Es fehlt an Kita-Plätzen und Erziehern
Fachkräftemangel und zu wenig Betreuungsplätze – Eltern erhalten Rückerstattungen bei Schließstunden
ELLWANGEN - Ab sofort sollen Eltern eine Rückerstattung ihrer Beiträge erhalten, wenn der Kindergarten ihrer Kinder mehr als zehn Prozent Schließstunden pro Woche verzeichnet. Darauf hat sich die Stadt laut Bürgermeister Volker Grab mit freien und kirchlichen Trägern geeinigt. Die Erstattung stellt jedoch keine Lösung für das eigentliche Problem dar, denn in Ellwangen fehlt es an Erziehern und Kindergartenplätzen. Nach Aussage Grabs wird sich diese Entwicklung in den kommenden Jahren verschärfen.
Durch den „gravierenden“Fachkräftemangel stünden die Ellwanger Kindergärten unter einem enormen Druck, um den Betrieb sicherzustellen, betont Grab. Der Mangel bestehe seit längerer Zeit und habe sich von Stuttgart aus in den ländlichen Bereich ausgeweitet.
Ein weiterer Grund liegt nach Aussage des Bürgermeisters in den steigenden Geburtenraten. Das sei zwar erfreulich, dennoch gebe es dadurch auch einen höheren Bedarf an Betreuungsplätzen. Zudem sei auch das Betreuungsangebot wesentlich vielfältiger geworden, sodass die Anforderungen des Gesetzgebers an das Personal, das vorgehalten werden müsse, gestiegen sei.
In den vergangenen Jahren hat, wie Grab erläutert, insbesondere die Corona-Pandemie die Situation noch verschärft. Hinzu kommt, dass schwangere Erzieherinnen ab dem Tag der Bekanntgabe sofort ein Beschäftigungsverbot erhalten. „Das ist nicht planbar. Die fehlen dann sofort“, sagt Grab. Problematisch wird nach Grabs Ansicht, wenn Betriebe durch Ausfälle unter den Personalschlüssel fallen. Für unplanbare Ausfälle stehe meist kein Ersatz zur Verfügung.
Um die offenen Stellen in den Kindergärten
möglichst attraktiv zu gestalten, schreibt die Stadt seit einiger Zeit keine befristeten Stellenangebote mehr aus. Auf befristete Stellen hat es nämlich schon länger gar keine Bewerbungen mehr gegeben.
Auch so gestaltet sich die Suche nach neuen Mitarbeitern müßig. So sei es in den vergangenen Wochen und Monaten immer wieder punktuell zu Schließungen gekommen, stunden- und sogar tageweise. Mitarbeiter und Kita-Leitungen würden dabei an ihre Belastungsgrenze geraten, weiß Grab. Und die Eltern? „Die fordern mit Recht die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ein“, betont er.
Der Bürgermeister rechnet damit, dass sich die Situation in den kommenden Jahren eher verschlimmern wird. Ellwangen investiert zwar kräftig in die Kinderbetreuung, so wird der Kindergarten in Röhlingen derweil erweitert, doch es wird laut Grab immer wieder zu Notsituationen kommen, in denen Einrichtungen geschlossen werden müssen.
Erfreuliches kann er allerdings zum geplanten Bauernhofkindergarten berichten. Das Angebot sei sehr attraktiv, sodass es schon zahlreiche Bewerbungen gebe. Und auch Anmeldungen liegen bereits vor.
Eine mögliche Lösung für das Kita-Problem liegt nach Grabs Ansicht in einem Mindestpersonalschlüssel. Darüber müsse man reden und schauen, wo vielleicht Gruppen zusammengelegt werden könnten. Zudem sei man mit dem Landratsamt im Gespräch und wolle eine gemeinsame Initiative zur Fachkräftegewinnung starten, erläutert der Bürgermeister. Auch auf Ausbildungsmessen sei man vertreten.
Die Zahl der Null- bis Dreijährigen in der Kinderbetreuung hat sich übrigens nach Informationen des Bürgermeisters in den Jahren von 2007 bis 2023 landesweit um 193 Prozent erhöht. In Ellwangen hat sich die Zahl der Kinder verdoppelt. Aktuell fehlen in Baden-Württemberg knapp 17.000 Fachkräfte. „2030 werden es 40.000 sein“, erklärt Grab.
Bei den Kita-Plätzen sieht es ähnlich dramatisch aus. Landesweit kann der Bedarf für 57.600 Kinder nicht gedeckt werden. Nach Aussage von Bernd Beckler, Leiter des Amts für Bildung und Soziales, gibt es in Ellwangen derzeit 20 bis 30 Anfragen, für die man keine Plätze anbieten könne. Viele Familien seien hergezogen. Doch die Einrichtungen sind laut Beckler voll.
Der SPD-Fraktionsvorsitzende Herbert Hieber betont die Wichtigkeit der Kindertagesstätten als „erste Bildungsinstitution im Leben von jungen Menschen“. Ein Kindergarten sei anders als früher keine reine „Aufbewahrungseinrichtung“mehr. Die aktuellen Probleme hätten Auswirkungen auf die Volkswirtschaft und das gesamte Leben.