Auch Drosten und Streeck im neuen Gesundheitsrat
Gremium der Bundesregierung greift auf Experten aus der Zeit der Pandemiebekämpfung zurück
- Während über die Aufarbeitung der Corona-Politik noch diskutiert wird, hat die Bundesregierung - von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt - ein neues Expertengremien geschaffen. Es soll, so drückte es Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) aus, „künftigen Gesundheitskrisen bestmöglich begegnen“können.
Im neuen Expertenrat, der unter dem Titel „Gesundheit und Resilienz“firmiert, finden sich viele Mitglieder wieder, die auch schon in dem inzwischen aufgelösten Corona-Expertenrat saßen und die Bundesregierung in der Pandemie mit laut Scholz „fundierten Empfehlungen“versorgten. Besonders prominente Namen, ohne die in der Pandemie fast keine Talkshow über die Bühne ging: Christian Drosten, Leiter des Instituts für Virologie der Charité – Universitätsmedizin Berlin, Alena Buyx, Vorsitzende des Deutschen Ethikrates und Hendrik Streeck, Direktor des Institutes für Virologie und HIV-Forschung an der Medizinischen Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelms Universität Bonn. Auch der Vorsitz des Gremiums bleibt in bekannten Händen: Den Rat führt Heyo K. Kroemer, Vorstandsvorsitzender der Berliner Charité.
Dem Gremium gehören also Wissenschaftler unterschiedlicher Fachrichtungen an, unter anderem Public Health, Epidemiologie, Ethik, Medizin, Modellierung,
Pflegewissenschaft, Psychologie, Sozialwissenschaften und Virologie. Es sind also teils die gleichen Experten, deren laut Kanzler „fundierte Empfehlungen“im Nachhinein kontrovers diskutiert werden. Den Kanzler beirrt das nicht. Schon bei der Vorstellung des neuen Expertenrates betonte er: „Eine Lehre aus der Pandemie ist, dass wir unser Gesundheitswesen widerstandsfähiger und robuster aufstellen – auch im Hinblick auf die Folgen des Klimawandels und der demograf ischen Entwicklung. Ich danke allen Mitgliedern für ihre Bereitschaft, an dieser Zukunftsaufgabe mitzuwirken.“
Ihr Befremden über die Zusammensetzung des neuen Gremiums äußerte hingegen die Deutsche Gesellschaft für Allgemeinund Familienmedizin. Es sei unverständlich, dass die evidenzbasierte Allgemeinmedizin im neu berufenen Expertenrat nicht vertreten sei. Damit hätten die Hausärzte als größte medizinische Berufsgruppe, die sich Tag für Tag für die Gesundheit der breiten Bevölkerung einsetze, in einem nationalen Beratergremium erneut keine Stimme, so die Kritik der medizinischen Gesellschaft.
Die Kassenärztliche Vereinigung Berlin bemängelte das Fehlen von Vertretern aus der ambulanten Medizin und sah darin ein Zeugnis „der ständigen Ignoranz und Unkenntnis über die Bedeutung der Niedergelassenen – gerade auch während der Pandemie“.