Scholz bleibt bei Nein zur Taurus-Lieferung
Kanzler bekräftigt Haltung und schweigt zur Abhöraktion – Moskau verlangt Informationen
(dpa/ AFP) - Ungeachtet kritischer Stimmen auch in der Ampel-Koalition hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sein Nein zur Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine bekräftigt. „Ich bin der Kanzler, und deshalb gilt das“, sagte er am Montag in einer Fragerunde an einem beruflichen Schulzentrum in Sindelfingen. Zu dem von Moskau abgehörten Gespräch von hochrangigen Bundeswehr-Offizieren über Taurus äußerte Scholz sich nicht, wurde in der Runde aber auch nicht danach gefragt.
Die Abhöraffäre führte in allen politischen Lagern zur Forderung nach einer schnellen und umfassenden Auf klärung. Der verteidigungspolitische Sprecher der Union, Florian Hahn (CSU), sagte der „Augsburger Allgemeinen“, es stelle sich „unmittelbar die Frage nach den Standards, der Ausrüstung und der Weisungslage im Ministerium“. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) warnte am Montag in Montenegros Hauptstadt Podgorica: „So wichtig es für uns als Bundesregierung ist, diesen Vorfall jetzt aufzuklären, so klar sind aber die Fakten. Und es kann hier zu keiner Täter-Opfer-Umkehr kommen.“Hätte Russland die Ukraine nicht brutalst angegriffen, müsste sich diese nicht verteidigen und Deutschland müsste auch keine Waffen liefern.
Am Freitag hatte Russland eine mitgeschnittene Schaltkonferenz von vier hohen Off izieren, darunter Luftwaffen-Chef Ingo Gerhartz, veröffentlicht. Darin erörterten diese Einsatzszenarien für den deutschen Marschflugkörper, falls dieser doch noch an die Ukraine geliefert würde. Diskutiert wurde auch über die mögliche Zerstörung der von Russland gebauten Brücke zur völkerrechtswidrig annektierten ukrainischen Halbinsel Krim. Die Offiziere kamen zum Ergebnis, dass eine baldige Lieferung und ein schneller Einsatz nur mit Beteiligung deutscher Soldaten möglich wäre – und dass eine Taurus-Ausbildung ukrainischer Soldaten für einen Einsatz in alleiniger Regie Monate dauern würde. Allerdings ist auch zu hören, dass es auf politischer Ebene kein grünes Licht für die Lieferung gibt. Scholz hatte sein Nein damit begründet, dass Deutschland dann in den Krieg hineingezogen werden könnte. Taurus hat eine Reichweite von 500 Kilometern und kann damit von der Ukraine aus auch Ziele in Moskau treffen. Anders als der Kanzler befürworten FDP und Grüne eine Lieferung des Systems, die Union auch.
Kremlsprecher Dmitri Peskow krititsierte das Gespräch am Montag scharf und verlangte von Kanzler Scholz weitere Informationen. Er nahm die Inhalte als Beleg für die direkte Beteiligung westlicher Staaten an dem Krieg, den Russland gegen die Ukraine führt. Der Mitschnitt zeige, dass die Bundeswehr konkrete Schläge gegen Russland plane. Nun sei wichtig, herauszufinden, ob die Bundeswehr auf eigene Initiative solche Planspiele veranstalte, oder ob dies Teil der staatlichen deutschen Politik sei.