100 mitreißende Stimmen und zwei Pfarrer im Dialog
Sänger aus der gesamten Region gestalten in der Kirche Zur Heiligen Familie in Bobingen-Siedlung einen ganz besonderen Gottesdienst. Was der Glaube mit einem Sauerteig gemeinsam hat
Bobingen In der kalten Kirche im Betonstil der 1970er-Jahre ist kein Platz mehr frei. Ein Chor, bestehend aus 80 Prozent katholischen Gläubigen, singt mit Temperament und Hingabe vertonte Zeilen des Protestanten Martin Luther. Und ein katholischer Priester und ein evangelischer Pfarrer halten eine Predigt in Dialogform, in der so viel Humor, Wortwitz und gegenseitiges Verständnis aufblitzen, dass sich viele Besucher nur noch eines wünschen: So sollten Gottesdienste immer sein. Die Rede ist vom Gospelgottesdienst 2017 in der Kirche Zur Heiligen Familie in Bobingen Siedlung.
Rund 100 Sänger aus der gesamten Region haben mit Chorleiterin Sigrid Pröbstl sechs kurze Wochen für diesen und zwei weitere Gottesdienste am kommenden Wochenende geprobt. Der Augsburger Kirchenmusiker, Jazzpianist und Komponist Tobias Reinsch ließ sich von dem Lutherworten „Es ist aber der Weg …“zu einer neuen Komposition inspirieren, holte seine Jazzband Trio Zahg mit Stefan Berger (Bass) und Matthias Fischer (Drums) in die Kirche und schaffte es, 500 Jahre alte Gedanken in Musik für unsere Zeit zu gießen.
Der gesamte Gospelgottesdienst ist diesmal sehr vielseitig: Wenn die Gospelsänger „Wir glauben alle an einen Gott“anstimmen, glaubt man uralte, archaisch anmutende gregorianische Gesänge zu hören, bei „Glory to God“zeigen die einzelnen Stimmen ihre Stärke und bei dem Gospelklassiker „Jesus be a Fence“rockt die Kirche. Trotzdem bleibt noch Stille und Tiefe für die Predigt des katholischen Priesters Mariusz Pluta und seines evangelischen Kollegen Peter Lukas.
Beide betonen in ihrem Dialog vor allem die Gemeinsamkeiten und den Respekt der beiden christlichen Kirchen füreinander. Und sehen in Luthers Übersetzung der Bibel ins Deutsche einen Verdienst. Dass Mariusz Pluta dabei kurz Suaheli spricht, um zu veranschaulichen, wie wenig die Gläubigen vor 500 Jahren von einem Gottesdienst verstehen konnten und dass die Pfarrer den Glauben mit einem Sauerteig vergleichen, der Zeit zum Reifen braucht, sorgt für Erheiterung in der Kirche, tut aber der Ernsthaftigkeit ihrer Aussage keinen Abbruch. „Ich träume von einer Kirche, die Mauern überspringt“, sagt Peter Lukas zum Schluss. Und an diesem Abend ist das mithilfe von mitreißender Musik und einer inspirierenden Predigt bestens gelungen. O Termine
Weitere ökumenische Gos pelgottesdienste sind am Samstag, 25. Februar, um 18.30 Uhr in der Johannes kirche in Königsbrunn und am Sonn tag, 26. Februar, um 18.30 Uhr in der Dreifaltigkeitskirche in Bobingen.