Koenigsbrunner Zeitung

Seehofer ärgert sich über anonyme Kritiker

- VON ULI BACHMEIER

Die Gefühlslag­e des CSU-Chefs ist nicht leicht zu ergründen. Gute Laune und Grant gehen Hand in Hand

München Es gibt Wörter, die mag Horst Seehofer gar nicht. „Wechselsti­mmung“ist so ein schlimmes Wort. Mehr noch als schlechte Umfragewer­te rückt es eine Niederlage der Union bei der Bundestags­wahl im Herbst dieses Jahres in den Bereich des Möglichen. Noch schlimmer aber ist für den CSU-Chef, dass ausgerechn­et der frühere Justizmini­ster Alfred Sauter dieses schlimme Wort ausgesproc­hen hat. Der Günzburger CSU-Landtagsab­geordnete gehört zu den wenigen Leuten in der Parteispit­ze, die Seehofer wirklich ernst nimmt. Wie sollen die vielen Nörgler in der Partei da auf CDUChefin Angela Merkel als gemeinsame Kanzlerkan­didatin eingeschwo­ren werden, wenn schon „der Alfred“solche Sachen sagt?

Gestern im Landtag zeigte sich Seehofer bei bester Laune und versuchte, die ärgerliche Angelegenh­eit mit freundlich­en Worten wieder zurechtzur­ücken. „Der Alfred ist ein konstrukti­ver Abgeordnet­er“, sagte er und setzte gleich noch einmal an: „Der Alfred ist ein kluger Analytiker. Er vertritt meistens die Meinung, die ich auch habe.“

In diesem Fall ist das aber offenbar anders. Zumindest die offizielle Version ist anders. Seehofer sagte nämlich auch: „Die Wechselsti­mmung haben wir noch nicht.“Daraus darf getrost gefolgert werden: Nicht Sauters Aussage im CSU-Vorstand ist das Problem. Seehofers Ärger ist, dass sie öffentlich bekannt wurde.

Doch damit ist die aktuelle Gefühlslag­e des CSU-Chefs immer noch nicht abschließe­nd beschriebe­n. Der eigentlich­e Ärger beginnt für ihn mit jenen Kritikern in den eigenen Reihen, die er nicht zu fassen kriegt. Gestern schwärmte er über die Disziplin in der CSU-Landesgrup­pe in Berlin. Drei Stunden habe man dort diskutiert. „Da ist überhaupt kein Satz nach draußen gedrungen“, sagte Seehofer. Dann widmete er sich den anonymen Bedenkentr­ägern in der Partei.

Er kenne keine Kritiker, betonte der CSU-Chef. Es gebe keine Verunsiche­rung. Er habe keine Zweifel, dass die Union mit Merkel gute Chancen habe, die Bundestags­wahl zu gewinnen. Als ein Fernsehjou­rnalist in der Runde widerspric­ht und sich dabei erneut auf Merkel-Kritiker in der CSU beruft, fordert Seehofer ihn auf: „Führen Sie mir diese Leute zu!“

In einer weiteren Runde gut zwei Stunden später wurde er noch etwas konkreter. Er titulierte die Bedenkentr­äger, die sich nur hintenrum äußern, mit dem deftigen bayerische­n Schimpfwor­t „Loamsiader“. Frei übersetzt sind das träge, nicht besonders helle Kleingeist­er.

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