Neun-Euro-Ticket und Tankrabatt kommen
Bundesrat stimmt trotz Bedenken zu – Umweltschützer fordern generelles Umdenken
BERLIN/MÜNCHEN (dpa) - Busse und Bahnen in Deutschland werden im Sommer für Millionen Fahrgäste drastisch billiger. Der Bundesrat machte am Freitag den Weg für Neun-Euro-Monatstickets im Juni, Juli und August frei, die überall im Nah- und Regionalverkehr gelten. Auch Bayern stimmte für die Pläne der Ampel-Regierung. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte zuvor Widerstand angekündigt. Somit kann der bundesweite Verkauf bei der Bahn und anderen Anbietern an diesem Montag starten, mancherorts läuft er schon.
Gelten sollen die Tickets, die zu den Entlastungspaketen der AmpelKoalition wegen der hohen Energiekosten gehören, ab 1. Juni. Sie sollen auch ein großes Schnupperangebot für den Öffentlichen Personennahverkehr
(ÖPNV) sein. Wie groß die Umsteigelust unter Autofahrern ist, muss sich auch noch zeigen. Denn zeitgleich kommt eine Kostenbremse beim Tanken, die der Bundesrat ebenfalls passieren ließ. Von Juni bis Ende August wird die Energiesteuer gesenkt. Wie das Finanzministerium bestätigte, bedeutet das eine Entlastung von 35,2 Cent pro Liter Benzin und von 16,7 Cent pro Liter Diesel.
Das Echo auf die Entscheidung fiel geteilt aus. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) sagte, mit dem Neun-Euro-Ticket sei der ÖPNV jetzt in aller Munde. „Viele, die mit öffentlichen Verkehrsmitteln bisher weniger am Hut hatten, wollen dem Nahverkehr in den kommenden drei Monaten eine Chance geben.“Das Ticket soll nun auch alle entlasten, die nicht Auto fahren.
Das sei grundsätzlich ein guter Ansatz, sagte der Verkehrsexperte des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND), Jens Hilgenberg, am Freitag. Noch wichtiger sei dauerhaft deutlich mehr Geld für bessere Angebote in der Fläche. „Durch das Neun-Euro-Ticket fährt erst mal kein zusätzlicher Bus im ländlichen Raum“, sagte Hilgenberg. Auch warnten mehrere Länderminister im Bundesrat, dass die praktische Umsetzung vor Ort eine Kraftanstrengung werden dürfte.
Trotz dieser Zweifel stimmte die Länderkammer zu – und zwar auch dem vom Bundestag beschlossenen Finanzierungsgesetz. Demnach gibt der Bund unter anderem 2,5 Milliarden Euro als Ausgleich für Einnahmeausfälle der Verkehrsanbieter. Die Länder untermauerten aber ihre dringende Forderung nach generell mehr Bundesgeld für den ÖPNV. Wissing unterstrich in einer Protokollerklärung, der Bund stehe über die Sonderaktion hinaus zu einer „zukunftsgerichteten Finanzierung“des ÖPNV. Auch wolle der Bund den Ausgleich für das Neun-Euro-Ticket nun schnellstmöglich überweisen, um die Liquidität der Verkehrsunternehmen zu sichern.
Die Tickets kosten pauschal neun Euro pro Kalendermonat – für beliebig viele Fahrten in Bussen, Straßenbahnen, U-Bahnen, S-Bahnen und Zügen des Nah- und Regionalverkehrs überall in Deutschland. Nicht genutzt werden können Fernzüge und Fernbusse. Zu kaufen sind die Tickets an Automaten, Schaltern oder online bei den Verkehrsunternehmen.