Koenigsbrunner Zeitung

Warum ich?

Gesundheit Uschi Rödel ist jung und sportlich. Anfang Januar tanzt sie mit der Faschingsg­arde Hollaria und spürt einen Schmerz in der Brust. Einen Tag später stellt sich heraus: Sie erlitt einen Herzinfark­t, mit 38 Jahren

- VON INA KRESSE

Es war kein klarer Schmerz. Eher ein ungutes Gefühl im Brustberei­ch, den Uschi Rödel beim Tanzen spürte. Sie schob das Gefühl beiseite und tanzte den Auftritt mit der Faschingsg­esellschaf­t Hollaria bis zum Ende durch. Sie muss eine Armee von Schutzenge­ln gehabt haben, sagen ihr Ärzte später.

Die 38-Jährige aus Gersthofen, die seit dieser Saison bei der Hollaria Trainerin für Showtanz ist, erhielt die schockiere­nde Diagnose am nächsten Tag: Herzinfark­t. Eine Diagnose, mit der man in diesem Alter nicht rechnet. Uschi Rödel ist jetzt seit rund sechs Wochen krankgesch­rieben. Sie sitzt an ihrem Esstisch und erzählt offen, wie sie sich fühlt. „Körperlich geht es. Was wirklich weh tut, ist die Psyche.“Es ist weniger die Angst. „Es ist das Hadern. Ich frage mich, warum das ausgerechn­et mir passieren musste und warum ich jetzt mein Leben umstellen muss“, sagt die zierliche Frau mit den langen blonden Haaren. Sie gesteht: „Ich bin gerade sehr nah am Wasser gebaut.“

Rödel erzählt von einer Erkältung, die sie vor Weihnachte­n mit sich herumschle­ppte. Und dass sie trotzdem täglich in die Parfümerie nach Wertingen zum Arbeiten fuhr. Eine Erkältung nehme man eben nicht so ernst. „In der Zeit vor Weihnachte­n war im Geschäft viel los. Ich wollte da nicht zu Hause bleiben.“Hinzu kam die Aufregung um ihren neuen Job als ShowtanzTr­ainerin bei der Hollaria und die damit verbundene­n Aufgaben. Tanzen ist für die 38-Jährige alles. Und die Hollaria, bei der sie seit 20 Jahren Mitglied ist, ist für Rödel eine zweite Familie. Am 5. Januar war dann der Auftritt der Hollaria in Nürnberg. „Es war das erste Mal, dass ich die Choreograf­ie gemacht und selbst getanzt habe. Beim Tanzen merkte ich einen Druck auf der Brust und einen leichten Schmerz, der in den Arm ausstrahlt­e.“Sie maß dem nicht allzu viel Bedeutung bei. Nach dem ersten Teil der Aufführung lockerte Rödel hinter der Bühne das Korsett ihres Kostüms. Das Hollaria-Präsidium wollte die 38-Jährige gar nicht mehr auf die Bühne lassen. Doch Rödel setzte sich durch. Das muss gehen, dachte sie sich, und tanzte die Aufführung samt Hebefigure­n zu Ende. Die Beklemmung­en ließen aber nicht nach.

Am nächsten Tag ließ sie sich ins Klinikum fahren. Das EKG fiel normal aus, aber die Blutwerte waren

schlecht. Rödel kam auf die Intensivst­ation. Dort erhielt sie die niederschm­etternde Diagnose. Es sei kein schwerer Herzinfark­t gewesen. Auch habe man bei den Untersuchu­ngen keine Gefäßveren­gungen oder Ablagerung­en in den Arterien gefunden. Wie es zum Infarkt kam? Ein Blutgerinn­sel war in ihr Herz gewandert und hatte ihn ausgelöst.

„Es ist eine leichte Narbe geblieben. Das Herz pumpt an dieser Stelle nicht richtig.“Rödel nennt es „einen ordentlich­en Schuss vor den Bug“. Erkältunge­n bewertet sie in-

zwischen anders. „Ich war früher unvernünft­ig. Wenn jemand krank ist, soll er daheim bleiben“, sagt sie jetzt. Rödel will, dass ihr Warnschuss auch ein Warnschuss für andere ist. Wann sie wieder Sport machen und tanzen darf, weiß sie noch nicht. Irgendwann wird es wieder gehen. Tabletten muss sie nun ihr Leben lang einnehmen. Zwei Monate ist die Showtanz-Trainerin der Hollaria insgesamt krankgesch­rieben. Vielleicht geht sie noch auf Reha. Dabei hatte die 38-Jährige in diesem Jahr noch viel vor. „Ich

wollte den C-Trainersch­ein machen, der auf Gardetanz ausgelegt ist.“So ganz will sie die Hoffnung aber nicht aufgeben, dass es damit in diesem Jahr doch noch klappen könnte. Denn das Tanzen bestimmt Rödels Leben.

Elf Jahre machte sie Ballett und Jazztanz. Eigentlich wollte sie auch Ballettleh­rerin werden. „Die Hollaria ist das Einzige, was mir tanzmäßig geblieben ist.“Da Rödel nur 50 Kilo wiegt, wird sie in der Faschingsg­esellschaf­t gerne für waghalsige Hebefigure­n eingesetzt. „Ich

werde oft Ufo genannt – Uschi Flugobjekt“, sagt sie und lacht kurz auf. Dann wird sie wieder ernst. Dass sie nun die Auftritte der Hollaria verpasse und nur aus der Ferne verfolgen könne, schmerze sie „extrem“. Auf den Galaball der Hollaria am nächsten Freitag im Kongress im Park freut sich Rödel. Zugleich aber füllen sich ihre großen, blauen Augen mit Tränen, wenn sie darüber spricht. So gerne würde sie mitmachen. Da merkt man das Hadern, von dem sie spricht. Und die damit verbundene Frage. Warum ich?

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Foto: Silvio Wyszengrad Uschi Rödel hat mit 38 Jahren einen Herzinfark­t erlitten. Ihre Ärzte sagen, dass sie dabei eine Armee von Schutzenge­ln hatte.

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