Auf Wunsch krank?
Das Jobcenter zeigt einen Arzt an. Er soll ein Attest ausgestellt haben, ohne die Patientin untersucht zu haben
Ein niedergelassener Allgemeinmediziner stand wegen Ausstellens eines unrichtigen Gesundheitszeugnisses vor Gericht. Das Augsburger Jobcenter hatte ihn angezeigt. Dem 48-Jährigen drohten bei einer empfindlichen Strafe Konsequenzen von seiner Standesorganisation. Wohl auch deshalb hatte er Einspruch gegen einen ergangenen Strafbefehl eingelegt.
Der Arzt, so hieß es in der Verhandlung, hatte seine Patientin wunschgemäß krankgeschrieben. Rückwirkend, ohne sie untersucht zu haben. Die 45-Jährige brauchte zwei Atteste, da ihr das Jobcenter Zahlungen gekürzt hatte. Einen Monat zuvor war sie, trotz Ladung, zweimal dort nicht erschienen.
Seine Patientin habe ihm erzählt, rechtfertigte sich der Mediziner im Prozess, sie sei an Grippe erkrankt gewesen. „Ich habe mir die Symptome schildern lassen.“Im Übrigen komme es auch bei anderen Patienten vor, dass er ihre Angaben nicht direkt nachprüfen könne. Der Arzt führte als Beispiel eine Frau an, die wegen einer schmerzhaften Periode zu ihm komme. Amtsrichterin Susanne Hillebrand und die junge Staatsanwältin überzeugte er damit nicht.
Nach einer Verhandlungspause, in der er sich mit Verteidiger Florian Engert beriet, akzeptierte der Angeklagte den Schuldspruch, er beanstandete nur die Höhe der Geldstrafe. Und das mit Erfolg. Das Gericht verringerte sie von 9000 auf 3000 Euro (20 Tagessätze zu 150). Damit bleibt dem Augsburger Hausarzt vermutlich weiterer, beruflicher Ärger erspart.
Richterin Hillebrand verabschiedete den Angeklagten mit den Worten: „Ich hoffe, dass durch dieses Verfahren auch andere Ärzte wachgerüttelt werden.“Gefälligkeitsgutachten seien vermutlich eine „weit verbreitete Praxis“, so die Richterin.