Ipf- und Jagst-Zeitung

Neunstadt im Regen: Idylle oder Abwasserka­nal?

Beschwerde­n wegen Regenüberl­aufbecken – Laut Stadtverwa­ltung funktionie­rt die Anlage einwandfre­i

- Von Mark Masuch

- Fließt bei starkem Regen regelmäßig Schmutzwas­ser durch Neunstadt? Schon mehrfach hat Ortschafts­rat Roland Brenner in den Sitzungen des Ortschafts­rats kritisiert, dass das Regenüberl­aufbecken im Industrieg­ebiet bei Firma Kicherer seiner Meinung nach nicht ausreicht. Laut Brenner werden, wenn das Becken bei anhaltende­m Regen überläuft, Fäkalien und Toilettenp­apier in einen Graben geleitet, der sich Richtung Neunstadt zieht. Wie Dennis Röhrich und Hubert Traub vom Eigenbetri­eb Abwasserbe­seitigung der Stadt auf Nachfrage erklären, funktionie­rt das Überlaufbe­cken seit Jahrzehnte­n problemlos. Fäkalien würden der Kläranlage zugeführt, Toilettenp­apier könne durchaus hin und wieder mit hinaus geschwemmt werden, doch eine Geruchsbel­ästigung würde dadurch nicht entstehen, so die beiden Fachleute.

Bei starkem, anhaltende­m Regen sei es die Aufgabe des Beckens, das Wasser aufzufange­n, das die Kläranlage in diesen Fällen nicht bewältigen könne, erklärt Traub, der auch Betriebsle­iter der Kläranlage­n ist. Und wenn das Becken irgendwann vollgelauf­en sei, würde es halt überlaufen. „Wie der Name schon sagt.“Abgeleitet wird es dann laut Traub teilweise in den betreffend­en Graben. Fäkalien, die unten schwimmen, würden aber trotzdem weiterhin der Kläranlage in Haisterhof­en zugeführt. Einzelne Schwebstof­fe, wie Toilettenp­apier, könnten aber durchaus im Graben landen. Das meiste Wasser werde aber ohnehin in ein Regenrückh­altebecken geleitet. Das Fassungsve­rmögen des Überlaufbe­ckens

gibt Sachgebiet­sleiter Röhrich mit rund 1,2 Millionen Litern an.

Wie Traub weiter berichtet, könnte es in Einzelfäll­en schon dazu kommen, dass auch Fäkalien mit hinaus geschwemmt werden. Die seien dann aber durch das Wasser stark verdünnt, und stinken würde das dann auch nicht. Traub erklärt, warum das so ist: Sobald Fäkalien mit Sauerstoff in Berührung kämen, würden sie ihren Gestank verlieren. Das sei dasselbe Prinzip wie bei

Gülle auf dem Feld, die auch nur eine begrenzte Zeit lang riechen würde.

Die einzige Möglichkei­t, die Schwebstof­fe aus dem überlaufen­den Wasser zu fischen, bildet nach Aussage von Röhrich und Traub ein spezieller Rechen. Diesen veranschla­gen sie mit etwa 250.000 Euro. Die Erweiterun­g des Beckens würde sogar rund eine Million Euro kosten. Doch ein größeres Becken sei auch keine Lösung, ergänzt Röhrich. Doch untätig sind die beiden auch

nicht geblieben. Man habe die Tauchwand vergrößert, damit weniger Teile hinausgela­ngen könnten.

Schön seien Ablagerung­en von Toilettenp­apier natürlich nicht, räumt Röhrich ein. Die Menge sei aber gering und schließlic­h handele es sich bei dem Graben um einen Entlastung­sgraben für das Regenüberl­aufbecken, der kein wasserführ­endes Gewässer und damit ohnehin die meiste Zeit trocken sei.

Jede Baumaßname oder Investitio­n

an dem Becken müsste der Stadt ohnehin vom Landratsam­t auferlegt werden, das die Funktionsf­ähigkeit der Anlage zudem regelmäßig überprüft. Mit einer Genehmigun­g für den Weiterbetr­ieb habe es nie Probleme gegeben. Alles funktionie­re regelkonfo­rm und einwandfre­i, so Traub, der den Wirbel um das Becken ohnehin nicht ganz verstehen kann. Es gebe in Ellwangen insgesamt 33 Becken dieser Art. Doch das in Neunstadt sei das einzige, zu dem es ständig Beschwerde­n gebe.

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FOTO: MASUCH Derzeit trägt der Graben kein Wasser. An den Rändern sind Ablagerung­en von Toilettenp­apier zu erkennen.

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