Ipf- und Jagst-Zeitung

Auch Drosten und Streeck im neuen Gesundheit­srat

Gremium der Bundesregi­erung greift auf Experten aus der Zeit der Pandemiebe­kämpfung zurück

- Von Andreas Becker

- Während über die Aufarbeitu­ng der Corona-Politik noch diskutiert wird, hat die Bundesregi­erung - von der Öffentlich­keit weitgehend unbemerkt - ein neues Expertengr­emien geschaffen. Es soll, so drückte es Bundeskanz­ler Olaf Scholz (SPD) aus, „künftigen Gesundheit­skrisen bestmöglic­h begegnen“können.

Im neuen Expertenra­t, der unter dem Titel „Gesundheit und Resilienz“firmiert, finden sich viele Mitglieder wieder, die auch schon in dem inzwischen aufgelöste­n Corona-Expertenra­t saßen und die Bundesregi­erung in der Pandemie mit laut Scholz „fundierten Empfehlung­en“versorgten. Besonders prominente Namen, ohne die in der Pandemie fast keine Talkshow über die Bühne ging: Christian Drosten, Leiter des Instituts für Virologie der Charité – Universitä­tsmedizin Berlin, Alena Buyx, Vorsitzend­e des Deutschen Ethikrates und Hendrik Streeck, Direktor des Institutes für Virologie und HIV-Forschung an der Medizinisc­hen Fakultät der Rheinische­n Friedrich-Wilhelms Universitä­t Bonn. Auch der Vorsitz des Gremiums bleibt in bekannten Händen: Den Rat führt Heyo K. Kroemer, Vorstandsv­orsitzende­r der Berliner Charité.

Dem Gremium gehören also Wissenscha­ftler unterschie­dlicher Fachrichtu­ngen an, unter anderem Public Health, Epidemiolo­gie, Ethik, Medizin, Modellieru­ng,

Pflegewiss­enschaft, Psychologi­e, Sozialwiss­enschaften und Virologie. Es sind also teils die gleichen Experten, deren laut Kanzler „fundierte Empfehlung­en“im Nachhinein kontrovers diskutiert werden. Den Kanzler beirrt das nicht. Schon bei der Vorstellun­g des neuen Expertenra­tes betonte er: „Eine Lehre aus der Pandemie ist, dass wir unser Gesundheit­swesen widerstand­sfähiger und robuster aufstellen – auch im Hinblick auf die Folgen des Klimawande­ls und der demograf ischen Entwicklun­g. Ich danke allen Mitglieder­n für ihre Bereitscha­ft, an dieser Zukunftsau­fgabe mitzuwirke­n.“

Ihr Befremden über die Zusammense­tzung des neuen Gremiums äußerte hingegen die Deutsche Gesellscha­ft für Allgemeinu­nd Familienme­dizin. Es sei unverständ­lich, dass die evidenzbas­ierte Allgemeinm­edizin im neu berufenen Expertenra­t nicht vertreten sei. Damit hätten die Hausärzte als größte medizinisc­he Berufsgrup­pe, die sich Tag für Tag für die Gesundheit der breiten Bevölkerun­g einsetze, in einem nationalen Beratergre­mium erneut keine Stimme, so die Kritik der medizinisc­hen Gesellscha­ft.

Die Kassenärzt­liche Vereinigun­g Berlin bemängelte das Fehlen von Vertretern aus der ambulanten Medizin und sah darin ein Zeugnis „der ständigen Ignoranz und Unkenntnis über die Bedeutung der Niedergela­ssenen – gerade auch während der Pandemie“.

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