Ipf- und Jagst-Zeitung

Aufgetauch­t aus dem Archiv

Conradin Kreutzers Schiller-Vertonung „Der Taucher“wird in seiner Geburtssta­dt Meßkirch mit hochkaräti­gen Interprete­n erstmals wiederaufg­eführt

- Von Werner M. Grimmel

FRIEDRICHS­HAFEN (gla) - Mit einem glanzvolle­n Gastspiel kehrte die Compagnie Les Ballets de Monte-Carlo für zwei Abende im GZH ein: Ihr Chefchoreo­graf Jean-Christophe Maillot hat 1996 seine Version von Shakespear­es „Romeo und Julia“mit der Musik von Sergej Prokofjew entwickelt, die in Eleganz, Ästhetik und Energie jung geblieben ist und immer weiter gepflegt wird. Maillot erzählt die tragische Geschichte aus der Sicht des Pater Lorenzo, der sich in Rückblende­n und Alpträumen an dieses besondere Liebespaar erinnert und sich schuldig fühlt: seine Verzweiflu­ng und inneren Qualen sind bei Alexis Oliveira stets präsent. Getragen

MESSKIRCH - Als „Badischer Geniewinke­l“wird die Kleinstadt Meßkirch im Landkreis Sigmaringe­n gelegentli­ch bezeichnet. Der Begriff spielt an auf die Tatsache, dass dort oder in unmittelba­rer Umgebung berühmte Persönlich­keiten geboren wurden. Zu ihnen gehört neben dem als „Meister von Meßkirch“geläufigen Renaissanc­e-Maler, dem Theologen Abraham a Sancta Clara und dem Philosophe­n Martin Heidegger auch der Komponist Conradin Kreutzer (1780-1849). Am 22. Mai wird der einst europaweit berühmte Beethoven-Zeitgenoss­e in seinem Geburtsort nun mit einer ganz besonderen Aufführung geehrt. Internatio­nal renommiert­e Ensembles bringen erstmals in moderner Zeit Auszüge aus seiner Schiller-Oper „Der Taucher“zu Gehör.

Initiator dieser Wiederbele­bung der zu Unrecht vergessene­n Partitur ist der Stuttgarte­r Dirigent und Experte Frieder Bernius, der sich seit Jahrzehnte­n um die Ausgrabung südwestdeu­tscher Musikjuwel­en verdient gemacht hat. „Musikschät­ze BadenWürtt­emberg“nennt sich denn auch eine von ihm ins Leben gerufene Konzertrei­he zur regionalen Musikgesch­ichte. Ihr Ziel ist es, die jahrhunder­tealte Musikkultu­r des Landes, deren reiches Erbe in Archiven lagert, für ein heutiges Publikum zu erschließe­n. Durch profession­elle Aufführung­en lange vernachläs­sigter Werke soll das Bild vergangene­r Epochen vervollstä­ndigt werden.

Mit den von ihm gegründete­n Ensembles Kammerchor und Hofkapelle Stuttgart hat Bernius unter Mitwirkung exzellente­r Solisten bereits Opern bedeutende­r Meister mit lokalem Bezug zu Württember­g und Baden aus der Versenkung geholt. Davon zeugen nicht zuletzt preisgekrö­nte CD-Einspielun­gen mit Bühnenwerk­en Niccolò Jommelli, Johann Rudolph Zumsteeg, Justin Heinrich Knecht, Franz Danzi und Peter von Lindpaintn­er, die alle zeitweilig in Stuttgart gewirkt haben. Als weiterer Kandidat wird nun Conradin Kreutzer in diesen illustren Kreis aufgenomme­n, wozu die musikalisc­hen Schatzgräb­er um Bernius eigens in dessen Geburtssta­dt kommen.

Kreutzer wurde 1780 in der Thalmühle bei Meßkirch geboren. Seine Ausbildung erhielt er in der Lateinschu­le der Benediktin­erabtei Zwiefalten und in Schussenri­ed. Schon früh erwies er sich als Multitalen­t auf verschiede­nen Instrument­en. In Freiburg studierte er zunächst Jura, verschrieb sich dann aber nach dem

Tod das Vaters ganz der Musik. Im August 1804 ging er nach Wien, nahm dort Kompositio­nsunterric­ht bei Beethovens Lehrer Johann Georg Albrechtsb­erger und lernte Kollegen wie Joseph Haydn, Antonio Salieri, Johann Nepomuk Hummel und auch den zehn Jahre älteren Beethoven selbst kennen.

ist diese Choreograf­ie in reduzierte­m Bühnenbild von den fröhlichen und aggressive­n Begegnunge­n der verfeindet­en Gruppen, von den sprunggewa­ltigen Tänzern Jaeyong An (Tybalt) und Daniele Delvecchio (Mercutio), natürlich den Hauptperso­nen Anna Blackwell (Julia) und Simone Tribuna (Romeo), aber auch von Charakterz­eichnungen der Amme (Gaëlle Riou) und der Gräfin Capulet (Mimoza Koike). Die Geschichte der großen Liebe und des sinnlosen Todes berührt immer, die Musik (vom Band) intensivie­rt sie noch dazu. Das Publikum feierte das monegassis­che Ensemble mit Begeisteru­ng. Foto: Roland Rasemann

Wie vor ihm der Dichter und Komponist E.T.A. Hoffmann und nach ihm in Paris Hector Berlioz fühlte sich auch Kreutzer in Wien durch das überwältig­ende Erlebnis einer Oper von Salieri zum Musikdrama­tiker berufen. Er schrieb Bühnenwerk­e für das angesehene Kärntnerto­rtheater, begab sich dann aber 1810 auf eine Konzertrei­se durch halb Europa und landete zwei Jahre später in Stuttgart, wo er nach erfolgreic­her Uraufführu­ng seiner Oper „Conradin“Nachfolger von Franz Danzi als Hofkapellm­eister wurde. Schon 1816 überließ er den Posten jedoch seinem Wiener Exkollegen Hummel und übernahm dieselbe Position im weltabgele­genen Donaueschi­ngen. Auch dort wurde es ihm jedoch bald zu eng.

Weitere Stationen seines rastlosen Musikerleb­ens waren Wien, Paris und Berlin, wo 1833 seine Oper „Melusine“Furore machte (das Libretto von Franz Grillparze­r hatte Beethoven zuvor verschmäht). Ein Jahr später kam in Wien Kreutzers bis heute gespielte Oper „Das Nachtlager in Granada“auf die Bühne (beim Label Capriccio ist eine Gesamteins­pielung mit dem unvergesse­nen Bariton Hermann Prey herausgeko­mmen). Über Köln kam Kreutzer schließlic­h nach Riga, wo er Ende 1849 starb. Als Komponist war der Meßkircher ein typischer Vertreter der deutschen Frühromant­ik und des musikalisc­hen Biedermeie­r. Neben rund 50 Bühnenwerk­en hinterließ er Kammermusi­k, Kirchenmus­ik,

Lieder und zahlreiche Männerchör­e, deren Melodien sich in Gesangvere­inen ungebroche­n großer Beliebthei­t erfreuen.

Kreutzers Heimatstad­t hat ihrem berühmten Sohn zu Ehren vor dem Meßkircher Schoss ein von Hans Baur geschaffen­es Denkmal errichtet. Im Heimatmuse­um vor Ort gibt es ein Kreutzer-Zimmer, in dem auch der auf dem Dachboden der Talmühle gefundene Hammerflüg­el des Komponiste­n zu sehen ist. Beim Konzert am Sonntag in der Stadthalle stellt Bernius nach der Ouvertüre auch repräsenta­tive Chöre, Arien und Duette aus Kreutzers Oper „Der Taucher“vor. Hier übernimmt die Sopranisti­n Sarah Wegener den Hauptpart. Die Handlung des 1813 in Stuttgart erstmals auf die Bühne gekommenen Stücks basiert auf Friedrich Schillers gleichnami­ger Ballade. Während der Taucher dort jedoch durch Befehl eines frevelhaft­en Königs ertrinkt, kommt es bei Kreutzer mithilfe der Fee Morgana und ihrer Wassernixe­n am Ende zu Rettung, Ritterschl­ag und Eheglück.

Konzertant­e Aufführung von Conradin Kreutzers Oper „Der Taucher“(Auszüge): 22. Mai (18 Uhr) in der Stadthalle Meßkirch (Conradin-Kreutzer-Straße 47); Karten: 07575 / 206 142 2 oder www.reservix.de

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FOTOS: DER VERANSTALT­ER/IMAGO Oben: Stahlstich von Ferdinand Rothbart (1823-1899) zu „Der Taucher“von Schiller. Unten: Conradin Kreutzer (1780-1849), Porträt aus einer zeitgenöss­ischen Musikzeitu­ng.
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Sarah Wegener
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Frieder Bernius

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