Zins ist nicht gleich Zins
Vor einer Baufinanzierung sollten sich Verbraucher mit den Fachbegriffen vertraut machen
STUTTGART - Nahezu jeder Lebensbereich kennt seine eigene Sprache. Um sich gegenseitig zu verstehen, müssen daher die Gesprächspartner ein gemeinsames Verständnis von dem Thema haben, über das sie reden. Dies ist erst recht der Fall, wenn es um viel Geld geht – wie beim Thema Baufinanzierung. Daher sei angehenden Kreditnehmern vor dem Gang zum Finanzierungsberater geraten, sich einige Fachbegriffe genauer anzuschauen.
Die zentrale Frage einer Baufinanzierung betreffen ihre Kosten, die sich im Wesentlichen über die Zinsen ausdrücken. Allerdings ist Zins nicht gleich Zins. Daher empfiehlt sich ein genauer Blick auf Sollund Nominalzins sowie den effektiven Jahreszins. Mit der Verbraucherkreditrichtlinie von 2010 wurde der Nominalzins durch den Sollzins ersetzt. Letzterer ist der Prozentsatz, der pro Jahr auf das Darlehen angewendet wird. Dagegen berücksichtigt der Effektivzins weitere Kosten der Baufinanzierung – etwa für die Wertermittlung und Besicherung der Immobilie. Außerdem wird der Effektivzins für die Gesamtlaufzeit des Darlehens berechnet. Die Bank muss also festlegen, mit welchem Zinssatz sie nach dem Ende der Zinsbindung weiter kalkuliert. Wählt sie einen niedrigen Sollzins, sinkt der angegebene effektive Jahreszins. Bei einer Erstfinanzierung vereinbart der Erwerber einer Immobilie mit der kreditgebenden Bank einen festen Zinssatz, der für eine bestimmte Dauer festgelegt wird – die sogenannte Zinsbindungsfrist oder Sollzinsbindung. Sofern der Baukredit bis zum Ende dieser Laufzeit noch nicht zurückgezahlt ist, vereinbaren Bank und Kunde bei der Anschlussfinanzierung einen neuen Zinssatz.
Je kürzer die Zinsbindungsfrist angesetzt wird, desto günstiger ist zwar der Zinssatz, den die Bank anbietet. „Gleichzeitig aber steigt mit einer kurzen Frist die Unsicherheit“, warnt Dirk Eilinghoff vom Geldratgeber „Finanztip“. Bis zum Zeitpunkt der Anschlussfinanzierung können demnach die Zinsen steigen, und damit – trotz gesunkener Restschuld – auch die monatliche Rate. Deshalb rät Eilinghoff abzuwägen: „Eine lange Zinsbindungsfrist macht das Darlehen teurer als eine kurze, dafür sinkt das Zinsänderungsrisiko.“Bei der Zinsbindung sollten zehn Jahre das Minimum sein, 15 sind im derzeitigen Umfeld empfehlenswert, noch längere sollte man mit dem Berater diskutieren. Dabei gilt es zu klären, wie hoch die Zinsen steigen müssten, damit etwa eine 15-jährige Zinsbindung günstiger als eine zehnjährige wäre.
Bei einem üblichen Bankdarlehen wird eine feste monatliche Rate vereinbart, die sich aus einem Zins- und einem Tilgungsteil zusammensetzt. Die sogenannten Annuitäten oder auch Raten ändern sich erst nach Ablauf der Zinsbindungsfrist – es verschiebt sich aber das Verhältnis zwischen Zins- und Tilgungsanteil. Da der Zinssatz auf mehrere Jahre festgeschrieben wird (Sollzinsbindung), bleibt dieser konstant und die Zinsen fallen nur für die jeweils übrige Restschuld an. Sinkt diese durch die regelmäßigen Zahlungen, geht demzufolge auch der Zinsanteil an der Kreditrate zurück. „Da sich die Annuitäten nicht verändern, steigen die Tilgungsanteile und die Rückzahlung des offenen Kreditbetrages geht schneller voran“, erläutert der Sprecher der Wüstenrot Bausparkasse, Immo Dehnert.
Das Annuitätendarlehen mit seinen gleichbleibenden Raten verschafft zwar Planungssicherheit, was sich allerdings auch als Nachteil erweisen kann. „Und zwar dann, wenn Immobilienkäufer die Verträge während ihrer Laufzeit ändern möchten“, macht Dehnert klar. Da heute niemand bezüglich der Zinsentwicklung über 15 Jahre in die Zukunft blicken kann, besteht außerdem die Gefahr, dass die Zinsen der Anschlussfinanzierung höher ausfallen. Wer aus diesem Grund auch mit einem Annuitätendarlehen flexibel bleiben möchte, sollte Sondertilgungen vereinbaren. „Auf diese Weise können Verbraucher die Kreditschuld durch kostenfreie Sonderzahlungen schneller tilgen“, so der Wüstenrot-Sprecher. Wie hoch diese ausfallen dürfen, hängt grundsätzlich von den vertraglichen Reglungen ab. Sicherheit verspricht darüber hinaus auch ein Schutz vor der Vorfälligkeitsentschädigung. Diese müssten Verbraucher zahlen, wenn sie die Immobilie schon vor Ablauf der festgelegten Kreditlaufzeit verkaufen.