Ein teures Billigticket
Direkt, schnell und zielgerichtet. So werden Tankrabatt und Neun-Euro-Ticket die teuerungsgeplagten Bürger beglücken, das verspricht zumindest Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Tatsächlich wird die Entlastung direkt spürbar sein. Und schnell kommt sie auch. Aber zielgerichtet? Nun ja. Eher macht es den Eindruck, als verteile der Bund die Milliarden mit dem Streuverlust einer Konfettikanone.
Zunächst einmal die Subvention an der Zapfsäule: Die kommt Vielfahrern zugute. Darunter sind Pendler, die das Auto benötigen. Aber eben auch viele, die nicht zu den bedürftigsten Menschen zählen. Der Tankrabatt setzt zudem volkswirtschaftlich einen falschen Anreiz, weil er zum Verbrauch von mehr Öl ermuntert. Angesichts einer drohenden Energiekrise wäre das Gegenteil angebracht.
Und das Neun-Euro-Ticket: Mehr Menschen in öffentliche Verkehrsmittel locken zu wollen ist ja an sich eine gute Idee. Aber dafür braucht es vor allem ein attraktives Angebot: dichter Takt, dichtes Netz. Was in Ballungsräumen schon gut funktioniert, auf dem Land aber weniger. Wenn auf dem Dorf kurz nach Schulschluss der letzte Bus abfährt, hilft auch ein günstiges Ticket nicht weiter. Hinzu kommt, dass zum Start des Super-Billig-Tickets gleich zwei lange Wochenenden anstehen. Wer an Pfingsten oder Fronleichnam einen Ausflug mit der Bahn an den Bodensee oder in die Berge plant, wird womöglich nur mit viel Glück noch einen Stehplatz im Zug ergattern. Der Werbeeffekt für den Nahverkehr, den das Neun-EuroTicket erzielen soll, könnte sich ins Gegenteil verkehren. Vor allem wenn es nicht nur um überfüllte Züge geht, sondern in der Folge dann womöglich auch noch um verpasste Anschlüsse.
Es braucht mehr Geld für Bus und Bahn. Der Kampf um die Erhöhung der sogenannten Regionalisierungsmittel für Nahverkehrszüge, den Bund und Länder parallel zum Ringen um die Finanzierung des NeunEuro-Tickets austragen, ist daher eine viel wichtigere Baustelle. Für den Ausbau funktionierender Angebote braucht es Planungssicherheit über ein Jahrzehnt und länger. Nicht ein Strohfeuer, in dem 2,5 Milliarden Euro verbrannt werden, womöglich ohne jeden langfristigen Effekt.