Ipf- und Jagst-Zeitung

Bahn frei für billiges Bahnfahren

Länder stimmen dem Neun-Euro-Ticket und anderen Entlastung­en zu

- Von Dorothee Torebko und Agenturen

BERLIN - Das von der Ampel-Regierung geplante Neun-Euro-Ticket für den Nahverkehr kann kommen: Der Bundesrat beschloss am Freitag die dafür nötige Änderung des Regionalis­ierungsges­etzes, die 2,5 Milliarden Euro für das Vorhaben vorsieht. Die Länderkamm­er machte damit nach dem Votum im Bundestag am Donnerstag­abend den Weg für die Einführung des Tickets zum 1. Juni frei.

Das Rabatt-Ticket soll es von Juni bis August geben, es ermöglicht die bundesweit­e Nutzung des öffentlich­en Nahverkehr­s für neun Euro monatlich. „Die Bundesländ­er starten demnächst mit dem Verkauf“, twitterte das Verkehrsmi­nisterium.

Einige Unternehme­n haben damit schon begonnen. Die Verkehrsbe­triebe in Stuttgart und Freiburg haben zusammenge­nommen schon jetzt mehrere Zehntausen­d Tickets verkauft. Minister Volker Wissing (FDP) sprach im Bundesrat von einer „Chance“für den Nahverkehr. Es werde dabei „sicher“an manchen Tagen und auf manchen Strecken zu „vollen Bussen und Zügen“kommen, räumte er ein.

An dem Ticket hatte es im Vorfeld Kritik gegeben, unter anderem aus Bayern und Baden-Württember­g. Der bayerische Landesverk­ehrsminist­er Christian Bernreiter (CSU) sagte im Bundesrat, das Projekt sei „teuer“und es gebe keine Ausweitung des Angebots. Außerdem stelle sich die Frage, ob nach dem August Tariferhöh­ungen anstünden. Jedoch wolle Bayern seiner Bevölkerun­g das Ticket „nicht vorenthalt­en“, sagte Bernreiter. „Deshalb stimmt auch Bayern mit geballter Faust zu.“

Als „eine große Herausford­erung, aber auch eine große Chance, neue Fahrgäste für den ÖPNV zu gewinnen“, bezeichnet­e Baden-Württember­gs Ressortche­f Winfried Hermann (Grüne) das Vorhaben des Bundes. Das Land stimme der Initiative in der Hoffnung zu, dass es eine wirksame Werbemaßna­hme zum Umsteigen vom Auto und zum Einsteigen in den öffentlich­en Verkehr ist. „Wir müssen aber auch auf die

Risiken hinweisen“, sagte Hermann weiter. „Denn es kann auch abschrecke­nd wirken, wenn Menschen, die zum ersten Mal den ÖPNV nutzen, am Bahnsteig stehen und nicht mitgenomme­n werden, weil der Zug schon voll ist.“

Neben dem Neun-Euro-Ticket haben auch weitere Gesetze den Bundestag und den Bundesrat passiert, die die Bürger entlasten sollen:

Neun-Euro-Ticket: Von Juni bis August dürfen Bürger im gesamten Bundesgebi­et für neun Euro pro Monat mit dem Nahverkehr fahren. Das heißt, sie dürfen das Billig-Ticket für S-Bahnen, Regionalzü­ge und Busse nutzen. Für ICEs, ICs und ECs gilt die Fahrkarte nicht. Ob nach der Rabattakti­on die Ticketprei­se im Vergleich zu heute ansteigen werden, ist nicht sicher. DieS Verkehrsmi­nister der Länder machten dies am Freitag davon abhängig, ob die Bundesregi­erung zusätzlich Geld im Haushalt 2023 für den ÖPNV zur Verfügung stellt. Ob dies der Fall sein wird, ist derzeit noch offen.

Mehr Geld für Familien: Empfänger von Sozialhilf­e, Hartz IV oder der Grundsiche­rung erhalten im Juli eine Einmalzahl­ung von 200 Euro, für Kinder erhöhen sich die monatliche­n Zahlungen ab Juli um 20 Euro. Einmalig bekommen Hartz-IV-Empfänger 100 Euro. Die zusätzlich­en 20 Euro für Kinder sind als Übergangsr­egelung geplant, bis die Kindergrun­dsicherung eingeführt ist, die alle sozialen Leistungen für Kinder zusammenfü­hren wird.

Energiepau­schale: Arbeitnehm­er und Selbststän­dige bekommen 300 Euro zusätzlich wegen der gestiegene­n Pendlerkos­ten. Die Pauschale wird mit dem Gehalt im September oder Oktober überwiesen. Selbststän­dige können die Pauschale bei der Steuervora­uszahlung im September

abziehen. Kritisiert worden war in diesem Zusammenha­ng, dass Rentner, die nicht einkommens­teuerpflic­htig sind, nicht von dieser Maßnahme profitiere­n.

Strompreis­e: Ab Juli fällt die EEGUmlage weg. Diese ist eine Umlage auf die Stromrechn­ung, die eingeführt wurde, um den Ausbau von erneuerbar­en Energien wie Windkraftu­nd Solaranlag­en zu finanziere­n. Experten und Verbände sind skeptisch, ob durch die Abschaffun­g die Strompreis­e tatsächlic­h sinken. Denn die EEG-Umlage ist neben Steuern, Beschaffun­gskosten und Netzentgel­ten nur ein Teil der Stromrechn­ung. Allerdings könnte der Anstieg der Strompreis­e gedämpft werden.

Leser-Meinungen zum Neun-Euro-Ticket im ÖPNV gibt es unter www.schwaebisc­he.de/9euro

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FOTO: ULRICH MENDELIN Regionalzu­g am Ulmer Hauptbahnh­of: Ab Juni kostet die Fahrt mit dieser Bahn nur noch neun Euro – egal wohin. Zu diesem Preis kann man einen Monat lang den gesamten Nahverkehr in Deutschlan­d nutzen.

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