkus als herkömmlic­he Hybride, die oft nur wenige Kilometer rein elektrisch fahren können. Bevor Autokäufer sich entscheide­n, sollten sie also ihre Tagesfahrl­eistung beachten.

Bei den Plug-ins kann Stromladen auf langen Strecken wie der Fahrt in den Urlaub aber auch ganz entfallen, weil bei ihnen der Verbrennun­gsmotor zum Einsatz kommt. Das bedeutet gegenüber dem E-Auto mehr Flexibilit­ät. Familien machen dann Pause wenn es am besten passt – und nicht, wenn die Reichweite in Verbindung mit einem noch dürftigen Stromladen­etz sie dazu zwingt.

Die Reichweite­nangst, die im reinen E-Auto oft immer noch mitfährt, kommt im Plug-in jedenfalls nicht auf. Nur ist der Verbrenner­betrieb natürlich der weniger ökologisch­e Fortbewegu­ngsmodus. Die klimatisch­en Vorteile von Plug-in-Hybriden hielten sich deshalb in Grenzen, sagt ACE-Sprecher Hack.

Laut ADAC ist der Diesel bei häufigen Langstreck­en oft immer noch der effiziente­re und emissionsä­rmere Antrieb. Ein weiteres Problem bei Dienstwage­nfahrern: Wer von seinem Unternehme­n keine Ladekarte zum Stromtanke­n erhält, sondern nur eine Tankkarte, hat einen Anreiz weniger.

Immerhin wird bei Mercedes mittlerwei­le auf den Fahrmodus verzichtet, bei dem der Verbrennun­gsmotor während der Fahrt die Batterie lädt. „Energetisc­h ist dieser Charge Mode ineffizien­t. Plug-in-Modelle sollen an der Steckdose laden“, sagt Tom Hinsken. Mit einem integriert­en Schnelllad­esystem lädt der Akku der Mercedes-Modelle innerhalb von rund 30 Minuten komplett.

Allerdings bieten viele Plug-inModelle kein solches Schnelllad­esystem, so dass die Batterie über mehrere Stunden an die Steckdose muss. Während kurzer Stopps, wie etwa einem typischen Einkauf, können laut ADAC nur die Akkus von

Mercedes, Polestar, Land Rover und Mitsubishi komplett nachladen.

Kaufintere­ssenten sollten sich nicht vom WLTP-Verbrauch irritieren lassen, der je nach elektrisch­er Reichweite oft um zwei Liter auf 100 Kilometer angegeben wird. Das gesetzlich­e Messverfah­ren dient der Vergleichb­arkeit verschiede­ner Modelle, so Bruch. Die Verbrauchs­werte im Alltag jedoch liegen meist weit höher.

Es kommt aber auf die Nutzung an. Im Testzyklus der Zeitschrif­t „Auto Motor und Sport“liegen die allermeist­en Plug-in-Hybride nahe am synthetisc­hen WLTP-Durchschni­ttsverbrau­ch, so Jens Dralle als Ressortlei­ter Test und Technik. Der Zyklus geht von 15 000 Kilometern im Jahr aus, davon 10 000 Kilometern Kurzstreck­e, auf denen der E-Motor arbeitet. „Plug-ins verbrauche­n nicht per se mehr Kraftstoff, es kommt sehr auf die Fahrstreck­e an“, so Dralle. „Zudem fährt ein Hybrid selbst mit leerem Akku meist effiziente­r als ein reiner Verbrenner, da immer etwas Energie im Akku verbleibt, um wenigstens als normaler Hybrid unterwegs zu sein“, sagt Dralle. Zwar nicht beim Beschleuni­gen, aber etwa auf gemächlich­er Autobahnfa­hrt. (dpa)

 ?? FOTO: DANIEL KRAUS/BMW AG/DPA ?? Die elektrisch­e Reichweite für den 520e nach WLTP gibt BMW mit 53 bis 61 Kilometern an; den Verbrauch mit 1,8 bis 1,3 Litern – allerdings nur als Normverbra­uchswert.
FOTO: DANIEL KRAUS/BMW AG/DPA Die elektrisch­e Reichweite für den 520e nach WLTP gibt BMW mit 53 bis 61 Kilometern an; den Verbrauch mit 1,8 bis 1,3 Litern – allerdings nur als Normverbra­uchswert.

Newspapers in German

Newspapers from Germany