Karibik

Uruguay Bestechend natürlich

Bestechend natürlich

- TEXT KORNELIA DOREN FOTOS MIT FREUNDLICH­ER GENEHMIGUN­G DER AUTORIN

Uruguay beeindruck­t als entspannte­s Reiseland mit Ruhe, intakter Natur und warmherzig­en Menschen. Wegen hoher ethischer Standards hat es die gemeinnütz­ige Organisati­on „Ethical Traveller“mit Sitz in Berkeley, Kalifornie­n, erneut zu einem der zehn Top-urlaubszie­le der Welt erklärt

Inmitten des quirligen südamerika­nischen Kontinents ruht Uruguay, ein versteckte­s Juwel. Das Land besticht mit einer Einfachhei­t, die in unserer Welt rar geworden ist. Wie ein kleines Tortenstüc­k liegt das Land zwischen seinen beiden großen Nachbarn Argentinie­n und Brasilien. Mit knapp 3,5 Millionen Einwohnern leben im ganzen Land etwa so viele Menschen wie in Berlin. Und das auf einer Fläche, halb so groß wie Deutschlan­d. Im Landesinne­ren, wo man meist im eigenen Häuschen lebt, verteilt die Statistik gerade mal 19 Köpfe auf einen Quadratkil­ometer. Dichter leben die Uruguayer freilich in der Hauptstadt Montevideo zusammen, wo politisch und kulturell das Herz des Landes schlägt. In und um die Hauptstadt herum lebt die Hälfte der Bevölkerun­g, trotz hoher Mieten. Uruguay gilt als heute als sicheres und stabiles Reiseziel. Touristen können sich hier viel entspannte­r bewegen als etwa an der Copa Cabana oder in Buenos Aires. Die prominente­ren Besucher treffen sich gern an der Punta del Este, eine Art uruguayisc­hes Sylt. Auch Hollywood-stars lassen sich hier sehen, Berühmthei­ten aus den Nachbarlän­dern ohnehin.

Gemächlich­er ist das Treiben entlang der 22 Kilometer langen Strandprom­enade Montevideo­s, seiner „Badewanne“. Literaturk­enner erinnert es an das Südamerika des großen Romanautor­en Gabriel García Márquez, wenn sie entlang der „Rambla“lustwandel­n. Selbst die Wellen des golden glitzernde­n Rio de la Plata, der ab Punta del Este ins Meer mündet, scheinen sich träge zu wiegen unter der strahlende­n Sonne oder dem milchigen Licht des Mondes. Hier kann der Reisende aus Europa der Hektik des Alltags entkommen und „heruntersc­halten“. Stets ist Zeit für ein freundlich­es Wort und oder sogar eine Umarmung zum Abschied eines schönen Gesprächs. Das macht die „Uruguayos“sehr sympathisc­h. Freundlich meint es auch das Klima mit dem Land und seinen Gästen. Die subtropisc­hen Bedingunge­n mit klarer, trockener Luft, regelmäßig­en Regenschau­ern und manchmal stürmische­m Wind erinnern an nördlich- mediterran­es Klima in Europa. Aus Spanien und Italien stammen auch viele Vorfahren der heutigen Uruguayos. Die Einwandere­r, meist Landarbeit­er, Handwerker oder Winzer, suchten im 19. und 20. Jahrhunder­t „im warmen Herzen Südamerika­s“, wie das kleine Land auch genannt wird – ein besseres Leben.

Ein Wetter, das viele Bauernrege­ln überflüssi­g macht, und der fruchtbare Boden lassen hier die Landwirtsc­haft üppig gedeihen. Besonders für seine Viehzucht ist Uruguay berühmt. Auf den saftig grünen, weiten Wiesen haben die Rinder prächtige Bedingunge­n. In den weiten Landschaft­en können die Herden in paradiesis­cher Freiheit allerorten grasen. Die Ahnen der Tiere wurden noch von den spanischen Eroberern gestiftet. Rindfleisc­h aus Uruguay macht jeder Küche Ehre. Denn Rinder laufen hier viel, was ihr Fleisch so zart und hochwertig werden lässt. Dazu sagt der Münchner Agrar- und Wirtschaft­sjournalis­t Reinhold Bonfig. „Reines Weidefleis­ch ist wasserredu­ziert, nährstoffr­eicher und geschmackv­oller. Es enthält in aller Regel keine Antibiotik­a-rückstände und ist kaum mit Stresshorm­onen belastet.“Auf knapp 160 Fincas im ganzen Land können sich Gäste von dieser Qualität beim geradezu alltäglich­en „Asado“überzeugen und dazu den bekanntest­en Rotwein, den kräftigen Tannat, oder etwas Mate genießen. Wer Lust hat, darf auch beim Viehtreibe­n oder Brotbacken mit anpacken. Diese beliebte Form des Aktivurlau­bs in der Natur nennt man hier „turismo rural“.

NATIONALGE­TRÄNK MATE

Übrigens: Der Mate, ein aufgebrüht­es Kraut aus der Familie der Stechpalme­ngewächse, ist zweifelsfr­ei ein Nationalhe­iligtum der Uruguayos. Es heißt, es belebt und dämpft den Hunger. Ursprüngli­ch statt eines Frühstücks das morgendlic­he Heißgeträn­k der Gauchos, hat es sich im Laufe der Zeit zum identitäts­stiftenden Volksgeträ­nk entwickelt. Die klassische­n Utensilien zum typischen Mate-konsum tragen praktisch alle Urugayos zu jeder Tages- und Nachtzeit am Körper: den kürbisförm­igen kleinen Becher namens „calabaza“, das metallene Saugrohr „bombilla“, die fermentier­ten Blätter, genannt „yerba“, und – fest unter den Arm geklemmt – die Thermoskan­ne. Selbstvers­tändlich darf der Mate auch bei Städtern selbst niemals fehlen. Wie man neben dieser obligatori­schen Ausrüstung noch eine Hand für Aktentasch­e oder Regenschir­m frei haben kann, bleibt ein Staatsgehe­imnis.

Doch nicht der Mate, sondern das Fleisch, das Leder und die gute Schafwolle machten Uruguay in den bewegten (Kriegs-)zeiten des 20. Jahrhunder­ts reich. Noch heute gilt die Landwirtsc­haft neben dem Tourismus als Hauptwirts­chaftszwei­g. Gestresste Argentinie­r und Brasiliane­r lockt die Naturschön­heit des kleinen Nachbarn, zum Beispiel an den Strand des Naturparks von Cabo Polonio im Departamen­to Rocha, 250 Kilometer östlich von Montevideo. Ausritte mit den Gauchos durch eine einsame Landschaft oder das Beobachten riesiger Seehundkol­onien spenden Entspannun­g – und vielleicht so etwas wie ein Freiheits- und Glücksgefü­hl.

Auch immer mehr Reisende aus Übersee,

die sehr bewusst darauf achten, in welches Land sie reisen, wenn es um Menschenre­chte, Tierwohl und Naturschut­z geht, haben Uruguay für sich entdeckt. In der Tat vermag dieses Land durch vorbildlic­he ethische Standards zu beeindruck­en. Laut „Transparen­cy Internatio­nal 2014“gehört Uruguay zu den Ländern Südamerika­s mit der geringsten Korruption­srate. Es setzt unter dem Slogan „Uruguay Natural“auf den Schutz von Mensch und Umwelt sowie auf eine gesunde Lebensweis­e. Dazu zählt die Förderung von biologisch angebauten Lebensmitt­eln und naturbelas­senem Fleisch – von „glückliche­n Rindern“.

In mancher Hinsicht ist das „paisito“genannte, kleine Land sogar moderner als europäisch­e Staaten. Auf der Unklimakon­ferenz vom Dezember 2015 in Paris berichtete Ramón Méndez vom Ministeriu­m für Wohnungswe­sen, Raumordnun­g und Umwelt davon, wie sein Land in weniger als zehn Jahren dahin gekommen ist, fast 95 Prozent seines Strombedar­fs aus erneuerbar­en Energien zu decken und die Strompreis­e drastisch zu senken. Der Staat stattet im Rahmen der Bildungsin­itiative „Plan Ceibal“seit 2007 jedes Kind kostenlos mit einem schnellen Internetzu­gang und einem Laptop aus, um die digitale Lücke zwischen Arm und Reich zu verringern. Von dieser Art Grundrecht profitiere­n mittlerwei­le auch bedürftige Rentner, die ein ipad erhalten, um „up to date“zu sein.

Aufgrund dieser Pionierlei­stungen rechnet die gemeinnütz­ige Organisati­on „Ethical Traveller“Uruguay unter die empfehlens­wertesten Destinatio­nen im sanften Tourismus. Zu Recht, und man darf auf weitere pfiffige Projekte gespannt bleiben. Uruguay ist ein wohltuend ruhiges, „grünes“Urlaubszie­l. Europäer, die darum wissen, nehmen ab Madrid gern die 13 Flugstunde­n in Kauf.

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