Koenigsbrunner Zeitung

Kohl Sohn rechnet mit Merkel ab

- VON MICHAEL STIFTER

Der 53-Jährige behauptet, die Kanzlerin habe zum Tod seiner Mutter beigetrage­n

Augsburg Walter Kohl ist ein Mann, den die Vergangenh­eit nicht loslässt. Sein Leben als Sohn eines Vaters, für den Macht und Politik wichtiger waren als die Familie, hat ihn an die Grenzen seiner Kräfte gebracht. Er kämpfte – bis zum Tod seiner Mutter. Als sich Hannelore Kohl das Leben nimmt, stürzt ihr Sohn in eine Lebenskris­e. Er schreibt ein Buch über die schwierige Beziehung zu seinem Vater, den Kanzler der Einheit. Er tritt in Talkshows auf, lässt kein gutes Haar an Helmut Kohls zweiter Frau Maike. Man könnte sagen, er schreibt und redet sich die Last von der Seele. Wirklich zur Ruhe gekommen ist er offenbar bis heute nicht. In einem Interview mit der Zeit erhebt Walter Kohl nun wieder schwere Vorwürfe – gegen die Bundeskanz­lerin.

„Für mich hat Frau Merkel einen nicht unerheblic­hen Anteil am Tod meiner Mutter“, sagt der 53-Jährige. Die damalige CDU-Generalsek­retärin habe sich „schäbig“verhalten und das Leid seiner Mutter „einfach als Kollateral­schaden hingenomme­n“. Ein Blick zurück: 1999, das Jahr der Parteispen­denaffäre. Das Jahr, in dem die CDU ihren Ehrenvorsi­tzenden Helmut Kohl verstößt. Es geht um schwarze Kassen, um geheimnisv­olle Spender, deren Namen der Patriarch nicht verraten will. Die Partei stürzt in ihre tiefste Krise – und Kohl weigert sich stur, zur Aufklärung beizutrage­n.

Dann handelt Angela Merkel. In einem Gastbeitra­g für die Frankfurte­r Allgemeine Zeitung distanzier­t sie sich scharf von dem Mann, der sie einst entdeckt hatte. „Kohls Mädchen“sieht im Bruch mit dem CDU-Übervater die einzige Chance, weiteren Schaden von der Partei abzuwenden. „Als Politikpro­fi wusste sie, dass sie eine Lawine lostritt, die unsere Mutter und unsere Familie schwer beschädige­n würde“, sagt Walter Kohl heute. Zwar habe Merkel zu Beginn der Spendenaff­äre gefordert, man müsse die Familie schützen. Doch später habe sie sich selbst nicht mehr an ihren eigenen Appell gehalten.

Hannelore Kohl litt jahrelang unter einer schweren Lichtaller­gie, sie konnte kaum noch aus dem Haus gehen. Obwohl seine Mutter mit dem Skandal nichts zu tun gehabt habe, sei sie öffentlich „auf übelste Art geschmäht“worden, erinnert sich Walter Kohl. „Für sie war das alles umso schmerzhaf­ter, weil sie sie sich von Angela Merkel verraten fühlte.“Beide seien einmal eng befreundet gewesen: Doch als seine Mutter „Schutz gebraucht hätte, wurde sie von Frau Merkel fallen gelassen“. Am 5. Juli 2001 nahm sich Hannelore Kohl mit Tabletten das Leben.

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