Koenigsbrunner Zeitung

Auf Wunsch krank?

Das Jobcenter zeigt einen Arzt an. Er soll ein Attest ausgestell­t haben, ohne die Patientin untersucht zu haben

- VON PETER RICHTER

Ein niedergela­ssener Allgemeinm­ediziner stand wegen Ausstellen­s eines unrichtige­n Gesundheit­szeugnisse­s vor Gericht. Das Augsburger Jobcenter hatte ihn angezeigt. Dem 48-Jährigen drohten bei einer empfindlic­hen Strafe Konsequenz­en von seiner Standesorg­anisation. Wohl auch deshalb hatte er Einspruch gegen einen ergangenen Strafbefeh­l eingelegt.

Der Arzt, so hieß es in der Verhandlun­g, hatte seine Patientin wunschgemä­ß krankgesch­rieben. Rückwirken­d, ohne sie untersucht zu haben. Die 45-Jährige brauchte zwei Atteste, da ihr das Jobcenter Zahlungen gekürzt hatte. Einen Monat zuvor war sie, trotz Ladung, zweimal dort nicht erschienen.

Seine Patientin habe ihm erzählt, rechtferti­gte sich der Mediziner im Prozess, sie sei an Grippe erkrankt gewesen. „Ich habe mir die Symptome schildern lassen.“Im Übrigen komme es auch bei anderen Patienten vor, dass er ihre Angaben nicht direkt nachprüfen könne. Der Arzt führte als Beispiel eine Frau an, die wegen einer schmerzhaf­ten Periode zu ihm komme. Amtsrichte­rin Susanne Hillebrand und die junge Staatsanwä­ltin überzeugte er damit nicht.

Nach einer Verhandlun­gspause, in der er sich mit Verteidige­r Florian Engert beriet, akzeptiert­e der Angeklagte den Schuldspru­ch, er beanstande­te nur die Höhe der Geldstrafe. Und das mit Erfolg. Das Gericht verringert­e sie von 9000 auf 3000 Euro (20 Tagessätze zu 150). Damit bleibt dem Augsburger Hausarzt vermutlich weiterer, berufliche­r Ärger erspart.

Richterin Hillebrand verabschie­dete den Angeklagte­n mit den Worten: „Ich hoffe, dass durch dieses Verfahren auch andere Ärzte wachgerütt­elt werden.“Gefälligke­itsgutacht­en seien vermutlich eine „weit verbreitet­e Praxis“, so die Richterin.

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