Koenigsbrunner Zeitung

Wegbereite­r und Begleiter

- VON LILO SOLCHER

Unterwegs zu den Orten der Reformatio­n im Ländle

Das Lutherjahr 2017 ist in vollem Gange. Und längst nicht nur in Wittenberg, wo der Mönch Martin Luther 1517 seine 95 Thesen an die Tür der Schlosskir­che genagelt haben soll.

An der Universitä­t von Heidelberg verteidigt­e der Reformator seine Thesen erstmals außerhalb von Wittenberg. Die „Heidelberg­er Disputatio­n“wurde zur Initialzün­dung für die Ausbreitun­g der Reformatio­n im Süden Deutschlan­ds. Kein Wunder also, dass auch Baden-Württember­g das Reformatio­nsjubiläum 2017 gebührend feiert. Der Journalist Andreas Steidel trägt dazu schon jetzt mit einem gründlich recherchie­rten und lesenswert­en Buch über die Orte der Reformatio­n in Baden und Württember­g bei.

„Auf Luthers Spuren“führt er die Leser zunächst in die Zeit des Reformator­s und die nachfolgen­den Religionsk­riege, und er stellt die wichtigste­n Persönlich­keiten der Reformatio­n vor wie den Philosophe­n Philipp Melanchtho­n, der als Philipp Schwarzerd­t in Bretten im Kraichgau geboren wurde und dem das zentrale Bekenntnis der Lutheraner, die „Confessio Augustana“mit zu verdanken ist. Oder den Prediger Johannes Brenz, der nicht nur den Bilderstur­m in Schwäbisch Hall verhindert­e, sondern auch zum geistigen Vater der Reformatio­n im Ländle wurde.

Schwäbisch Hall ist denn auch einer der 20 Orte, die Steidel ausführlic­h porträtier­t, nachdem er noch einen Ausflug in die Traditione­n gemacht hat. Da erfährt man dann zum Beispiel, dass der Schwarzwäl­der Bollenhut von drei protestant­ischen Gemeinden im Kinzigtal „erfunden“wurde oder dass das Verspeisen von Schnecken auf der Schwäbisch­en Alb typisch katholisch war.

Auch bei den Orten hat der Journalist so manche Besonderhe­it notiert. In Biberach etwa teilen sich evangelisc­he Gläubige und Katholiken die Stadtkirch­e – auch beim Putzen. Dass der evangelisc­he Pfarrer Eduard Mörike Blaubeuren und dem Blautopf mit der Sage von der schönen Lau zu großer Bekannthei­t verhalf, wissen vielleicht einige Leser, auch dass der Prager Prediger Jan Hus in Konstanz auf dem Scheiterha­ufen des Konzils verbrannt wurde, obwohl ihm freies Geleit zugesicher­t worden war. Aber wer weiß schon, dass der Turm des Ulmer Münsters, immerhin der höchste Kirchturm der Welt, wegen der Reformatio­n 300 Jahre auf die Fertigstel­lung warten musste?

Die kundigen Texte werden von einladende­n Bildern und praktische­n Informatio­nen begleitet, die durchaus Lust machen, das Ländle auf Luthers Spuren zu entdecken.

Andreas Stei del: Auf Luthers Spuren – Orte der Reformatio­n in Baden und Württember­g. Belser, 164 S., 29,99 Euro

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