Koenigsbrunner Zeitung

Die Stadt wächst jährlich um 50 Fußballfel­der

- VON STEFAN KROG

Der Flächenver­brauch in Augsburg liegt im Durchschni­tt, doch mit dem stetigen Bevölkerun­gsplus wird immer mehr Boden versiegelt. Die Stadt steckt im Dilemma zwischen dem Bau von Wohnungen und dem Schutz der Umwelt

In Augsburg wurden im vergangene­n Jahr für den Bau neuer Straßen und Häuser rund 45 Hektar Boden – das ist etwa das Dreifache des Wittelsbac­her Parks – „verbraucht“. Der Wert liegt deutlich über dem der vergangene­n Jahre. 43,5 Prozent des Stadtgebie­ts (Bereiche wie der Siebentisc­hwald sind mitgerechn­et) sind somit inzwischen bebaut – vor 15 Jahren lag der Wert noch knapp drei Prozentpun­kte darunter.

„Es liegt auf der Hand, dass mit weniger Grünfläche­n und Bäumen sowohl Stadtbildq­ualität als auch Wohnwert sinken“, sagt Umweltrefe­rent Reiner Erben. Durch mehr bebaute Flächen ändere sich auch das Klima in der Stadt mit entspreche­nden gesundheit­lichen Auswirkung­en. Auch Irene Kuhn vom Bund Naturschut­z in Augsburg warnt: „Boden ist eine begrenzte Ressource. Sehr viel davon ist versiegelt und überbaut worden.“Doch bei dem Thema steckt die Stadt in einem Dilemma: Für neue Wohnungen ist es mitunter nötig, bisher ungenutzte Flächen zu bebauen. „Der anhaltende Zuzug und die damit verbundene­n deutlich gestiegene­n Bevölkerun­gszahlen stellen die Stadt Augsburg vor große Herausford­erungen“, sagt Baureferen­t Gerd Merkle (CSU).

Wie berichtet plant die Stadt in Zukunft Wohngebiet­e in Haunstette­n Süd-West und Radegundis – damit würden erstmals seit Jahren große Wohngebiet­e auf Ackerland errichtet. Zuletzt war dies vor mehr als zehn Jahren an der FriedrichE­bert-Straße der Fall. In den vergangene­n Jahren konzentrie­rte sich die Stadt auf die ehemaligen Kasernen-Areale. Doch diese Flächen sind inzwischen aufgebrauc­ht. Und die Umwidmung von bestehende­n Gewerbenut­zungen werde nicht genug Flächen schaffen, um den Bedarf zu decken, so das Baureferat.

Gleichwohl bemühe man sich ernsthaft, den Flächenver­brauch zu reduzieren, zumal die Stadt sich in ihren Zukunftsle­itlinien auf eine „nachhaltig­e Flächennut­zung“verpflicht­et hat. Von einer Trendwende ist die Stadt aber noch weit entfernt. Neben den Flächen für Wohnungen braucht die Stadt auch Areale für Gewerbe – zum Beispiel für den Innovation­spark im Süden der Stadt.

ist in puncto Flächenver­brauch sogar etwas „gefräßiger“als andere Großstädte. Im Durchschni­tt der vergangene­n 15 Jahre wurden jährlich 35 Hektar (ca. 50 Fußballfel­der) verbraucht, wobei es große Schwankung­en gibt: mal waren es neun Hektar, mal 67 Hektar. In Prozent gemessen wuchs die Verkehrsun­d Siedlungsf­läche bezogen auf die Gesamtfläc­he jährlich um 0,6 Prozent. Zum Vergleich: München, Nürnberg und Regensburg liegen laut Statistisc­hem Landesamt bei 0,4 Prozent, die „Boomtown“Ingolstadt bei 0,8 Prozent. Im Umland lag das Wachstum in Königsbrun­n bei 0,5, in Stadtberge­n bei 0,6, in Aichach bei 0,5 und in Neusäß bei 1,0 Prozent.

Mit eine Ursache dürfte auch sein, dass der Wohnraum pro Kopf immer stärker zunimmt. Statistisc­h hat jeder Augsburger um die 40 Quadratmet­er Wohnfläche zur Verfügung. Die Werte sind in den vergangene­n Jahren gestiegen, was aber nicht nur an gestiegene­n Ansprüchen liegt, sondern vermutlich eher an der Zunahme der Single-Haushalte, die grundsätzl­ich mehr Fläche pro Person benötigen. Im Bundesdurc­hschnitt sind es übrigens 46 Quadratmet­er Wohnfläche pro Kopf.

Umweltrefe­rent Erben fordert neben flächenspa­rendem Bauen auch ein Nachdenken über die Höhe von Gebäuden. Drei bis vier Geschosse sind in Augsburg bei Mehrfamili­enhäusern die Regel. Auch der Bund Naturschut­z sieht im AufstoAugs­burg cken von bestehende­n Gebäuden eine Möglichkei­t. „Und es sollte Ausnahmen bei der Abstandsre­gelung im Stadtgebie­t geben“, so Kuhn. Das Bismarckvi­ertel mit seiner dichten Bebauung dürfte heute so gar nicht mehr gebaut werden, gibt sie zu bedenken. Der GrünenVors­itzende Peter Rauscher fordert ein radikalere­s Umdenken: „Teure, luxuriöse Einfamilie­nhäuser, die vor allem Fläche benötigen, aber wenige Menschen beherberge­n, können angesichts des Wachstums der Stadt nicht die Bauvorhabe­n in Augsburg prägen.“

Dem steht freilich das erklärte Ziel von Oberbürger­meister Kurt Gribl (CSU) entgegen, auch „Gutverdien­er“in der Stadt zu halten und sie nicht ins Umland abwandern zu lassen. Andernfall­s verliere Augsburg ständig Steuerkraf­t. Auch städtebaul­ich hätte eine Erhöhung der Geschossza­hl bei Neubauten, wo baurechtli­ch überhaupt zulässig, Folgen: Wohnhäuser mit fünf oder mehr Stockwerke­n werden vor allem an Stellen gebaut, an denen städtebaul­iche Akzente gesetzt werden sollen.

Wie die Stadt sich in den kommenden Jahren zu dem Thema verhalten wird, wird aktuell im Stadtentwi­cklungskon­zept festgelegt, das seit zwei Jahren erstellt wird. Es soll zeigen, wo neue Wohngebiet­e entstehen können, welche Auswirkung­en das hat und wo Konflikte entstehen. Ein Vorentwurf soll noch vor der Sommerpaus­e vorgestell­t werden. »Kommentar

 ?? Foto: Bernd Hohlen ?? Augsburg wächst jedes Jahr um rund 50 Fußballfel­der. Flächen werden sowohl für Wohnungen als auch für Projekte wie den Innovation­spark gebraucht.
Foto: Bernd Hohlen Augsburg wächst jedes Jahr um rund 50 Fußballfel­der. Flächen werden sowohl für Wohnungen als auch für Projekte wie den Innovation­spark gebraucht.

Newspapers in German

Newspapers from Germany