Der unsichtbare Killer
Warum Kohlenmonoxid wie bei dem Unglück von Arnstein so gefährlich ist und wie man sich vor einer tödlichen Vergiftung schützen kann
Bereits geringste Konzentrationen können zu Bewusstlosigkeit führen – und zum Tod. „Das Problem ist, dass Kohlenmonoxid mit einer 300-fach stärkeren Affinität als Sauerstoff an den roten Blutfarbstoff bindet“, erklärt Mediziner Jany. Es verdrängt den Sauerstoff aus dessen Bindung mit Hämoglobin im Blut. „Der Tod tritt durch inneres Ersticken ein“, erklärt der Würzburger Notfallmediziner Professor Peter Sefrin. Hämoglobin ist im Blutkreislauf für den Transport von Sauerstoff zu den Organen zuständig. Werden Hämoglobin-Moleküle durch das angedockte Kohlenmonoxid blockiert, kann der eingeatmete Sauerstoff nicht mehr im Körper verteilt werden. „Selbst geringe Mengen Kohlenmonoxid in der Atemluft reichen für eine Vergiftung aus“, sagt Sefrin. Erste Symptome, so der Bun- desarzt im Deutschen Roten Kreuz, sind Kopfschmerzen, Schwindel und Übelkeit. Sie treten auf, wenn an rund einem Viertel der HämoglobinMoleküle Kohlenmonoxid gebunden ist. „Bei 40 Prozent Kohlenmonoxid-Hämoglobin wird es kritisch“, sagt Internist Berthold Jany. „Bei 50 bis 60 Prozent ist es tödlich.“
Wie entsteht Kohlenmonoxid?
Entstehen kann Kohlenmonoxid bei der Verbrennung von kohlenstoffhaltigen Substanzen wie Kohle, Öl, Gas oder Holz – insbesondere dann, wenn die Sauerstoffzufuhr unzureichend ist und die Verbrennung deshalb unvollständig abläuft. Werden Kohle, Holz oder Gas vollständig verbrannt, entsteht Kohlendioxid (CO2). Das ist zwar ungiftig, doch kann man daran ebenfalls ersticken, wenn die Konzentration in einem geschlossenen Raum zu hoch ist.
Wo ist das Risiko besonders hoch, sich mit Kohlenmonoxid zu vergiften?
Kohlenmonoxidvergiftungen kommen vor allem im häuslichen Bereich vor. Unzureichend gewartete Gasthermen oder Gas- oder Ölheizungen sind in vielen Fällen die Ursache, dass tödliches Kohlenmonoxid freigesetzt wird. Aber auch ein schlecht ziehender offener Kamin oder Ofen könne verantwortlich dafür sein, sagt Jany. Und Notarzt Sefrin verweist auf Kohlegrills oder benzinbetriebene Geräte. Im Freien kein Problem, könne das von ihnen abgegebene Kohlenmonoxid in geschlossenen Räumen zur gefährlichen Konzentration führen.
Wie kann eine Kohlenmonoxidvergiftung behandelt werden?
Die einzige Behandlungsmöglichkeit bei einer CO-Vergiftung ist die Beatmung mit reinem Sauerstoff. Der kann hoch dosiert einen Teil des Kohlenmonoxids wieder vom roten Blutfarbstoff verdrängen – allerdings nur sehr langsam. Eigentlich müssten die Betroffenen möglichst schnell in eine Überdruckkammer gebracht werden, sagt Jany. „Aber die gibt es fast nirgends.“
Wie können Betroffene vor einem Kohlenmonoxidaustritt gewarnt werden?
Auch für Rettungskräfte ist Kohlenmonoxid ein Problem – eben weil man es nicht sieht oder riecht. Inzwischen seien die Rettungsdienste zunehmend mit CO-Warnern ausgestattet, sagt Jany. CO-Warner messen das tückische Gas, bevor die Retter einen geschlossenen Raum betreten. CO-Warner, die für etwa 30 bis 40 Euro erhältlich sind, können auch fest in Räumen installiert werden. Wie Rauchmelder geben sie im Notfall ein Signal ab. Wer ein solches Gerät installieren will, sollte darauf achten, dass es nach der in Europa geltenden Norm (EN 50291) zertifiziert ist. Frank Hachemer, Vizepräsident des Deutschen Feuerwehrverbands, empfiehlt COWarner allen, die mit brennbaren Stoffen in geschlossenen Räumen arbeiten. Etwa jenen, die im Winter einen Holzofen oder offenen Kamin betreiben. Ofenbesitzer sollten sich außerdem mit der Belüftungstechnik vertraut machen. Florian Fastner, Sprecher der Würzburger Berufsfeuerwehr, warnt zudem vor Leichtsinn: „Man sollte nicht in geschlossenen Räumen mit Kohle grillen oder Kohle in Räumen abkühlen lassen.“