Terrorgefahr bereitet Ermittlern viel Arbeit
Die Zahl der Überstunden bei der Augsburger Polizei ist auf über 100000 angestiegen. Stark betroffen ist die Dienststelle zur Bekämpfung von Extremismus und Mafiastrukturen. Aber auch andere Beamte haben viel zu tun
Die Arbeit geht so schnell nicht aus. Im Gegenteil: Auch in Augsburg ist die Polizei zuletzt immer stärker gefordert worden. Die Terrorgefahr sorgt dafür, dass bei Veranstaltungen und Großereignissen wie zuletzt dem Christkindlesmarkt mehr Beamte benötigt werden. Gleichzeitig stellen umherreisende Einbrecherbanden die Polizei vor eine Herausforderung. Ermittlungen der Kriminalbeamten werden schwieriger und zeitaufwendiger, weil die Täter moderne Technik nutzen – zum Beispiel eine Vielzahl von Handys und verschlüsselte Kommunikation.
Bundesweit klagen die Gewerkschaften über einen Berg von Überstunden bei den Polizeibehörden – auch die Polizei in Augsburg ist davon betroffen. Daten, die unserer Zeitung vorliegen, zeigen, dass die Beamten im Bereich des Augsburger Polizeipräsidiums bis Ende des Jah- 2016 insgesamt 102 289 Überstunden angesammelt haben. Damit hatte jeder Beamte in Nordschwaben am 31. Dezember 2016 im Schnitt 60 Überstunden. Damit ist der Berg der Mehrarbeit im Vergleich zu Ende 2015 noch einmal leicht angestiegen. Damals waren es pro Beamter 59 Stunden.
Zwar hat die Politik inzwischen reagiert. Die Zahl der Neueinstellung bei der bayerischen Polizei ist deutlich angestiegen. Doch es dauert, bis die jungen Beamten ausgebildet sind und eingesetzt werden können. Noch ist es so, dass nahezu alle Dienststellen unterbesetzt sind. Eine Statistik aus dem Jahr 2015 zeigt auch, dass das Augsburger Präsidium zu den Regionen gehört, in denen besonders viele Überstunden angesammelt worden sind. Nur in Oberbayern und in der Stadt München war die Zahl der Überstunden pro Kopf noch höher. München führte die Statistik mit im Schnitt um die 80 Stunden Mehrarbeit an. In München sind es vor allem die Kriminalbeamten, die besonders viel zusätzliche Dienststunden zu stemmen hatten. Das ist auch in Augsburg der Fall. Hier führt in Sachen Überstunden eine Dienststelle mit einem sperrigen Namen, die aber eine wichtige Arbeit erledigt: die Kriminalpolizeiinspektion mit Zentralaufgaben, kurz KPI-Z.
Um die 70 Ermittler sind dort in erster Linie zuständig für die Überwachung von Extremisten und für die Bekämpfung von Organisierter Kriminalität. Sie hatten zuletzt einiges an Arbeit, unter anderem durch die gestiegene Terrorgefahr, sagt der Augsburger Polizeisprecher Thomas Rieger. Die Zahl der Überstunden pro Kopf bei der KPI-Z lag Ende vorigen Jahres bei 161 Stunden, 2015 waren es noch 148 Stunden. Zwar gab es in Augsburg im vorigen Jahr keinen islamistischen Anschlag. Doch auch hier leben sores genannte Gefährder, die sich im Fokus der Ermittler befinden. Zuletzt wurde die Zahl der islamistischen Gefährder als „einstellig im unteren Bereich“angegeben. Der Aufwand bei Ermittlungen ist allerdings hoch. So müssen mitunter eine Vielzahl von Fremdsprachen übersetzt werden. Außerdem ist es wichtig, dass die Ermittler ständig Kontakt zu anderen Behörden halten und ihre Erkenntnisse austauschen.
Ebenfalls stark mit Überstunden belastet ist die normale Kriminalpolizei in Augsburg. Hier waren es am 31. Dezember 2016 pro Kopf 86 Überstunden. Bei den Kripobeamten sammeln sich mitunter schnell Überstunden an, wenn sich ein Fall als schwierig oder komplex herausstellt. Ein Beispiel dafür ist der Fall der beiden ermordeten Frauen im Gersthofer Stadtteil Hirblingen. Die Kripo bildete im Dezember eine 35-köpfige Sonderkommission, die einen direkten Nachbarn als Tatverdächtigen überführte. Beamte der Soko arbeiteten teilweise auch über die Weihnachtsfeiertage.
In den Polizeiinspektionen, in denen die Beamten viel auf Streife sind, sind die Überstunden nicht ganz so hoch. Das heißt aber nicht, dass der Dienst die Beamten dort nicht ebenfalls stark fordert. Es ist ein anderer Druck. „Die Beamten müssen sich immer wieder gegen Angriffe wehren und sind oft Beleidigungen ausgesetzt“, sagt Polizeisprecher Rieger. Ein Beispiel für solche Einsätze ist das Nachtleben in der Innenstadt. Das ist auch ein Grund dafür, weshalb vor allem jüngere Beamte zur Inspektion Mitte gehen, die sich für solche Situationen auch körperlich besser gewappnet sehen. »Kommentar
Soko Mitglieder arbeiteten auch über Weihnachten