Verschnaufpause vor dem nächsten Kraftakt
Finanzen Der Landkreis Augsburg beschließt den Haushalt und senkt die Umlage, die die Kommunen bezahlen müssen. Ob das der richtige Schritt war, ist in der Politik umstritten
Landkreis Augsburg Gegen drei Stimmen hat der Kreistag gestern den Haushalt für das Jahr 2017 verabschiedet. Er sieht Ausgaben von 260 Millionen Euro vor. Die Schulden sollen um eine Million Euro sinken, auch die Belastungen für die Gemeinden, weil die Kreisumlage um 0,75 Prozent sinkt. Im Gegensatz zu den vergangenen Jahren sind in diesem Jahr keine großen neuen Investitionsvorhaben vorgesehen.
Diskussionen gab es noch einmal über die Senkung der Kreisumlage, die von CSU, FW und SPD befürwortet worden war. Kritiker aus den Reihen von Grünen und FDP/ ÖDP lehnten „Geschenke“an die Gemeinden ab, der Landkreis solle lieber Schulden tilgen.
Landrat Martin Sailer verwies auf die guten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Steuereinnahmen in noch nie da gewesener Höhe ermöglichten es, Schulden abzubauen und Geld für Radwege oder Schulen auszugeben. „Wir müssen die Gelegenheit beim Schopf packen“, sagte der Landkreischef. Er wies zugleich auf die finanziellen Herausforderungen der Zukunft hin. Die Generalsanierung des Paul-Klee-Gymnasiums in Gersthofen soll ab 2019 im Gesamtpaket weit mehr als 50 Millionen Euro kosten und auch die Umwandlung des Klinikums in eine staatliche Uni-Klinik wird dem Landkreis noch einmal einen finanziellen Kraftakt abverlangen. Im Raum steht laut Sailer neben der Übernahme eines Anteils der Altschulden weitere 65 Millionen Euro für Umbauvorhaben, die nicht vom Freistaat gefördert werden.
CSU-Fraktionschef Lorenz Müller wertete die gute wirtschaftliche Situation als Ergebnis der eigenen Politik. „Dieser Erfolg kommt nicht von ungefähr, sondern ist Teil einer langfristigen Agenda der CSU.“Auch in den kommenden Jahren werde der Landkreis in Infrastruktur und Bildung investieren. Als beispielhaft führte Müller die 34 Millionen Euro an, die der Landkreis in diesem Jahr für Unterhalt und Ausstattung seiner Schulen ausgibt. In dieser Summe sind die Ausgaben für Investitionen wie den Neubau des Berufsschulzentrums, der kurz vor dem Abschluss steht, nicht enthalten. Der Schwabmünchner Bürgermeister unternahm auch einen Ausflug in die große Politik. Ereignisse wie Brexit und TrumpWahl zeigten, wie verunsichert die Menschen sind. Das spüre auch die Kommunalpolitik. Müller: „Es fällt uns schwer, unsere Erfolge darzustellen.“Dabei werde in den Kommunen gute Politik gemacht.
Ähnlich argumentierte der neue Fraktionssprecher der Freien Wäh- ler, Fabian Mehring. „Wir hier im Kreistag, von den Grünen bis zur CSU, sind es, die gute Politik leisten.“Das müssten alle Parteien im Kreistag deutlich machen und sich so gegen die Populisten von rechts abgrenzen, die auch in Deutschland erstarken. Mehring warb mit Blick auf die Landkreis-Finanzen dafür, auch in den kommenden Jahren Schulden abzubauen.
Deshalb müsse der Landkreis auch seine Personalkosten im Auge behalten, die mittlerweile bei rund 35 Millionen Euro im Jahr liegen. Im Bereich Klimaschutz gebe es in der Zwischenzeit mehrere Stellen, die das gleiche Politikfeld bearbeiten, warnte Mehring. Hier könne die Verwaltung effizienter arbeiten.
SPD-Fraktionssprecher Harald Güller stelle das Schlagwort „Soziale Gerechtigkeit“in den Mittelpunkt seiner Ausführungen. Diese sei die Messlatte für die Kreistagsfraktion der SPD. Ein wichtiger Punkt seien in diesem Zusammenhang die Bildungschancen im ganzen Landkreis. Güller bezeichnete die Generalsanierung des Paul-Klee-Gymnasiums als finanzielle Herausforderung, weil der Landkreis immer wieder neue Konzepte verfolgen müsse. Güller kritisierte das „Chaos im Kultusministerium“. Wie berichtet, muss das Gymnasium in Gersthofen nun noch größer werden, um für die Rückkehr zum G9 gerüstet zu sein. An die Adresse der Schulfamilie appellierte Güller, mit den Plänen des Landkreises zufrieden zu sein: „Ein Umbau ist kein Wunschkonzert.“Für die anstehende Tarifreform im Nahverkehr forderte Güller einen Ausgleich zwischen Stadt und Land. Auch das sei ein Stück sozialer Gerechtigkeit.
Die Kritik der Grünen machte deren Sprecherin Ursula Jung nicht am Inhalt des Zahlenwerks fest, sondern am Stil der Entscheidungsfindung. Landrat Sailer habe ohne Rücksprache mit den Kreisräten eine Senkung der Kreisumlage angekündigt und diese damit überrumpelt. Sailer wies dies zurück. Er habe nur einen Vorschlag gemacht und das sei wohl sein gutes Recht. Unabhängig davon halten die Grünen die Senkung für falsch. Der Kreis müsse selbst Schulden abbauen und in Schulen und Klimaschutz investieren. Jung: „Wir wollen eine nachhaltige finanz- und enkeltaugliche Landkreispolitik.“
Manfred Buhl (FDP/ÖDP) erneuerte seine Kritik an der Senkung der Kreisumlage. Er erinnerte an das vor Jahren formulierte Ziel einer Schuldenobergrenze für den Landkreis. Dessen Verschuldung werde aber nicht zuletzt wegen des Gersthofer Gymnasiums wachsen.
In der Abstimmung hatten die Kritiker einer Kreisumlagen-Senkung aber keine Chance. Sie geht von 49,75 auf 49 Punkte herunter. Danach müssen die Städte, Märkte und Gemeinden im Kreis an diesen heuer mehr als 122 Millionen Euro zahlen.