Erste Hilfe bei Terror mit vielen Opfern
In der Bildungsstätte des Bayerischen Roten Kreuzes in Schwabmünchen trainieren Ausbilder den Umgang mit Notfallpatienten in besonderen Situationen. Sie werden mit einem „Rebel“konfrontiert
Schwabmünchen Nach Terrorangriffen oder Amokläufen gehören sie zum Beiwerk auf den ersten Fernsehbildern vom Schrecken: Ohne die Retter in den ersten Minuten wäre das Leid jedoch noch weit schlimmer. In Schwabmünchen wird ein Beitrag geleistet, diese Hilfe sicherzustellen. Die Geburtsstunde einer neuen Ausbildungsreihe schlug dazu am Samstag in der Bildungsstätte des Bezirksverbandes des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK) am Sparkassenplatz.
Hinter dem Ausbildungsbegriff „Multiplikatoren besondere Einsatzlagen“verbirgt sich ein sehr ernstes Thema: die Vorbereitung von Lehrkräften für die Ausbildung von Helfern, die auf besondere Einsatzsituationen im Rettungsdienst nach terroristischen Angriffen wie in Nizza, Brüssel, Paris oder Berlin oder Amokläufen treffen könnten.
Diese Situationen bedingen andere sanitätstaktische und rettungsdienstliche Maßnahmen als zum Beispiel die Versorgung eines Unfallopfers bei einem Verkehrsunfall. Die Bildungsstätte bot mit ihrer Aula und der Vielzahl an Lehrsälen die passenden Rahmenbedingungen dieser für das gesamte Bayerische Rote Kreuz ausgerichteten Startveranstaltung. Das unterstrich hier auch Dr. Paul Wengert, Vizepräsident des Bayerischen Roten Kreuzes.
Für die Bildungsstätte des BRK in Schwabmünchen war die Startveranstaltung eine Auszeichnung, stellte ihr Ressortleiter Werner Hoffmann fest: „Der Ausbildungsort bietet optimale Voraussetzungen, da hier neben den Notfall- und Rettungssanitätern sowie anderen Qualifikationen für den Bereich Schwaben auch die führungstaktische Ausbildung für das gesamte BRK durchgeführt wird.“
Professor Dr. Peter Sefri kennt als Landesarzt des BRK und anerkannter Notfallmediziner aus Würzburg die Wichtigkeit des Umdenkens, welches insbesondere bei den Bereitschaftskräften vor Ort im Falle einer sogenannten „außergewöhnlichen Einsatzlage“zum Tragen komme: „Dem Sicherheitsaspekt und der Zusammenarbeit mit den Polizeikräften kommt immense zu. Ein Rettungswagen bietet da keinen Schutz“, mahnte er.
Käme es auf Volksfesten oder Großveranstaltungen zu Anschlägen, seien nicht der Rettungsdienst, sondern die Sanitätswachen, in der Regel aus Personal der lokalen Bereitschaften bestehend, als Erste vor Ort: „Deshalb müssen sie die Fertigkeiten aller Kräfte an der Basis schulen und trainieren“, beschrieb er die Aufgabe der zukünftigen Multiplikatoren.
Urheber der Maßnahme ist die „Richtlinie zur Bewältigung von Ereignissen mit einem Massenanfall von Notfallpatienten und Betroffenen“, erlassen im Dezember 2016 vom bayerischen Innenministerium. Die dort definierten Ablauf- und Verfahrensregeln wurden durch Sefrin und sein Team in praxistaugliche Maßnahmen umgesetzt. Ebenfalls wurden Erkenntnisse und Erfahrungen von Sanitätspersonal der Bundeswehr aus den Auslandseinsätzen, zu denen auch Sanitätskräfte aus Schwaben gehörten, hinzugezogen. Erfahrungen weiterer Fachleu- te nach den Terroranschlägen der letzten Jahre flossen ebenfalls mit ein.
Die aus den Richtlinien abgeleitete Abkürzung „Rebel“beherrschte die gesamte Veranstaltung in Schwabmünchen, beinhaltet es doch alle organisatorischen, notfallmedizinischen und materiellen Vorbereitungen und Abläufe. Es geht darum, in kurzer Zeit vielen Menschen zu helfen. Das aus dem militärischen Bereich übernommene Material der „Rebel-Sets“, welches für Rettungsdienst und Bereitschaften bereitgestellt werden soll, bereitet in der Beschaffung noch Probleme. „Vom 140 Euro teuren Set brauchen wir zur Ausstattung der Bereitschaften bayernweit 2500 Stück“, sagte Michael Raut, Bereitschaftsleiter für den BRK-Bezirk Schwaben. Für die erste Schulung der Multiplikatoren gab es genügend Material für die rund 80 Teilnehmer, angeleitet von Angehörigen des Bundeswehrkrankenhauses Ulm. Sowohl Hilfsmittel zur Blutstillung als auch Punktionsnadeln und BrustkorbverschlussBedeutung pflaster kamen am gesamten Nachmittag im praktischen Teil zur Anwendung. „Die Erfahrungen aus den Einsätzen und der Schulterschluss mit der Bundeswehr sind für uns sehr wichtig und fruchtbar. Damit können wir uns optimal auf das vorbereiten, was hoffentlich nicht eintrifft“, sagte Sefrin.
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