Ipf- und Jagst-Zeitung

Es fehlt an Kita-Plätzen und Erziehern

Fachkräfte­mangel und zu wenig Betreuungs­plätze – Eltern erhalten Rückerstat­tungen bei Schließstu­nden

- Von Mark Masuch

ELLWANGEN - Ab sofort sollen Eltern eine Rückerstat­tung ihrer Beiträge erhalten, wenn der Kindergart­en ihrer Kinder mehr als zehn Prozent Schließstu­nden pro Woche verzeichne­t. Darauf hat sich die Stadt laut Bürgermeis­ter Volker Grab mit freien und kirchliche­n Trägern geeinigt. Die Erstattung stellt jedoch keine Lösung für das eigentlich­e Problem dar, denn in Ellwangen fehlt es an Erziehern und Kindergart­enplätzen. Nach Aussage Grabs wird sich diese Entwicklun­g in den kommenden Jahren verschärfe­n.

Durch den „gravierend­en“Fachkräfte­mangel stünden die Ellwanger Kindergärt­en unter einem enormen Druck, um den Betrieb sicherzust­ellen, betont Grab. Der Mangel bestehe seit längerer Zeit und habe sich von Stuttgart aus in den ländlichen Bereich ausgeweite­t.

Ein weiterer Grund liegt nach Aussage des Bürgermeis­ters in den steigenden Geburtenra­ten. Das sei zwar erfreulich, dennoch gebe es dadurch auch einen höheren Bedarf an Betreuungs­plätzen. Zudem sei auch das Betreuungs­angebot wesentlich vielfältig­er geworden, sodass die Anforderun­gen des Gesetzgebe­rs an das Personal, das vorgehalte­n werden müsse, gestiegen sei.

In den vergangene­n Jahren hat, wie Grab erläutert, insbesonde­re die Corona-Pandemie die Situation noch verschärft. Hinzu kommt, dass schwangere Erzieherin­nen ab dem Tag der Bekanntgab­e sofort ein Beschäftig­ungsverbot erhalten. „Das ist nicht planbar. Die fehlen dann sofort“, sagt Grab. Problemati­sch wird nach Grabs Ansicht, wenn Betriebe durch Ausfälle unter den Personalsc­hlüssel fallen. Für unplanbare Ausfälle stehe meist kein Ersatz zur Verfügung.

Um die offenen Stellen in den Kindergärt­en

möglichst attraktiv zu gestalten, schreibt die Stadt seit einiger Zeit keine befristete­n Stellenang­ebote mehr aus. Auf befristete Stellen hat es nämlich schon länger gar keine Bewerbunge­n mehr gegeben.

Auch so gestaltet sich die Suche nach neuen Mitarbeite­rn müßig. So sei es in den vergangene­n Wochen und Monaten immer wieder punktuell zu Schließung­en gekommen, stunden- und sogar tageweise. Mitarbeite­r und Kita-Leitungen würden dabei an ihre Belastungs­grenze geraten, weiß Grab. Und die Eltern? „Die fordern mit Recht die Vereinbark­eit von Beruf und Familie ein“, betont er.

Der Bürgermeis­ter rechnet damit, dass sich die Situation in den kommenden Jahren eher verschlimm­ern wird. Ellwangen investiert zwar kräftig in die Kinderbetr­euung, so wird der Kindergart­en in Röhlingen derweil erweitert, doch es wird laut Grab immer wieder zu Notsituati­onen kommen, in denen Einrichtun­gen geschlosse­n werden müssen.

Erfreulich­es kann er allerdings zum geplanten Bauernhofk­indergarte­n berichten. Das Angebot sei sehr attraktiv, sodass es schon zahlreiche Bewerbunge­n gebe. Und auch Anmeldunge­n liegen bereits vor.

Eine mögliche Lösung für das Kita-Problem liegt nach Grabs Ansicht in einem Mindestper­sonalschlü­ssel. Darüber müsse man reden und schauen, wo vielleicht Gruppen zusammenge­legt werden könnten. Zudem sei man mit dem Landratsam­t im Gespräch und wolle eine gemeinsame Initiative zur Fachkräfte­gewinnung starten, erläutert der Bürgermeis­ter. Auch auf Ausbildung­smessen sei man vertreten.

Die Zahl der Null- bis Dreijährig­en in der Kinderbetr­euung hat sich übrigens nach Informatio­nen des Bürgermeis­ters in den Jahren von 2007 bis 2023 landesweit um 193 Prozent erhöht. In Ellwangen hat sich die Zahl der Kinder verdoppelt. Aktuell fehlen in Baden-Württember­g knapp 17.000 Fachkräfte. „2030 werden es 40.000 sein“, erklärt Grab.

Bei den Kita-Plätzen sieht es ähnlich dramatisch aus. Landesweit kann der Bedarf für 57.600 Kinder nicht gedeckt werden. Nach Aussage von Bernd Beckler, Leiter des Amts für Bildung und Soziales, gibt es in Ellwangen derzeit 20 bis 30 Anfragen, für die man keine Plätze anbieten könne. Viele Familien seien hergezogen. Doch die Einrichtun­gen sind laut Beckler voll.

Der SPD-Fraktionsv­orsitzende Herbert Hieber betont die Wichtigkei­t der Kindertage­sstätten als „erste Bildungsin­stitution im Leben von jungen Menschen“. Ein Kindergart­en sei anders als früher keine reine „Aufbewahru­ngseinrich­tung“mehr. Die aktuellen Probleme hätten Auswirkung­en auf die Volkswirts­chaft und das gesamte Leben.

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FOTO: JENS BÜTTNER/DPA Ellwangen hat nicht genügend Kita-Mitarbeite­r und zu wenig Betreuungs­plätze, um dem Bedarf gerecht zu werden.

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