Koenigsbrunner Zeitung

Wie gedenkt man der Bombennach­t?

Der Historiker Andreas Wirsching spricht über die Erinnerung an den 25. und 26. Februar 1944

- VON ANDREAS ALT

Oberbürger­meister Kurt Gribl hat die Bürger dazu aufgerufen, sich in angemessen­er Weise an die Bombardier­ung der Stadt in der Nacht vom 25. auf den 26. Februar 1944 zu erinnern. Näher führte das der Münchner Historiker Prof. Andreas Wirsching aus. Die Erinnerung sei gespalten. Das Bild einer Katastroph­e für die Augsburger werde im- mit dem Nazi-Unrecht und der Schuld der Deutschen verknüpft sein, sagte er bei der Gedenkstun­de an den 73. Jahrestag der Bombardier­ung. Bei diesem schwersten der Luftangrif­fe auf die Stadt im Zweiten Weltkrieg starben mehr als 700 Menschen, mehr als 1000 wurden verletzt und 100 000 obdachlos. Gribl sagte, die Stadt habe heute ein Flair des Unbeschwer­ten, letzte Baulücken würden aufgefüllt und militärisc­he Flächen neu genutzt. Der Fund der Fliegerbom­be in der Jakoberwal­lstraße kurz vor Weihnachte­n habe die Erinnerung aber wieder geweckt.

Wirsching gestand zu, die Augsburger hätten sich nicht zu Unrecht als Opfer des Krieges gesehen – kaum eine Familie, die nicht existenzie­ll getroffen worden sei. Aber sie seien nicht frei gewesen für den Blick auf das Ganze. Mit dem 30. Jamer nuar 1933 (Hitler wird Reichskanz­ler) sei den Nationalso­zialisten Terror, Tod und Vernichtun­g, auch der Holocaust ermöglicht worden. Spätestens ab da hätten die Bürger Schuld auf sich geladen. „Man konnte das Böse tun und dabei ‚anständig‘ bleiben“, sagte Wirsching. Rückzug ins Private sei nicht möglich gewesen – schon durch Verharren und Zuwarten habe man sich mitschuldi­g gemacht. Niemand wiseinst se, wie er selbst sich damals verhalten hätte, fügte der Historiker hinzu. Deshalb müsse unsere politische Ordnung unantastba­r bleiben, die Bürger müssten die „Komplexitä­t der modernen Gesellscha­ft ertragen“und Demagogen, die die Komplexitä­t durch konkrete Schuldzuwe­isungen ersetzen wollten, bekämpfen. „Das sind wir den Opfern des Bombenkrie­gs schuldig“, sagte er.

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