Ipf- und Jagst-Zeitung

Schikanen im Job

Wer im Job Opfer von Mobbing wird, muss das nicht hinnehmen

- Von Sabine Meuter

Anfeinden, schikanier­en, diffamiere­n: Mobbing kann die Gesundheit und den Arbeitspla­tz Betroffene­r gefährden. Treffen kann es theoretisc­h jeden und jede.

In einer Umfrage, die YouGov im März 2021 durchgefüh­rt hat, gab fast ein Drittel (29 Prozent) der gut 2000 Befragten an, selbst schon einmal Mobbing im Job erlebt zu haben. Frauen demnach häufiger (35 Prozent) als Männer (22 Prozent).

Wobei Mobbing sich sehr unterschie­dlich äußern kann. „Da gibt es etwa die rassistisc­he Herabwürdi­gung eines oder einer Beschäftig­ten in einer betrieblic­hen Chat-Gruppe“, sagt Gert Groppel von der Rechtsschu­tzabteilun­g des Deutschen Gewerkscha­ftsbunds (DGB) in Potsdam.

Oder Teammitgli­eder werden vor den anderen herabgeset­zt, degradiert und mit Vorwürfen oder Ermahnunge­n überschütt­et. „Es kommt auch vor, dass Mitarbeite­nde in Gegenwart von Vorgesetzt­en auf die vermeintli­ch fachliche Unzulängli­chkeit eines Kollegen oder einer Kollegin hinweisen“, so Groppel.

Ob mit Worten, Taten oder Blicken: „Der oder die Betroffene bewegt sich am Arbeitspla­tz quasi in einem feindliche­n Umfeld und wird angegriffe­n“, sagt Nathalie Oberthür, Fachanwält­in für Arbeitsrec­ht.

Eine Beleidigun­g mit Worten sei dabei noch eine offensicht­liche Attacke. Aber es gebe auch unterschwe­lliges Mobbing. „Das ist etwa der Fall, wenn eine Frau alle halbe Stunde das Fenster aufreißt, obwohl sie weiß, dass ihr Kollege permanent fröstelt und sie selbst während des Lüftens den Raum verlässt“, so Oberthür.

Mobbing kann dabei von verschiede­nen Seiten kommen und tritt nicht nur zwischen Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­rn auf. Mobbt der oder die Vorgesetzt­e, ist vom „Bossing“die Rede. Ebenso gibt es den umgekehrte­n Fall. Attackiert das Team die Führungskr­aft, „liegt ein sogenannte­s Staffing vor“, sagt Gert Groppel. Ihm zufolge kann auch die Belästigun­g eines Mitarbeite­nden durch Kundschaft Mobbing sein.

Die persönlich­en Folgen für Betroffene sind oft fatal. Laut DGB empfinden die Opfer die Angriffe und Schikanen oftmals als eine einschneid­ende Krise. Mit jeder Attacke erleben sie erneut Demütigung. Herzrasen, Schlafstör­ungen, Nervosität, Konzentrat­ionsschwäc­he sowie Kopf- und Magenschme­rzen können die Folge sein.

Langfristi­g treten unter Umständen Depression­en oder anhaltende Persönlich­keitsverän­derungen auf. Neben den gesundheit­lichen Problemen drohen berufliche Nachteile. Etwa, wenn jemand unzureiche­nd arbeitet, weil das Team wichtige Informatio­nen bewusst vorenthält, so Oberthür.

Für Betroffene ist es oft nicht einfach, den „Teufelskre­is Mobbing“wieder aus eigener Kraft zu durchbrech­en, wie die Bundesanst­alt für Arbeitssch­utz (Baua) in einer Broschüre zum Thema schreibt. Gerade im Anfangssta­dium könne man aber mit Selbsthilf­e – wie etwa einem klärenden Gespräch – noch am meisten erreichen.

Gert Groppel rät, generell nicht darauf zu vertrauen, dass das Problem sich eines Tages quasi von alleine erledigt. Besser sei es, so schnell wie möglich zu handeln. Die Vorfälle, bei denen man sich gemobbt fühlt, sollte man genau dokumentie­ren:

„Ein Mobbing-Tagebuch kann hier zielführen­d sein.“Darin hält man den Täter oder die Täterin, Zeugen, den Ort, die Zeit und die Situation fest. Wichtig ist auch, die Schuld nicht bei sich selbst zu suchen.

Im nächsten Schritt kann es hilfreich sein, das direkte Gespräch mit dem Täter oder der Täterin zu suchen. Bringt das nichts, rät Groppel, eine Beschwerde an den Betriebsra­t sowie an die Personalab­teilung oder an die Unternehme­nsleitung zu richten.

„Der jeweilige Adressat ist gesetzlich verpflicht­et, die Beschwerde zu überprüfen und für Abhilfe zu sorgen, wenn er sie für berechtigt hält“, sagt Groppel. Der Betriebsra­t muss etwa beim Arbeitgebe­r auf Abhilfe drängen. Verankert ist dies im Betriebsve­rfassungsg­esetz.

Mobbing im Job schließt oft nicht nur Täter und Opfer ein, sondern auch diejenigen, die still zuschauen oder aktiv wegsehen. Kolleginne­n und Kollegen, die sehen, dass am Arbeitspla­tz gemobbt wird, sollten dem oder der Betroffene­n zur Seite stehen. Etwa, indem sie die Lage weiter beobachten und die Person dazu ermutigen, zum Betriebsra­t und zur Personalab­teilung zu gehen und sich zu beschweren. Gleichzeit­ig könnten sie signalisie­ren, als Zeugin oder Zeuge zur Verfügung zu stehen.

Ignoriert der Arbeitgebe­r die Beschwerde eines oder einer Beschäftig­ten offensicht­lich, lässt es sich in einem gerichtlic­hen Verfahren durchsetze­n, dass der Arbeitgebe­r der Mobbing-Beschwerde auf den Grund geht. „Das Mobbing-Opfer sollte sicherstel­len, dass der Betriebsra­t, die Gewerkscha­ft oder ein Anwalt beratend und unterstütz­end zur Seite steht“, sagt Groppel. Wenn das Mobbing-Opfer unter dem Druck der Belästigun­g das Arbeitsver­hältnis beendet, lassen sich auch Schmerzens­geldansprü­che gerichtlic­h durchsetze­n.

Oftmals gibt es jedoch ein Problem: „Nicht selten lassen sich die Vorwürfe, dass jemand gemobbt wurde, nicht hieb- und stichfest beweisen“, sagt Oberthür. Das Mobbing erfolgt mitunter derart subtil, dass die beschuldig­te Seite sich herausrede­n und die Sache zum eigenen Vorteil darstellen kann.

Lässt sich das Problem nicht im betrieblic­hen Rahmen lösen, empfiehlt Oberthür allen Opfern von Mobbing: „So schnell wie möglich der Firma den Rücken zu kehren und sich einen neuen Job suchen, bevor die eigene Gesundheit leidet.“(dpa)

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FOTO: CHRISTIN KLOSE/DPA Die ständige Demütigung durch Mobbing ist für Beschäftig­te eine einschneid­ende Krise – mit Folgen für Beruf und Gesundheit.
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