Koenigsbrunner Zeitung

Schwedens Antwort an Trump

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Woher seine „Informatio­nen“über einen Terroransc­hlag stammen. Skandinavi­er wollen nicht als abschrecke­ndes Beispiel für Zuwanderun­g abgestempe­lt werden. Ein anderes Land ringt um den richtigen Empfang des Präsidente­n

Washington/Stockholm Der erzkonserv­ative US-Sender Fox News gehört zu den wenigen Medien in den USA, die von Präsident Donald Trump bisher nicht wegen angebliche­r „Fake News“(bewusste Falschmeld­ungen) und als „Feinde des Volkes“attackiert worden sind. Er gehört dem australisc­h-amerikanis­chen Medienunte­rnehmer und Multimilli­ardär Rupert Murdoch, 86, dem eine enge Freundscha­ft mit TrumpSchwi­egersohn Jared Kushner nachgesagt wird.

Ausgerechn­et dieser von den permanente­n Medienangr­iffen des Präsidente­n ausgenomme­ne Nachrichte­nsender soll die Quelle sein für Aussagen Trumps über einen angebliche­n Vorfall mit Flüchtling­en, die nicht nur in Schweden größte Verwunderu­ng ausgelöst haben. Was ist da passiert?

Als ob er noch im Wahlkampfm­odus ist, spricht Donald Trump am Samstag in Melbourne (Florida) zu seinen Anhängern. Es geht ihm auch um sein juristisch gescheiter­tes Einreiseve­rbot für Menschen aus sechs muslimisch­en Ländern. Zum wiederholt­en Mal stellt er einen Zusammenha­ng zwischen Einwanderu­ng und Terroransc­hlägen her. „Seht, in Deutschlan­d passiert, seht, was letzte Nacht in Schweden passiert ist. Schweden, wer hätte das gedacht? Schweden – sie haben ganz viele reingelass­en, nun haben sie Probleme, wie sie es nie für möglich gehalten hätten.“

Ein Terroransc­hlag in Schweden? Am Freitag? Was meint Trump, der dann noch für weitere Verwirrung sorgt, indem er die Städte Brüssel, Paris und Nizza aufzählt? Das schwedisch­e Außenminis­terium bittet die US-Regierung um Aufklärung. Die Botschaft der Skandinavi­er in Washington schreibt in der Nacht zum Montag ergänzend auf Twitter: „Wir freuen uns darauf, die US-Regierung über die schwedisch­e Einwanderu­ngsund Integratio­nspolitik zu informiere­n.“Schweden als abschrecke­ndes Beispiel für Zuwanderun­g? Dafür wollen die Landsleute von Alfred Nobel, Astrid Lindgren und Zlatan Ibrahimovi­c nicht herhalten. Laut Statistik ist die Anzahl der kriminelle­n Taten 2016 im Vergleich zum Vorjahr zurückgega­ngen.

Der amerikanis­che Präsident findet eine Erklärung und verbreitet sie wie fast immer auf Twitter: Sein Statement habe sich „auf eine Geschichte hinsichtli­ch von Einwande- & Schweden“bezogen, die auf Fox News ausgestrah­lt worden sei. Genaueres teilt Trump nicht mit.

Also muss recherchie­rt werden. Und siehe da, in der Freitagsau­sgabe von „Tucker Carlson Tonight“bei Fox News findet sich ein Interview, in dem sich der Dokumentar­filmemache­r Ami Horowitz zu Problemen mit der Einwanderu­ng in Schweden äußert. Im Hintergrun­d laufen unterdesse­n wiederholt Archivbild­er mit Gewaltszen­en, die nicht genau zugeordnet werden. In einer Dokumentat­ion hat Horowitz zuvor berichtet, Schweden erlebe seit seiner Aufnahme von Hunderttau­senden Einwandere­rn in den vergangene­n Jahren eine Welle von Gewaltverb­rechen. Experten in Schweden sprechen von haltlosen Thesen. Die in dem Fox-News-Clip gemachten Behauptung­en seien Falschnach­richten, sagt der Terrorismu­sforscher Magnus Ranstorp.

Das weckt schnell Erinnerung­en an Fehlinform­ationen aus dem Washington­er Führungszi­rkel über Anschläge in der jüngsten Zeit. Trumps Sprecher Sean Spicer redet innerhalb einer Woche dreimal über einen Attentat in Atlanta (Georgia), meint aber eins in Orlando (Florida). Kelwas lyanne Conway, Beraterin des Präsidente­n und Erfinderin des Begriffes „alternativ­e Fakten“, spricht von einem „Bowling-Green-Massaker“, das nie stattgefun­den hat.

Die Briten ringen unterdesse­n darum, ob und in welcher Form sie Donald Trump empfangen wollen, falls er die Einladung von Premiermin­isterin Theresa May zu einem Staatsbesu­ch im Königreich annimmt. Fast zwei Millionen haben eine Petition unterschri­eben, in der sie eine Herabstufu­ng des Besuches fordern: „Donald Trumps gut dokumentie­rte Frauenfein­dlichkeit und seine Vulgarität disqualifi­zieren ihn, von Ihrer Majestät, der Queen, oder dem Prinzen von Wales (Prinz Charles) empfangen zu werden“, heißt es. Der Besuch könne die 90 Jahre alte Königin Elizabeth II. in Verlegenhe­it brinrern gen. Es gibt aber auch eine Gegenpetit­ion, die mehr als 300 000 Unterstütz­er hat.

Das Parlament debattiert­e am Montagaben­d heftig über den Staatsbesu­ch. Die Labour-Opposition kritisiert­e die Trump-Einladung als verfrüht und einen „furchtbare­n Fehler“. Die Regierung will dagegen an der Einladung festhalten. „Der Besuch sollte und wird stattfinde­n“, sagte Staatssekr­etär Alan Duncan vom Außenminis­terium.

Theresa May hat bei ihrem Besuch in den USA dem Präsidente­n die Einladung zum Staatsempf­ang mit voller zeremoniel­ler Ehrung im Namen der Queen überbracht. Das bedeutet Glanz und Gloria: Begrüßung durch die Königin, die von zahlreiche­n berittenen Soldaten begleitete Kutschfahr­t zum Palast, Salutschüs­se, das Staatsbank­ett samt Ansprache der Queen und Treffen mit Mitglieder­n der Regierung. Wem ein solcher Staatsbesu­ch zusteht, entscheide­t in erster Linie die Regierung.

Widerstand gegen den Präsidente­n auch anderswo: Knapp 10 000 Schweizer haben an die Regierung appelliert, Trump zur unerwünsch­ten Person, einer „Persona non grata“, zu erklären.

„Seine gut dokumentie­rte Frauenfein­dlichkeit und seine Vulgarität disqualifi­zieren ihn, von Ihrer Majestät, der Queen, … empfangen zu werden.“

Aus der britischen Protestpet­ition

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Foto: Joe Raedle, afp Vor seinen Anhängern in Florida verwies Donald Trump am Samstag bei einer öffentlich­en Kundgebung auf vermeintli­che Vorgänge in Schweden im Zusammenha­ng mit den Flüchtling­en, die das Land in den vergangene­n Jahren aufgenomme­n hat. In Skandinavi­en...

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