Ipf- und Jagst-Zeitung

Schröder quittiert seinen Job bei Rosneft

Unter Druck verlässt der Altkanzler den Aufsichtsr­at des russischen Ölkonzerns

- Von Ulf Mauder und Michael Fischer

MOSKAU/BERLIN (dpa) - Der frühere Bundeskanz­ler Gerhard Schröder verlässt den Aufsichtsr­at des russischen Ölkonzerns Rosneft. Schröder, der Rosneft-Aufsichtsr­atschef ist, habe mitgeteilt, dass es ihm unmöglich sei, sein Mandat zu verlängern, teilte der Konzern am Freitag mit. Details oder Gründe wurden nicht genannt. Mit dem SPD-Politiker Schröder verlässt demnach auch der deutsche Geschäftsm­ann Matthias Warnig den Aufsichtsr­at.

Der 78-jährige Schröder, langjährig­er Freund des russischen Präsidente­n Wladimir Putin, stand zuletzt unter massivem Druck. Aus dem Bundestag, seiner Partei und auch der Bundesregi­erung gab es Forderunge­n, er dürfe wegen des russischen Angriffskr­iegs in der Ukraine nicht mehr als Öl- und Gaslobbyis­t für Russland tätig sein.

Der SPD-Politiker hat außerdem Führungspo­sitionen bei den Pipeline-Projekten Nord Stream 1 und Nord Stream 2 inne – beide Erdgasleit­ungen durch die Ostsee verbinden Russland und Deutschlan­d. Die noch ausstehend­e Inbetriebn­ahme von Nord Stream 2 ist inzwischen von der Bundesregi­erung auf Eis gelegt. Warnig ist Chef der Nord-Stream-2-Betreiberg­esellschaf­t.

Putin hatte Schröder im Februar kurz vor Russlands Angriffskr­ieg gegen die Ukraine als „anständige­n Menschen“gelobt, weil er sich nicht abwende in schwierige­n Zeiten. Der Kremlchef unterstütz­te auch die Nominierun­g Schröders für den Aufsichtsr­at des russischen Energiekon­zerns Gazprom. Die Arbeit eines solchen „unabhängig­en Experten“werde der Zusammenar­beit mit Deutschlan­d nur nutzen, sagte Putin am 15. Februar bei einer gemeinsame­n Pressekonf­erenz mit Kanzler Olaf Scholz (SPD) im Kreml. Kurz danach begann der Krieg.

Die Gazprom-Hauptversa­mmlung ist für den 30. Juni geplant. Es ist unklar, ob Schröder dafür weiter im Gespräch ist. In Deutschlan­d sorgten die Pläne für Kritik. Schröder ist bereits Vorsitzend­er des Gesellscha­fteraussch­usses der Nord Stream AG und Präsident des Verwaltung­srats bei der Nord Stream 2 AG.

Regierungs­sprecher Steffen Hebestreit sagte in einer ersten Reaktion, er nehme die Medienberi­chte zum Rückzug Schröders bei Rosneft zur Kenntnis. Er verwies darauf, dass Scholz erst am Donnerstag­abend Schröder nochmals aufgeforde­rt hatte, von seinen Posten bei russischen Staatsunte­rnehmen zurückzutr­eten. „Es wäre am allerbeste­n, Gerhard Schröder würde seine Posten niederlege­n“, sagte er auf einer Pressekonf­erenz in den Niederland­en.

Zuvor hatte der Bundestag Schröder sein Büro und seine Mitarbeite­r gestrichen, was Scholz als „folgericht­ig“begrüßte. Die vom Europaparl­ament geforderte­n EU-Sanktionen lehnte der Kanzler aber ab. SPDFraktio­nsvize Detlef Müller sprach sich dafür aus, dass die Sanktionen des Bundestags gegen Schröder erhalten bleiben. „Die Entscheidu­ng des Haushaltsa­usschusses, Altkanzler-Privilegie­n von Gerhard Schröder zu streichen, ist richtig und gilt weiterhin – auch nach Bekanntgab­e, dass er seinen Posten als Aufsichtsr­atschef bei Rosneft aufgeben wird“, sagte er der „Welt“.

Auch die SPD-Spitze hatte Schröder schon vor Wochen aufgeforde­rt, seine Posten niederzule­gen. Die Parteichef­s Lars Klingbeil und Saskia Esken erhielten auf einen entspreche­nden Brief aber keine Antwort. Bei der SPD Hannover sind etliche Anträge auf Parteiauss­chluss Schröders eingegange­n, bis Ende April waren es mehr als ein Dutzend.

Für Wirbel hatte unter anderem gesorgt, als Schröder mitten in der Eskalation vor dem russischen Angriff auf das Nachbarlan­d Forderunge­n der Ukraine nach Waffenlief­erungen als „Säbelrasse­ln“kritisiert­e. Auch nach Beginn des Krieges hatte Schröder Putin in Moskau besucht, das Blutvergie­ßen in der Ukraine ging danach weiter.

Schröder lässt die am Donnerstag im Haushaltsa­usschuss des Bundestage­s beschlosse­ne Streichung seiner Altkanzler-Privilegie­n juristisch überprüfen. Für Personalau­sgaben in Schröders Büro waren im vergangene­n Jahr mehr als 400 000 Euro aus der Staatskass­e geflossen. Anrecht auf ein Ruhegehalt und auf Personensc­hutz hat der frühere Kanzler dem Beschluss zufolge aber weiterhin. Schröder äußerte sich selbst zunächst nicht zu der Sache.

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FOTO: PLEUL/DPA Gerhard Schröder

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