Wenn das Öl knapp wird
Sonnenblumen- und Rapsöl sind im Supermarkt derzeit Mangelware – Welche gesunden Alternativen Experten empfehlen
Seit Wochen herrscht in Speiseöl-Regalen der Supermärkte gähnende Leere. Die Lieferungen von Sonnenblumenöl aus der Ukraine bleiben derzeit kriegsbedingt aus, für die Ernte diesen Sommer werden Totalausfälle erwartet. Und seit die Kunden deshalb verstärkt Rapsöl kaufen, wird auch das knapper. Wenn die Ölvorräte zu Hause aufgebraucht sind, braucht es Alternativen. Die gute Nachricht: Viele sind für die Gesundheit sogar besser als das beliebte Sonnenblumenöl.
Warum sind Sonnenblumen- und Rapsöl so beliebt?
Beide Speiseöle sind verhältnismäßig günstig, haben einen schwachen Eigengeschmack und lassen sich beim Braten recht stark erhitzen. Die meisten Alternativen vereinen nicht all diese Vorteile, weshalb für verschiedene Zubereitungen in der Küche auf unterschiedliche Produkte zurückgegriffen werden muss.
Mit welchem Öl kann ich mein Fleisch oder meinen Fisch anbraten?
Fette haben einen sogenannten Rauchpunkt: Ist dieser erreicht oder überschritten, fangen sie an zu qualmen und unangenehm zu riechen. Dann haben sich wertvolle Bestandteile des Öles zersetzt und es entstehen sogar gesundheitlich bedenkliche Substanzen. Bei so genannten kaltgepressten oder nativen Ölen passiert das bei geringeren Temperaturen als bei raffinierten Ölen. „Das liegt daran, dass sie mehr freie Fettsäuren enthalten“, sagt Vanessa Holste, Ernährungsexpertin bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg.
Und was sind raffinierte Öle? Viele Öle gibt es sowohl als native beziehungsweise kalt gepresste und raffinierte Öle, das steht auf der Verpackung. In der raffinierten Form sind die Öle billiger, weil bei dem Verfahren mit Wärmezufuhr mehr Öl aus der Ölsaat herausgepresst werden kann. Bei der anschließenden Reinigung werden auch Farbund Aromakomponenten entfernt, weshalb raffinierte Öle recht geschmacksneutral sind. Neben Sonnenblumenund Rapsöl gibt es vor allem raffiniertes Olivenöl und Kokosöl. Letzteres hält hohen Temperaturen sehr gut stand, verursacht allerdings lange Transportwege und enthält nur wenige der gesünderen, ungesättigten Fettsäuren. „Wer nur mit moderaten Temperaturen brät, kann auch kalt gepresstes Olivenöl verwenden“sagt Vanessa Holste. Zum scharfen Anbraten empfiehlt Jochen Wettach, Projektleiter für Speiseöl-Tests bei der Stiftung Warentest auch noch sogenanntes Pflanzenöl. Das ist ein Gemisch aus verschiedenen raffinierten Ölen.
Eignet sich auch Butter zum Anbraten?
„Nein, Butter nutzen wir dafür nicht“, sagt Herbert Brandt, Vorsitzender des Bodensee-Kochvereins, ein Zweigverband der Köche BadenWürttembergs, sowie Küchenchef in der Schwedenschenke auf der Insel Mainau. Der Grund: Neben Fett enthält Butter Bestandteile wie Milchzucker und Eiweiß, die leicht anbrennen. Hitzebeständiger sind Butterschmalz oder Margarine in der Vollfettvariante. Margarine lässt sich so hoch erhitzen wie das Öl, aus dem sie besteht. Das Braten damit funktioniert der Stiftung Warentest zufolge oft sogar besser als mit Öl, weil der enthaltene Wasseranteil von fast 20 Prozent dafür sorgt, dass die Wärme besonders schonend ans Bratgut weitergeleitet wird.
In der Schwedenschenke auf der Insel Mainau versuchen Herbert Brandt und seine Kollegen das Öl zum Braten sparsamer zu dosieren als früher. „Sonnenblumenöl fehlt, das Rapsöl geht zur Neige. Wenn es zu den Gerichten passt, setzen wir auf Olivenöl“, sagt Brandt.
Kann man auch ohne Fett anbraten?
Ja, mit einer gut beschichteten Pfanne funktioniert das ohne Anbrennen. Bei vielen Fleischsorten wie etwa bei Hackfleisch tritt während des Bratens ohnehin genügend Fett aus. Manche Kochexperten setzen alternativ beim kurzen Anbraten auch auf Mineralwasser mit viel Kohlensäure. Es wird in ähnlicher Menge wie sonst das Öl in die Pfanne gegeben. Der Vorteil: Die Pfanne lässt sich danach leichter reinigen. Der Nachteil: „Fett ist ein wichtiger Geschmacksträger, man verliert also beim Aroma“, sagt Koch Herbert Brandt. Dagegen hilft jedoch ein Trick, der in der Mittelmeerküche weit verbreitet ist: Das fertige Gericht wird mit einem hochwertigen, kalt gepressten Öl, etwa Olivenöl, abgeschmeckt.
Welche Alternative gibt es beim Frittieren?
Beim Frittieren werden Lebensmittel in heißem Fett schwimmend ausgebacken, es muss also große Hitze aushalten können. Klassischerweise werden Pommes in Sonnenblumenöl frittiert. Raffiniertes Olivenöl ist eine Möglichkeit oder festes Frittierfett wie Kokosfett oder Butterschmalz.
Und was kommt in die Salatsoße? Für Salatsoßen steht die ganze Bandbreite an kalt gepressten oder nativen Ölen zur Verfügung – wie Walnuss, Leinsamen-, Lein-, Traubenkernoder Olivenöl. Bei der Kaltpressung wird Öl rein mechanisch aus Ölsaaten oder Ölfrüchten gepresst, ohne dass Wärme zugeführt wird – es gibt aber einzelne Arbeitsschritte, bei denen Wärme erlaubt ist, zum Beispiel beim Rösten der Rohware. Bei nativen Ölen wird überhaupt keine Wärme verwendet, weshalb der Geschmack besonders intensiv ist. Die Farbe dieser Öle ist intensiv gelb oder grün. Damit ihre Qualität nicht leidet, werden sie Öle kühl und dunkel gelagert. Da die kalt gepressten Öle einen teilweise sehr intensiven Eigengeschmack haben, passen sie nicht zu jedem Salat. „Wir arbeiten alternativ derzeit sehr viel mit frischen Kräutern und Sauerrahm in den Soßen, da muss man jetzt einfach kreativ werden“, sagt Koch Herbert Brandt.
Wie sieht es beim Backen aus? Wird Öl als Zutat für Kuchen oder Gebäck verwendet, nimmt man häufig neutral schmeckendes Sonnenblumenoder Rapsöl. Für die meisten Rezepte gibt es aber gute Alternativen mit Butter oder Margarine. Bei einem Quark-Öl-Teig lässt sich das Öl zwar nicht einfach austauschen. Hefeteig ist aber ein guter Ersatz.
Rapsöl gilt als besonders gesund. Gibt es hier Alternativen?
Für den gesundheitlichen Aspekt beim Öl ist die Zusammensetzung der Fettsäuren entscheidend. Rapsöl enthält sehr viele Omega-3 und Omega-6-Fettsäuren, die der Körper nicht selbst bilden kann. Wichtig sind sie für Blutdruck und Herz. Sie unterstützen das Gehirn bei der Arbeit und hemmen Entzündungen. Ist kein Rapsöl erhältlich, lässt sich dieser gesundheitliche Aspekt der Stiftung Warentest zufolge am besten durch Lein- sowie Walnussöle ersetzen. Beide werden jedoch schnell ranzig, weshalb sie meist in kleinen Fläschchen verkauft werden.