Die mit dem Ende kokettieren
Erfolg hatte das Ensemble „Gregorian“jede Menge. Gerade befindet es sich auf Abschiedstournee – oder doch nicht?
Acht Herren in dunklen, glitzernden Mönchskutten schreiten majestätisch über die Bühne. Ihr Gesang im Stil des gregorianischen Chorals hüllt die Zuschauer wohlig ein. Die Schwabenhalle ist in dunkelblaues Licht getaucht. So atmosphärisch beginnt das letzte Kapitel von Gregorian.
Die selbst ernannten „Masters of Chant“gastierten am Sonntag mit ihrer Abschiedstournee „The Final Chapter“in Augsburg. Wobei von Abschied eigentlich keine Rede sein kann, verwiesen die Sänger in ihren Zwischenmoderationen doch immer wieder darauf, dass sie vielleicht in ein paar Jahren wiederkommen werden. „Es ist das Ende einer Ära – oder doch nicht.“
Egal, ob die Gruppe weitermacht oder nicht, schon jetzt kann sie auf eine beeindruckende Karriere zurückschauen. 18 Jahre, 17 Alben und über 1000 Konzerte. Ihre Platten erzielten in 24 Ländern Goldund Platin-Status. Das Erfolgsrezept von Gregorian, das auf einer Idee des Hamburger Musikproduzenten Frank Peterson beruht, sind besondere Coverversionen. Die ausgebildeten Sänger lassen bekannte Pop- und Rocksongs mit gregorianischem Gesang verschmelzen. Bei ihrem Auftritt in Augsburg erhielt dadurch beispielsweise „Nothing else matters“von Nirvana einen religiösen Einschlag und „Stay“von Hurts wirkte mystisch.
Bei ihren kraftvollen Interpretationen blieben die Sänger stets ruhig und verharrten in reglosen Mienen. Die Hände vor der Brust gefaltet, liefen sie die Bühne in kleinen Formationen auf und ab. Das war aber alles andere als langweilig, denn um sie herum tobte eine Licht- und Feuershow. Bei „Engel“von Rammstein zum Beispiel trommelte der Schlagzeuger mit brennenden Drumsticks, um einige Lieder später sogar Feuer zu spucken. Bei „The last Unicorn“trugen die „Mönche“selbst Laserhandschuhe und wirkten damit wie Jedi-Ritter aus Star Wars. Dann traten sie wiederum mit beleuchteten Regenschirmen auf die Bühne, von denen echte Wassertropfen abperlten – passend zu „Crying in the Rain“, im Original von A-ha. Ein anderes Mal ließen sie mithilfe von Spiegeln Lichtreflexe durch die Publikumsreihen wandern.
Bei einigen Songs unterstützte Sopranistin Amelia Brightman, die Schwester von Sarah Brightman, die Männer. Sie erreichte stimmliche Höhen, die einzig von Narcis Iustin Ianau übertroffen wurden, einem 21-jährigen Sänger aus Rumänien. Der junge Mann, der in seinem Heimatland den zweiten Platz im Pendant von „Das Supertalent“erreicht hatte, legte unter anderem eine beeindruckende Performance des Adagio von Tomaso Albinoni hin.
Zum Ende der Show hin interpretierte der junge Sänger noch „Time to say goodbye“– schließlich sollte es eine Abschiedstour sein. Die acht Mönche wählten hingegen das nicht ganz so kitschige „Gute Nacht, Freunde“von Reinhard Mey. Sie sangen es a cappella und auf Deutsch, obwohl der Großteil der Sänger aus Großbritannien kommt. Für ihre Interpretation des Stückes verließen sie die Bühne und stellten sich zwischen die Stuhlreihen. Nach der Zugabe mussten die rund 1200 Zuschauer nach etwas mehr als zwei Stunden schließlich wirklich Abschied nehmen: für immer – oder doch nicht.