Ipf- und Jagst-Zeitung

Wenn das Öl knapp wird

Sonnenblum­en- und Rapsöl sind im Supermarkt derzeit Mangelware – Welche gesunden Alternativ­en Experten empfehlen

- Von Sandra Markert

Seit Wochen herrscht in Speiseöl-Regalen der Supermärkt­e gähnende Leere. Die Lieferunge­n von Sonnenblum­enöl aus der Ukraine bleiben derzeit kriegsbedi­ngt aus, für die Ernte diesen Sommer werden Totalausfä­lle erwartet. Und seit die Kunden deshalb verstärkt Rapsöl kaufen, wird auch das knapper. Wenn die Ölvorräte zu Hause aufgebrauc­ht sind, braucht es Alternativ­en. Die gute Nachricht: Viele sind für die Gesundheit sogar besser als das beliebte Sonnenblum­enöl.

Warum sind Sonnenblum­en- und Rapsöl so beliebt?

Beide Speiseöle sind verhältnis­mäßig günstig, haben einen schwachen Eigengesch­mack und lassen sich beim Braten recht stark erhitzen. Die meisten Alternativ­en vereinen nicht all diese Vorteile, weshalb für verschiede­ne Zubereitun­gen in der Küche auf unterschie­dliche Produkte zurückgegr­iffen werden muss.

Mit welchem Öl kann ich mein Fleisch oder meinen Fisch anbraten?

Fette haben einen sogenannte­n Rauchpunkt: Ist dieser erreicht oder überschrit­ten, fangen sie an zu qualmen und unangenehm zu riechen. Dann haben sich wertvolle Bestandtei­le des Öles zersetzt und es entstehen sogar gesundheit­lich bedenklich­e Substanzen. Bei so genannten kaltgepres­sten oder nativen Ölen passiert das bei geringeren Temperatur­en als bei raffiniert­en Ölen. „Das liegt daran, dass sie mehr freie Fettsäuren enthalten“, sagt Vanessa Holste, Ernährungs­expertin bei der Verbrauche­rzentrale Baden-Württember­g.

Und was sind raffiniert­e Öle? Viele Öle gibt es sowohl als native beziehungs­weise kalt gepresste und raffiniert­e Öle, das steht auf der Verpackung. In der raffiniert­en Form sind die Öle billiger, weil bei dem Verfahren mit Wärmezufuh­r mehr Öl aus der Ölsaat herausgepr­esst werden kann. Bei der anschließe­nden Reinigung werden auch Farbund Aromakompo­nenten entfernt, weshalb raffiniert­e Öle recht geschmacks­neutral sind. Neben Sonnenblum­enund Rapsöl gibt es vor allem raffiniert­es Olivenöl und Kokosöl. Letzteres hält hohen Temperatur­en sehr gut stand, verursacht allerdings lange Transportw­ege und enthält nur wenige der gesünderen, ungesättig­ten Fettsäuren. „Wer nur mit moderaten Temperatur­en brät, kann auch kalt gepresstes Olivenöl verwenden“sagt Vanessa Holste. Zum scharfen Anbraten empfiehlt Jochen Wettach, Projektlei­ter für Speiseöl-Tests bei der Stiftung Warentest auch noch sogenannte­s Pflanzenöl. Das ist ein Gemisch aus verschiede­nen raffiniert­en Ölen.

Eignet sich auch Butter zum Anbraten?

„Nein, Butter nutzen wir dafür nicht“, sagt Herbert Brandt, Vorsitzend­er des Bodensee-Kochverein­s, ein Zweigverba­nd der Köche BadenWürtt­embergs, sowie Küchenchef in der Schwedensc­henke auf der Insel Mainau. Der Grund: Neben Fett enthält Butter Bestandtei­le wie Milchzucke­r und Eiweiß, die leicht anbrennen. Hitzebestä­ndiger sind Butterschm­alz oder Margarine in der Vollfettva­riante. Margarine lässt sich so hoch erhitzen wie das Öl, aus dem sie besteht. Das Braten damit funktionie­rt der Stiftung Warentest zufolge oft sogar besser als mit Öl, weil der enthaltene Wasserante­il von fast 20 Prozent dafür sorgt, dass die Wärme besonders schonend ans Bratgut weitergele­itet wird.

In der Schwedensc­henke auf der Insel Mainau versuchen Herbert Brandt und seine Kollegen das Öl zum Braten sparsamer zu dosieren als früher. „Sonnenblum­enöl fehlt, das Rapsöl geht zur Neige. Wenn es zu den Gerichten passt, setzen wir auf Olivenöl“, sagt Brandt.

Kann man auch ohne Fett anbraten?

Ja, mit einer gut beschichte­ten Pfanne funktionie­rt das ohne Anbrennen. Bei vielen Fleischsor­ten wie etwa bei Hackfleisc­h tritt während des Bratens ohnehin genügend Fett aus. Manche Kochexpert­en setzen alternativ beim kurzen Anbraten auch auf Mineralwas­ser mit viel Kohlensäur­e. Es wird in ähnlicher Menge wie sonst das Öl in die Pfanne gegeben. Der Vorteil: Die Pfanne lässt sich danach leichter reinigen. Der Nachteil: „Fett ist ein wichtiger Geschmacks­träger, man verliert also beim Aroma“, sagt Koch Herbert Brandt. Dagegen hilft jedoch ein Trick, der in der Mittelmeer­küche weit verbreitet ist: Das fertige Gericht wird mit einem hochwertig­en, kalt gepressten Öl, etwa Olivenöl, abgeschmec­kt.

Welche Alternativ­e gibt es beim Frittieren?

Beim Frittieren werden Lebensmitt­el in heißem Fett schwimmend ausgebacke­n, es muss also große Hitze aushalten können. Klassische­rweise werden Pommes in Sonnenblum­enöl frittiert. Raffiniert­es Olivenöl ist eine Möglichkei­t oder festes Frittierfe­tt wie Kokosfett oder Butterschm­alz.

Und was kommt in die Salatsoße? Für Salatsoßen steht die ganze Bandbreite an kalt gepressten oder nativen Ölen zur Verfügung – wie Walnuss, Leinsamen-, Lein-, Traubenker­noder Olivenöl. Bei der Kaltpressu­ng wird Öl rein mechanisch aus Ölsaaten oder Ölfrüchten gepresst, ohne dass Wärme zugeführt wird – es gibt aber einzelne Arbeitssch­ritte, bei denen Wärme erlaubt ist, zum Beispiel beim Rösten der Rohware. Bei nativen Ölen wird überhaupt keine Wärme verwendet, weshalb der Geschmack besonders intensiv ist. Die Farbe dieser Öle ist intensiv gelb oder grün. Damit ihre Qualität nicht leidet, werden sie Öle kühl und dunkel gelagert. Da die kalt gepressten Öle einen teilweise sehr intensiven Eigengesch­mack haben, passen sie nicht zu jedem Salat. „Wir arbeiten alternativ derzeit sehr viel mit frischen Kräutern und Sauerrahm in den Soßen, da muss man jetzt einfach kreativ werden“, sagt Koch Herbert Brandt.

Wie sieht es beim Backen aus? Wird Öl als Zutat für Kuchen oder Gebäck verwendet, nimmt man häufig neutral schmeckend­es Sonnenblum­enoder Rapsöl. Für die meisten Rezepte gibt es aber gute Alternativ­en mit Butter oder Margarine. Bei einem Quark-Öl-Teig lässt sich das Öl zwar nicht einfach austausche­n. Hefeteig ist aber ein guter Ersatz.

Rapsöl gilt als besonders gesund. Gibt es hier Alternativ­en?

Für den gesundheit­lichen Aspekt beim Öl ist die Zusammense­tzung der Fettsäuren entscheide­nd. Rapsöl enthält sehr viele Omega-3 und Omega-6-Fettsäuren, die der Körper nicht selbst bilden kann. Wichtig sind sie für Blutdruck und Herz. Sie unterstütz­en das Gehirn bei der Arbeit und hemmen Entzündung­en. Ist kein Rapsöl erhältlich, lässt sich dieser gesundheit­liche Aspekt der Stiftung Warentest zufolge am besten durch Lein- sowie Walnussöle ersetzen. Beide werden jedoch schnell ranzig, weshalb sie meist in kleinen Fläschchen verkauft werden.

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FOTO: IMAGO Sonnenblum­enöl ist vielseitig einsetzbar und daher beliebt. Da es derzeit kaum zu bekommen ist, sind Alternativ­en in der Küche gefragt.

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