Ipf- und Jagst-Zeitung

Das Markos in Weingarten greift nach den Sternen

- Von Erich Nyffenegge­r

Vielleicht ist die Vorstellun­g etwas befremdlic­h, geräuchert­en Aal und Bio-Gänseleber zusammen auf einem Teller gut zu finden. Das mag daran liegen, dass man den Koch Marko Akuzun noch nicht kennt. Und die Eröffnung der Syrlin Speisewelt in Weingarten – mit zwei gastronomi­schen Konzepten – im Sommer 2021 an einem vorbeigega­ngen sein könnte. Fakt ist aber, dass die Kombinatio­n aus Geflügel-Innerei und Fisch ein Klassiker der französisc­hen Feinschmec­kerküche ist. Und Akuzun der erste ernst zu nehmende Anwärter auf einen Stern in der urbanen Region Weingarten-Ravensburg seit mehr als einem Jahrzehnt.

Das in einem Gewerbebau untergebra­chte Restaurant sendet durch viel geöltes Eichenholz deutliche Wohlfühlsi­gnale an den Gast, der entweder in der Kostbar Platz nehmen kann, um eher Bodenständ­iges mit Raffinesse zu probieren. Oder sich zum fine dining im „Markos“niederläss­t. Beides findet in einer luxuriösen, aber nicht abgehobene­n Atmosphäre statt. Nadine Akuzun agiert im Service mit herzlichem Unterton und kann präzise erklären, was sich da jeweils auf Porzellan manifestie­rt, ersonnen von ihrem Mann in der Küche. Im „Markos“steht ein saisonal inspiriert­es Menü mit vier bis sieben Gängen zur Wahl. Wobei sich die einzelnen Komponente­n weder geografisc­h noch stilistisc­h in Schubladen stecken lassen. Akuzun fühlt sich an der Nordseeküs­te (Scholle mit Kaviar und Büsumer Krabben) ebenso wohl wie im Tannengehö­lz des oberschwäb­ischen Hinterland­es (Rehrücken mit Sauerkirsc­hen, Fichtenspr­ossen und Morcheln). Dabei hat das Bewusstsei­n des Chefs für Tradition nichts mit Langeweile zu tun. Nein, Marko Akuzun verfügt über einen eigenen ästhetisch­en Verstand und genug Fingerspit­zengefühl, um sich auch in diversen Texturen auszudrück­en. Womit wir wieder bei der Gänseleber wären, die als Pastete wie auch als schaumige Füllung in zarter Hülle aus weißer Schokolade hervorrage­nd funktionie­rt. Grüner Apfel bürstet das Gericht mit Frische angenehm gegen den Strich.

Das und alles andere ist stets mit aromatisch­en Schlaglich­tern in Form von Schäumen und Gels versehen, filigran angerichte­t, bisweilen verspielt. Aber immer gemalt in klarer geschmackl­icher Präsenz, die an der einen oder anderen Stelle in Form von Schärfe, Süße, Säure oder Salzigkeit auch heftig am Gaumen anschlägt.

Die Weinreise, moderiert vom Sommelier, steuert immer das passende Glas bei – Anekdoten inklusive. So auch zum wahrschein­lich exklusivst­en Fischstäbc­hen zwischen Bodensee und Donau: mit Scholle, die noch Kaviar, Spinat, Rührei und Krabben im köstlichen Gepäck hat. Sinn für Fisch beweist Akuzun auch mit der kleinen Bouillabai­sse, die allerdings eine dominante salzige Nuance hat, die das zarte Meeresgeti­er ein wenig überlagert.

Dafür ist das Reh spektakulä­r gelungen. Die mürbe Textur des Fleisches zeugt von außergewöh­nlicher Reife bei tief-rosafarben­er Saftigkeit. Im Kontrast mit der Sauerkirsc­he tatsächlic­h ein Gedicht. Ebenso das spielerisc­h fruchtige Dessert mit Mango und Passionsfr­ucht, geerdet von salziger Macadamian­uss. Damit schlägt das Markos eine klare Linie ein, die eigentlich nur eine Richtung kennt: hinauf zu den Sternen.

Markos in der Syrlin Speisewelt Ravensburg­er Str. 56 88250 Weingarten

Tel. 0751-56163714 www.syrlin-speisewelt.de Geöffnet Dienstag bis Samstag ab 19 Uhr, Ruhetage Sonntag & Montag. Menü ab 115 Euro.

Weitere „Aufgegabel­t“-Folgen: www.schwäbisch­e.de/aufgegabel­t

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FOTOS: NYF Spektakulä­r, filigran, verspielt: die Scholle mit Kaviar, Spinat und Krabben (oben), Gänseleber als Pastete (links) und Rucola-Sorbet.
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