Lustige Streiche mit der Kunst
Im Holbeinhaus ist zu sehen, wie Hank Schmidt in der Beek den Größen der Bilderwelt zu Leibe rückt
Der Künstler Hank Schmidt in der Beek (38), der die Collage schuf, wusste es nicht; und der Kunstverein Augsburg, der sie plakatierte, wusste es auch nicht: „Timber Piece“von Carl Andre, eine 1964 aus Holzklötzen zusammengesetzte Skulptur, ist eine von der Art, wie sie der New Yorker Galerist Bellamy im kalten Winter 1960 verheizte. Er ahnte damals nicht, dass er sich an einem späteren Säulenheilige des Minimalismus verging.
Eine Abbildung von Andres „Timber Piece“hat Hank Schmidt in der Beek genommen und einen verschwindend kleinen Schlumpf draufgesetzt, der sich mit einer Handsäge an dem großen Klotz zu schaffen macht. Was lächerlich wirkt, scheint durch die Geschichte vom verheizten Carl Andre doch irgendwie beglaubigt.
So kann es geschehen bei Ironie und Aberwitz, mit denen Hank unter Zuhilfenahme von Comic-Gestalten der Peanuts, der Panzerknacker, der Schlümpfe, auch von Max und Moritz oder Dick und Doof den Größen der Bildkunst und der Populärkultur zu Leibe rückt, um sie von ihrer angewachsenen Bedeutungslast zu befreien. „Chirurgische Präzision“wird seiner dadaistischen Methode des Collagierens, Montierens, Intervenierens nachgesagt und die Wirkung seiner „Kontextverschiebungen“hervorgehoben. Wie der kleine Schlumpf am Holz von Carl Andre sägt, so sägen Max und Moritz als Winzlinge an der Hutkrempe des Weltenheilers Beuys oder sind auf einer geschlitzten Bildleinwand von Lucio Fontana dabei, „mit messerscharfen Klingen ins Gewebe einzudringen“.
Hank betreibt seine lustigen Streiche mit der Kunst nicht nur nach Art des Wilhelm Busch, sondern als gebürtiger Münchner auch nach Art uriger G’stanzl. Das hört sich – Duchamp wird’s verzeihen – beim zwölfteilgen „Akt eine Treppe hinabzumsteigen“am Schluss so an: „A rechter Akt, a rechte Qual / war’s, hier hinabzumsteigen./ Liabe Leit’ das nächste Mal/ tun wir herob’n bleiben!“
Vor solchen G’stanzln bleiben weder Marcel Broodthaers, noch Richard Hamilton, noch René Magritte verschont. Letzterer hat es dem Hank, der auch in Magrittes Brüssel studiert hat (und jetzt in Berlin lebt), offensichtlich angetan. Sei es, weil dieser Meister der Irritation auch eine Vorliebe für Dick und Doof hatte; sei es, weil er gerne eine Staffelei mit bemalter Leinwand in seine Trugbilder stellte. Das ähnelt dem Vorgehen Hanks bei seinen Expeditionsbildern von historischen Stätten der Freiluftmalerei, von denen einige in der kurzweiligen Ausstellung zu sehen sind. Da bediente er sich ausnahmsweise nicht der Bestände seiner eigenen Bibliothek, sondern intervenierte (mit dem Fotografen Fabian Schubert) vor Ort.
Zu bedenken bleibt noch der Ausstellungstitel „Die Brennenden Giraffen“. Es gilt der Plural, weil Salvador Dalís „Girafe en feu“von 1936/37 gleich drei Mal verwendet wird, wobei Comic-Figur Charlie Braun einmal reklamiert: „Deine Feuerversicherung ist abgelaufen.“Diese Bagatellisierung lässt den Betrachter zusammenzucken, sofern er weiß, dass Dalís „Brennende Giraffe“wie zeitgleich Picassos „Guernica“die große Klage über den Spanischen Bürgerkrieg darstellt. Und der war fürchterlich und keine Bagatelle.
OLaufzeit bis 30. April. Di bis So 11 17 Uhr. Es liegen mehrere, teils druckfri sche Begleitpublikationen auf. Führungen am 22. März und 12. April, jeweils 18.30 Uhr. Am 17. März (20 Uhr) ist eine Lesung mit Hank Schmidt in der Beek.