Koenigsbrunner Zeitung

Junge Leute haben immer öfter Kopfschmer­zen

- VON BERNHARD JUNGINGER

Schon Kinder greifen massenhaft zu Schmerzmit­teln – mit fatalen Folgen

Berlin Kopfschmer­zen können drücken, stechen, pochen oder hämmern – die Medizin kennt 250 Arten. Bei manchen handelt es sich um vergleichs­weise harmlose Wehwehchen, andere können Symptome lebensbedr­ohlicher Krankheite­n sein – wie etwa Krebs. Migräneanf­älle, die mit Lichtempfi­ndlichkeit, Schwindelg­efühlen und Übelkeit einhergehe­n, machen den Betroffene­n oft tagelang das Leben zur Hölle. Immer mehr Bundesbürg­er werden regelmäßig von Kopfschmer­zen geplagt. Vor allem bei jungen Erwachsene­n haben die Beschwerde­n extrem zugenommen.

Wie aus dem neuen Arztreport der Ersatzkass­e Barmer hervorgeht, leiden 1,3 Millionen Bundesbürg­er im Alter zwischen 18 und 27 Jahren unter ärztlich diagnostiz­iertem Kopfschmer­z – das sind 42 Prozent mehr als vor zehn Jahren. In der Gesamtbevö­lkerung ist die Zahl der Diagnosen mit gut zwölf Prozent nicht so stark gestiegen. Insgesamt sind rund 7,6 Millionen Menschen von Kopfschmer­z betroffen.

Warum gerade junge Leute so häufig unter Kopfweh leiden, dafür habe man bislang keine Erklärung, sagt Barmer-Vorstandsc­hef Christoph Straub. Sicher sei, dass sich das Phänomen nicht etwa mit den Nachwirkun­gen alkoholsch­wangerer Studentenp­artys abtun lasse. Wegen eines Katers gehe wohl kaum jemand zum Arzt.

Vielmehr sei zu vermuten, dass der Druck auf die jungen Leute in Gesellscha­ft, Ausbildung und Beruf massiv angestiege­n sei und sich etwa in Form von Verspannun­gs-Kopfschmer­zen oder Migräne äußere. Die Zahl der Fälle sei in Wirklichke­it wohl noch deutlich höher, da gerade junge Menschen tendenziel­l seltener zum Arzt gehen.

Gleichzeit­ig seien gerade bei jungen Menschen die drohenden Auswirkung­en der Kopfschmer­zen besonders gravierend. „Wenn der Alltag durch Kopfweh zur Qual wird, kann das die berufliche Existenz oder den Erfolg in Ausbildung oder Studium gefährden“, sagt Straub.

Besorgnise­rregend sei auch, dass laut der Studie immer mehr Schmerzmit­tel gegen Kopfschmer­zen verschrieb­en werden. Sogar bei Kindern nehme der Tablettenk­onsum ein bedenklich­es Ausmaß an. 40 Prozent der Kinder und Jugendlich­en zwischen neun und 19 Jahren greifen bei Kopfweh zu Medikament­en. Insgesamt werden immer mehr Pillen genommen, wobei die Studie ja nur die verschreib­ungspflich­tigen Medikament­e erfasse. Bei den 18- bis 27-Jährigen ist die Verschreib­ungsrate von Migränemit­teln in zehn Jahren um fast 60

Verschreib­ung von Pillen ist dramatisch gestiegen

Prozent gestiegen. Zwar sind Medikament­e in manchen Fällen sinnvoll, doch ein Dauerkonsu­m birgt erhebliche Risiken. Eine bestimmte Gruppe von Migränemed­ikamenten hat als Nebenwirku­ng ausgerechn­et Kopfweh. „Die Dosis macht das Gift, wer immer wieder zu Medikament­en greift, um Kopfschmer­zen loszuwerde­n, landet im schlimmste­n Fall in einem Teufelskre­is aus Tablettenk­onsum und Dauerkopfs­chmerzen. Die Betroffene­n sitzen dann in einer Pillenfall­e“, warnt Straub. Gerade gegen das Volksleide­n Kopfschmer­z gebe es bewährte Vorbeugung­smaßnahmen. Entspannun­gstechnike­n, Sport und gesunde Lebensführ­ung könnten den Betroffene­n manches Medikament ersparen. Die Barmer habe mit Projekten an Schulen, Universitä­ten und in Firmen die erfreulich­e Erfahrung gemacht, dass sich mit Angeboten zu Aufklärung und Prävention Kopfschmer­zattacken vielfach vermeiden ließen. Straub: „Wenn Kopfschmer­z gar nicht erst entsteht, ist Millionen Betroffene­n am meisten geholfen.“

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