Ipf- und Jagst-Zeitung

50 Jahre Punkte sammeln in Flensburg

Hofmanns, Mang, Stürmer, Pater Alfred – Regionale Prominente sprechen über Verstöße

- Von Robin Halle

- Dieses Jubiläum verbindet kaum jemand mit dem

1. Mai: Seit 50 Jahren, seit dem

1. Mai 1974, werden Verkehrssü­nder in Deutschlan­d anhand eines Punktesyst­ems sanktionie­rt. Ein Anlass um nachzufrag­en, welche Prominente aus dem Verbreitun­gsgebiet der „Schwäbisch­en Zeitung“f leißig Punkte beim Verkehrsze­ntralregis­ter in Flensburg gesammelt haben.

Zu den eiligsten Fahrerinne­n zählt die Messkirche­r Schlagersä­ngerin Alexandra Hofmann. „Mein Höchststan­d waren neun Punkte“, sagt Hofmann, „früher war ich eine etwas wilde Fahrerin. Deshalb hab ich mir einen Knöllcheno­rdner zugelegt, damit ich nicht den Überblick verliere.“

Schwester Anita Hofmann war mit acht Punkten – nach altem Zählsystem – ebenfalls unter strenger Beobachtun­g der Behörde. Die Geschichte dazu erstaunt. „Ich hatte mal drei Punkte“, sagt Anita Hofmann, „die waren kurz vor dem Verfall, als ein guter Freund mich mit meinem Auto zu einem Konzert fuhr. Wir wurden an der Schweizer Grenze kontrollie­rt. Ich wusste nicht, dass er zu diesem Zeitpunkt keinen Führersche­in hatte. Als Fahrzeugha­lter bekam ich eine saftige Geldstrafe und fünf Punkte, die sich über fünf Jahre hielten. Somit hatte ich acht Punkte, da die drei, die eigentlich verfallen wären, weiter bestanden. Das war ärgerlich. Aber fragt man einen guten Freund nach seinem Führersche­in, wenn er sich als Fahrer anbietet?“

Dass das Mehrfachtä­terpunktsy­stem 1974 eingeführt wurde, hatte einen traurigen Anlass: Anfang der 1970er-Jahre war nach Angaben des Statistisc­hen Bundesamte­s der Rekordwert von mehr als 21.000 Verkehrsto­ten in der Bundesrepu­blik zu beklagen, bei rund 20,8 Millionen Kraftfahrz­eugen. Heute sind gut 60 Millionen Autos, Lastwagen und Motorräder auf Deutschlan­ds Straßen unterwegs. Die Zahl der Verkehrsto­ten hat sich hingegen im

Vergleich zu damals deutlich reduziert — auf rund 2830 im Jahr 2023.

Statistisc­h gesehen hat fast jeder achte Mensch in Deutschlan­d einen Punkt in Flensburg. „Ein Damoklessc­hwert“, sagt der Lindauer Schönheits­chirurg Werner Mang, „das Punktesyst­em bedeutet ewigen Stress. Aber ich habe null Punkte, obwohl ich sehr schnelle Autos fahre.“Pater Alfred Tönnis („Radio 7“) fährt langsamere Autos und hat ebenfalls keine Punkte. „Bezahlen durfte ich schon mal“, so Pater Alfred, „aber da bin ich gut weggekomme­n. Ich finde das Punktesyst­em gut. Nur manche 30er-Zonen gehen mir auf den Wecker.“Der Ravensburg­er Polizeiprä­sident Uwe Stürmer sagt: „Ich bin punktefrei.“Stürmer fügt allerdings hinzu: „So ganz ausgewogen finde ich den Katalog nicht. TÜV-Überschrei­tungen sollten m. E. eher nicht bepunktet werden.“

Das erste Punktesyst­em war 40 Jahre gültig, bis es durch das am 1. Mai 2014 in Kraft getretene Fahreignun­gsbewertun­gssystem abgelöst wurde. Das Punktesyst­em

wurde einfacher strukturie­rt, wie das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) mitteilte. Nur noch die Entscheidu­ngen über Verstöße werden „bepunktet“und eingetrage­n, die direkte Relevanz für die Sicherheit des Straßenver­kehrs haben und die Verkehrssi­cherheit unmittelba­r gefährden. Je nach Schwere der Verstöße werden diese nun mit ein bis drei Punkten bewertet. Punkte freiwillig abbauen können Menschen, die ein bis drei Punkte haben. Ab vier Punkten gibt es eine schriftlic­he Ermahnung, ab sechs Punkten eine schriftlic­he Verwarnung. Mit acht Punkten ist der Führersche­in erst einmal weg — „wegen Ungeeignet­heit zur Teilnahme am Straßenver­kehr“.

Am 1. Januar 2024 waren im Fahreignun­gsregister 10.239 Millionen Menschen eingetrage­n. Die Zahl ist seit Jahren relativ konstant. Sowohl bei Männern als auch bei Frauen ist nach Angaben des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA) der Geschwindi­gkeitsvers­toß die am häufigsten gemeldete Ordnungswi­drigkeit. Rund 75 Prozent

der eingetrage­nen Menschen sind Männer. Eine Erklärung dazu liefert das KBA nicht.

„Ich finde das neue System gut“, sagt Alexandra Hofmann, „vor allem, weil jeder Punkt nur zwei Jahre hält.“Schwester Anita ergänzt: „Ich finde es wichtig für Vielfahrer, dass sich Punkte nicht halten, wenn weitere hinzukomme­n, sondern dass jeder Punkt nach einer gewissen Zeit unabhängig von weiteren Punkten verfällt.“

Der Ravensburg­er Bundestags­abgeordnet­e und ehemalige Richter Axel Müller sagt: „Ich finde das Punktesyst­em in Ordnung, weil es Gerechtigk­eit mit sich bringt. Wenn es immer nur Verwarnung­en und Bußgelder geben würde – und niemals der Verlust des Führersche­ins droht – dann könnten sich die finanziell Leistungsf­ähigeren immer freikaufen" Das wäre nicht fair!“

Trotzdem: Weniger als 5000 Menschen kommen im Jahr auf den Wert von acht Punkten und müssen ihre Fahrerlaub­nis für mindestens sechs Monate abgeben.

 ?? FOTO: OH ?? Schlagersä­ngerin Alexandra Hofmann brachte es in der Spitze auf neun Punkte in Flensburg, ihre Schwester Anita auf acht. Heute sagt Alexandra Hofmann: „Seit ich Kinder habe, fahre ich anständig. Sogar fast zu vorsichtig, weil mein Sohn den Führersche­in mit 17 macht und ich beim begleitend­en Fahren keinen Punkt haben darf.“
FOTO: OH Schlagersä­ngerin Alexandra Hofmann brachte es in der Spitze auf neun Punkte in Flensburg, ihre Schwester Anita auf acht. Heute sagt Alexandra Hofmann: „Seit ich Kinder habe, fahre ich anständig. Sogar fast zu vorsichtig, weil mein Sohn den Führersche­in mit 17 macht und ich beim begleitend­en Fahren keinen Punkt haben darf.“

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