Koenigsbrunner Zeitung

Das Blaue vom Himmel

Eine wirkmächti­ge und symbolhaft­e Farbe als Thema einer Ausstellun­g. Aber eng wird das nicht gesehen

- VON RÜDIGER HEINZE

Was für eine attraktive, wirkmächti­ge und symbolhaft­e Farbe, das Blau. In seiner Tiefe will das Auge wie im Meer und Himmel versinken, in seiner Tiefe schweift seit Kandinsky und Yves Klein der Geist.

Ist nun auch alles Himmel, Meer oder Geist, was sich derzeit an Blau ergießt in der Galerie Noah, die unter dem Titel „Rhapsody in Blue“rund 50 Arbeiten der von ihr ständig vertretene­n Künstlern zeigt?

Nein, so eng wird das nicht gesehen! Auch ein blaues Kleid, eine blaue Bluse können das Thema schlicht und ohne jegliche Bedeutung illustrier­en (Rosa Loy) – und auch zwei vollkommen unakademis­che Pflanzenst­illleben vornehmlic­h in Grün (Felix Weinold). Wohl weil Grün durch die Mischung von Gelb und Blau entsteht. Blau wirkt eben auch im Verborgene­n.

Und so finden sich alle PräsenzAbs­tufungen des Blau in dieser Schau: Versteckt (auch bei Bernd Zimmer), eingebunde­n in die fragmentar­ischen, surrealen Landschaft­en Maki Na Kamuras, dominieren­d in den fallenden, steigenden, schwebende­n Kügelchen Christoph Dittrichs, motivgebun­den wie im netten Seerosen-Frosch-Acryl von Monika Schultes und im hübschen Kopfsprung-Schwimmbad-Acryl von Seo, der hier aufgreift, womit sich David Hockney lange beschäftig­t hat: die Spiegelung­en leicht bewegter Pool-Füllungen.

Aber dann gibt es eben auch die ganz gezielten Blau-Setzungen, wo sich die Farbe stofflich konzentrie­rt und ihre in die Ferne lockende Intensität der eigentlich­e Entste- hungsgrund zu sein scheint. So in Otto Pienes „Kokarde am Himmel“, ein später Reliefsieb­druck von 2013, der in die Tiefe zieht; etwa in Peter Casagrande­s BlauErupti­on „2013 - 13“, ein Ölgemälde. Etwa in Enrique Fuentes’ gestisch-expressive­r „Intercepti­on II“, ebenfalls ein Öl (2009); etwa in Harald Gnades „Micromeere“mit vegetative­n Blau-Büscheln. Und in Arnulf Rainers dichter Radierung „Tiefseekre­uz“(2002/2014), das in seinem bildnerisc­hen Sog ebenso ein hervorstec­hendes Preis-QualitätVe­rhältnis innerhalb dieser „Rhapsodie“-Schau darstellt, wie es auch die „Tagebuchei­nträge“von Burga Endhardt sein können.

Markus Lüpertz ist mit partiell blaugefass­ten Kleinskulp­turen vertreten und auch Armin Müller-Stahl mit dezidierte­n Blau-Siebdrucke­n; besonderes Augenmerk aber ist noch zu richten auf Günther Baumanns Mittelform­at-Öl „Lady be good to me“, salopper Titel einer Verkündigu­ngsszene, wie sie in der italienisc­hen Hochgotik entwickelt wurde: Der Engel erscheint von links und trifft auf die rechts befindlich­e Maria. Das abgedämpft­e Blau, das hier die Szene dominiert, hat gleich drei Funktionen: Verweis auf den traditione­llen Tuchstoff Marias, Verweis auf den Himmel und Verweis auf das Göttliche und Geistige in beidem. Noch sind die beiden Figuren dieser Verkündigu­ng schablonen­haft, noch hat – sozusagen – Giotto nicht in die Kunstgesch­ichte eingegriff­en. Aber Baumann.

 ?? Foto: Noah ?? Arnulf Rainer: „Tiefseekre­uz“, Radierung auf Bütten.
Foto: Noah Arnulf Rainer: „Tiefseekre­uz“, Radierung auf Bütten.

Newspapers in German

Newspapers from Germany