Die energiegeladene Kunst der wilden 80er
„Gewaltige Kraft“– Museum Villa Rot präsentiert Werke der „Jungen Wilden“aus der FER Collection
- Mit Bildern in überwältigender Größe und intensiver Farbwucht taucht das Museum Villa Rot in seiner aktuellen Ausstellung „Gewaltige Kraft“in die Kunst der 1980er-Jahre ein. Die gezeigten Werke der „Neuen Wilden“aus der FER Collection des Laupheimer Pharmaunternehmers Friedrich Erwin Rentschler zeugen von einem künstlerischen Aufbruch in der Malerei.
Krieg, Umweltzerstörung, Wirtschaftskrise – Themen, mit denen wir täglich konfrontiert sind, haben auch in den 80er-Jahren das gesellschaftliche Klima der Bundesrepublik bestimmt. Sie bildeten die Lebensrealität junger Maler, die für Furore in der Kunstszene sorgten. Mit ihrer „heftigen Malerei“stellten sie sich gegen den akademisch wahrgenommenen Kunstbetrieb der Zeit und setzten dem Abstrakten eine gegenständliche Bildsprache entgegen.
Einer, der von diesen Bildern früh fasziniert war, war der Laupheimer Pharmaunternehmer und Kunstliebhaber Friedrich Erwin Rentschler (1932–2018). Selbst
Sammler von Minimal Art, Konzeptkunst, Arte Povera sowie postmoderner Werke, erkannte er die Bedeutung der neuen Stilrichtung als künstlerischen Ausdruck des Zeitgeists, wie Kuratorin Sabine Heilig erklärt. Ihre zweite Ausstellung in Rot gibt einen ungewohnt farbenfrohen Einblick in die Sammlung Rentschlers.
Die FER Collection, die über Jahre im Ulmer Stadtregal öffentlich ausgestellt war, kehrte nach dem Tod Rentschlers in dessen ehemaliger Villa in Laupheim zurück. Die nun in Rot gezeigten Werke schlummerten zuletzt im Depot. Über Stefanie Dathe, von 2007 bis 2017 Leiterin des Museums Villa Rot, und Kuratorin der FER Collection kam der Kontakt zur Familie Rentschler zustande.
Schwerpunkt der Ausstellung bilden die Malereien der Gruppe „Mülheimer Freiheit“, die sich unter der namensgebenden Adresse in einem Kölner Hinterhofatelier austobte. Der Kölner Galeristen Paul Maenz, mit dem Rentschler bereits Jahre zusammengearbeitet hatte, wurde damals auf das lose Kollektiv aufmerksam. Die Künstler, Hans Peter Adamski, Peter Bömmels, Walter Dahn, Jiri Georg Dokoupil, Gerard Kever und Gerhard Naschberger, arbeiteten gegen Traditionen in der Kunst an.
Anstatt auf Leinwänden malten die Kölner Künstler auf Bett- und Tischtüchern. Die eigene Lebensrealität wurde zum Motiv, betont Kuratorin Heilig. Einen Eindruck davon gibt Dokoupils Porträt „Heike F. und Brigitte S.“, das zwei Frauen nackt auf Stühlen sitzend zeigt – wohl eine alltägliche Szene im Kölner Atelier.
Auch in anderen deutschen Städten stand die Kunstszene plötzlich kopf. Mit ihren „Bad Paintings“sorgten in Hamburg Werner Büttner und Albert Oehlen für Aufruhr. Sinnbildlich für die Spannungen zwischen Subkultur – die maßgeblich von Punk und New-Wave inspiriert wurde – und Massenkultur steht der „Indianer“mit Pfeil und Bogen des Berliner Künstlers Rainer Fetting.
Eine historische Einordnung bekommen Besucher mithilfe von QR-Codes, über die sich Film- und Tonaufnahmen abrufen lassen. In einer Leseecke können sie in das typische Sofa der 80er-Jahre einsinken und mehr über die Künstler erfahren oder an einem Plattenspieler in den Sound der Zeit eintauchen, den einige der Künstler selbst mit ihren Bands mitprägten.