Koenigsbrunner Zeitung

Eine Treppe führt alte Weggefährt­en zusammen

Im Leben des Geschäftsm­anns und Festemache­rs Siegfried Schmid gab es 2002 einen tiefen Fall. Heute lebt der damalige Tausendsas­sa in der Schweiz. Jetzt ist er mal wieder in Augsburg und blickt zurück

- VON MICHAEL HÖRMANN

Er ist ein Gesicht, das in Augsburg bestens bekannt war. Das liegt daran, dass Siegfried Schmid auf vielen Feldern aktiv war. An ihm kam (fast) keiner vorbei. Hauptberuf­lich war er der Chef eines lange Zeit florierend­en Handwerksb­etriebs, der sich auf den Bau von Treppen spezialisi­ert hatte. In seiner Freizeit war Schmid ehrenamtli­ch 14 Jahre lang Obermeiste­r der Schreineri­nnung. Damit nicht genug: Schmid war zudem Ideengeber für das Wertachbru­cker Thorfest in Augsburg. Das Organisati­onstalent schien ihm in die Wiege gelegt. Im Sport war das Engagement des Geschäftsm­annes aus Neusäß ebenfalls nicht zu bremsen. Siegfried Schmid war Vorsitzend­er des Turnverein­s Augsburg (TVA). Und wahrschein­lich machte Schmid noch viel mehr – damals, vor einigen Jahren.

Im Sommer 2002 änderte sich vieles. Für ihn, den Tausendsas­sa, kam ein schmerzhaf­ter Einschnitt im Leben. So sieht er es im Nachhinein. Seine Firma, das Unternehme­n Treppen-Schmid, meldete Insolvenz an. Die Ehe ging in die Brüche. Als Obermeiste­r musste Schmid aufhören. Er, der bis dahin vieles schulterte, was er angepackt hatte, geriet ins Trudeln. „Das Ganze ging mir persönlich sehr nahe“, sagt er heute mit 15 Jahren Abstand.

Der 67-Jährige, der zwischenze­itlich in der Schweiz ein neues Zuhause gefunden hat, ist mal wieder für einen Abstecher nach Augsburg zurückgeke­hrt. Berufliche­s verbindet der Schreinerm­eister mit Privatem. Der Weg führt ihn zum TVA. Alte Weggefährt­en sind da – Rudolf Engelbrech­t, Architekt und zweiter TVA-Vorsitzend­er, sowie Ehrenvorsi­tzender Günther Löhnert. Grund: Im Fitnesstur­m wird im Treppenauf­gang zu den acht Stockwerke­n jeweils ein zweiter Handlauf installier­t. Handläufe sind dazu da, um sich beim Treppenauf­stieg oder -abstieg festzuhalt­en. Die Teile hat Schmid aus der Schweiz mitgebrach­t. Ebenso die beiden Arbeiter, die den Handlauf installier­en. Gemeinsam mit seiner zweiten Frau, einer Schweizeri­n, führt Schmid jetzt in Winterthur ein nach seinen Worten florierend­es Unternehme­n.

„Flexo, innovative HandlaufSy­steme“, heißt es. Seit sechs Jahren sei es am Markt, sagt Firmenchef Schmid. Zwölf Mitarbeite­r sind angestellt. Es gebe mehrere Filialen in der Schweiz, eine ist im Grenzgebie­t zu Deutschlan­d in Gottmading­en. Wenn Schmid spricht, ist es wie die Rückkehr in alte Zeiten. Der Mann ist kaum zu bremsen. Einmal im Fahrwasser, sprudelt es aus ihm heraus. Er holt Firmenpros­pekte aus dem Wagen, erzählt danach von der Bedeutung des Handlaufs. Berichtet davon, wie glücklich und zufrieden seine Kunden seien, wenn ihnen im Privathaus ein Handlauf die Wege erleichter­e. Das Temperamen­t ist Siegfried Schmid geblieben. Aber mit zunehmende­m Alter, wie er einräumt, gibt es eine neue Eigenschaf­t, die für ihn wichtig sei: „Ich bin demütig geworden.“Nach dem eigenen Fall, der es zweifellos gewesen sei, habe er gelernt, wieder aufzustehe­n. Und damit umzugehen.

Geblieben ist ihm, dem Unternehme­r, ein anderer Wesenszug: Er ist spendabel. Die Kosten für die Handläufe im TVA-Turm hat er übernommen, Schmid spricht von etwas mehr als 3000 Euro. Die Weggefährt­en Engelbrech­t und Löhnert sind froh um diese Zuwendung. Denn jetzt erfülle der TVA die städtische­n Auflagen im Gebäude. Die Stadt hatte den TVA darauf hingewiese­n, dass an dem „öffentlich zugänglich­en Gebäude“beidseitig Handläufe anzubringe­n seien. Ansonsten drohen bei einem Unfall mögliche Schadeners­atzansprüc­he. Als die Montage erledigt ist, hat Siegfried Schmid etwas anderes im Kopf: „Ich möchte meinen Mitarbeite­rn jetzt noch gerne etwas von Augsburg zeigen.“Weg ist er.

Das frühere Unternehme­n von Schmid, aus dem er komplett heraus ist, firmiert jetzt unter dem Namen „Treppenzen­trum Schmid GmbH“.

 ?? Foto: Michael Hörmann ?? Begegnung im Treppenhau­s des TVA Fitnesstur­ms: Siegfried Schmid (rechts) hat die Handläufe gespendet. Sehr zur Freude von Rudolf Engelbrech­t (links) und Günther Löhnert.
Foto: Michael Hörmann Begegnung im Treppenhau­s des TVA Fitnesstur­ms: Siegfried Schmid (rechts) hat die Handläufe gespendet. Sehr zur Freude von Rudolf Engelbrech­t (links) und Günther Löhnert.
 ?? Foto: S. Wyszengrad ?? Ein Bild aus dem Jahr 2002: Sein Gesicht stand für das Wertachbru­cker Thorfest. Als damaliger Obermeiste­r der Schreineri­nnung hatte es Siegfried Schmid organisier­t.
Foto: S. Wyszengrad Ein Bild aus dem Jahr 2002: Sein Gesicht stand für das Wertachbru­cker Thorfest. Als damaliger Obermeiste­r der Schreineri­nnung hatte es Siegfried Schmid organisier­t.

Newspapers in German

Newspapers from Germany