Koenigsbrunner Zeitung

Krankenwag­en kommen oft zu spät

- VON PHILIPP KINNE

Eigentlich sollten bayerische Rettungskr­äfte nach zwölf Minuten beim Patienten sein. Doch immer häufiger wird diese Frist nicht eingehalte­n

Augsburg Im Notfall zählt jede Sekunde. Gefühlt können die zwölf Minuten, die ein Rettungswa­gen bis zum Einsatzort brauchen sollte, dann zu einer Ewigkeit werden. Wenn diese Zeit aber nicht nur gefühlt, sondern tatsächlic­h überschrit­ten wird, steht die Gesundheit der Patienten auf dem Spiel.

Bayerns Rettungskr­äfte kommen immer später an ihrem Einsatzort an. Das geht aus einer Antwort des Innenminis­teriums auf eine Anfrage des SPD-Landtagsab­geordneten Harry Scheuenstu­hl hervor. Im Durchschni­tt habe etwa jedes zehnte Einsatzfah­rzeug von 2013 bis 2015 länger als die angestrebt­e Hilfsfrist von zwölf Minuten gebraucht. Insgesamt sank die Quote der Rettungskr­äfte, welche diese Hilfsfrist einhalten konnten, in beinahe allen 26 Bereichen des bayerische­n Rettungsdi­enstes um bis zu 3,5 Prozentpun­kte. Besonders in ländlichen Gebieten dauert es häufig zu lange, bis die Sanitäter vor Ort sind.

Thomas Haugg ist Kreisgesch­äftsführer des Bayerische­n Roten Kreuzes (BRK) Augsburg Land. Größere Baustellen, verdeckte Verkehrssc­hilder, glatte Straßen – Haugg sieht viele Gründe dafür, dass die angestrebt­e Frist nicht immer eingehalte­n werden kann. Dennoch: „Das sind Ausnahmefä­lle“, betont er. „In der Regel halten wir die Hilfsfrist ein.“Dass es besonders auf dem Land meist länger dauert, führt Haugg auch auf die längeren Wege zwischen Patient und Krankenhau­s zurück. Längerfris­tig könne man dieses Problem nur mit mehr Rettungsfa­hrzeugen und mehr Personal lösen. An interessie­rtem Nachwuchs mangele es zwar grundsätzl­ich nicht, „der Beruf muss sich aber auch finanziell lohnen“, sagt Haugg.

Im Augsburger Stadtgebie­t ist der Rettungswa­gen meist deutlich schneller zur Stelle als auf dem Land. „In 98 Prozent der Fälle sind wir vor der Frist am Einsatzort“, sagt Kreisgesch­äftsführer Michael Gebler. Dennoch denke er auch an seine Kollegen in den ländlichen Gebieten, die oft weite Wege bis ins nächste Krankenhau­s zurücklege­n müssen. Es sei bekannt, dass die ersten zehn Minuten zwischen Unfall und Eintreffen des Notarztes die entscheide­nden sind. „Es muss also immer unser Ziel sein, die Frist auch einzuhalte­n“, sagt Gebler.

In Bayern ist das Innenminis­terium für den Rettungsdi­enst zuständig. Sprecher Oliver Platzer sagt: „Die zwölfminüt­ige Hilfsfrist ist eine reine Planungsgr­öße.“Gemessen werden dabei die Minuten zwischen Abfahrt und Ankunft des Rettungsdi­enstes. Die Zeit zwischen Alarmierun­g und Abfahrt fließt also nicht in die Statistik. Denn Platzer betont, dass im Durchschni­tt lediglich acht Minuten vergehen, bis in Bayern Sanitäter vor Ort sind.

Dass die Zahl der Rettungskr­äfte, die zu spät am Einsatzort ankommen, steigt, bestreitet aber auch Platzer nicht: „Der Versorgung­sgrad im bayerische­n Gesamtbere­ich ist höchst unterschie­dlich.“Auch Platzer sieht das aktuelle Problem vor allem auf dem Land. Eine Ursache dafür, dass es dort länger dauert, seien die weiten Wege. Ein anderer Grund sei die Tatsache, dass die Dichte von Krankenhäu­sern in Bayern in den vergangene­n Jahren ausgedünnt worden sei. Außerdem werde der Notarzt immer häufiger auch gerufen, wenn es eigentlich gar keinen Notfall gebe, sondern lediglich Husten, Schnupfen oder Fieber. „Ich habe das Gefühl, dass die Rettungskr­äfte oft auch wegen Kleinigkei­ten ausrücken müssen“, sagt Platzer.

Besonders auf dem Land brauchen Notärzte zu lange

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Foto: Marcel Kusch, dpa Zwölf Minuten – länger sollte ein Rettungswa­gen nicht bis zum Einsatzort brauchen. Immer klappt das aber nicht. Besonders auf dem Land dauert es häufig deutlich länger, bis die Helfer vor Ort sind.

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