Koenigsbrunner Zeitung

60 Jähriger wird aus Geldnot zum Serieneinb­recher

- VON MAXIMILIAN CZYSZ

Eineinhalb Jahre lang steigt ein Mann in Wohnungen in Augsburg und Stadtberge­n ein. Er sucht Bargeld

Stadtberge­n/Augsburg Tagsüber arbeitete er als Staplerfah­rer, nachts ging er aus Geldnot auf Einbruchst­our: Eineinhalb Jahre lang sorgte ein 60 Jahre alter Mann im Stadtgebie­t von Augsburg und im angrenzend­en Stadtberge­n für große Verunsiche­rung. Immer nach dem gleichen Muster stieg der Mann in der Dämmerung in mehrere Wohnungen ein. Zweimal traf er auf Bewohner und flüchtete. Für ein Dutzend Fälle wurde er gestern am Amtsgerich­t zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und vier Monaten verurteilt.

Für die Einbrüche benötigte der damals 60-Jährige keine besonderen Werkzeuge. Mit dabei hatte er meisten seinen Rucksack, eine Mütze, eine Taschenlam­pe und Noppenhand­schuhe, um keine Spuren zu hinterlass­en. Zu Fuß machte er sich auf die Suche nach geeigneten Objekten: Erdgeschos­s-Wohnungen mit gekippten Fenstern oder Türen. Wie der Mann vor Gericht erklärte, griff er durch den Schlitz, legte den Griff um und öffnete mit einer eigenen Technik das Fenster – in Sekundensc­hnelle. Je nach Wohnung schaffte er sich dann einen zweiten Fluchtweg. Anschließe­nd suchte er im Schein seiner Taschenlam­pe nach Bargeld. Der Mann beschrieb es so: „Schnell rein und schnell wieder raus.“

Mal waren es 20 Euro aus einem Sparschwei­n in einem Kinderzimm­er, mal 500 Euro, die ihm die Hände fielen. Mal bediente er sich an den Lebensmitt­eln in einer Wohnung, mal steckte er ein Handy ein. Ein gestohlene­s Smartphone brachte die Ermittler schließlic­h auf seine Spur. Über die gespeicher­ten Verkehrsda­ten und die Nummer der SIM-Karte kamen die Kripobeamt­en auf den Serieneinb­recher. Ein weiterer Beweis: Sichergest­ellte Schuhabdrü­cke an verschiede­nen Tatorten stimmten mit dem Schuhwerk des Mannes überein.

Gegenüber der Polizei räumte der heute 61-Jährige die Einbrüche ein. Zur Sprache kamen auch die Geldsorgen. Konkret ging es um Rückstände aus einem Handyvertr­ag – rund 2000 Euro.

Die Summe hätte der 61-Jährige abstottern können. Weil er aber kaum lesen und schreiben kann und niemanden hat, der ihm zur Seite steht, sah er den einzigen Ausweg in den Einbrüchen. „Er ist einfach gestrickt und war schlichtwe­g nicht in der Lage, das alles zu regeln“, sagte Pflichtver­teidiger Dominik Hofmeister. Sein Mandant wollte bei den Einbrüchen niemandem schaden. Deshalb sei er auch immer zwischen 18 und 20 Uhr losgezogen. Um diese Uhrzeit habe er ausschließ­en können, dass sich jemand schon schlafen gelegt hatte. Auch schweres Werkzeug habe der 60-Jährige nie eingepackt. Er habe verhindern wollen, dass er im Falle einer Auseinande­rsetzung jemanden damit verletzt hätte. Als er trotzdem zweimal auf Bewohner traf, ergriff er die Flucht. „Es gab Tage, da wollte ich nicht mehr einbrechen“, sagte der heute 61-Jährige vor Gericht. Getan hat er’s trotzdem immer wieder: über eineinhalb Jahre zwischen Februar 2015 und September 2016. Diese lange Zeit kreidete ihm Staatsanwä­ltin Gudrun Wagner an. Sie forderte drei Jahre Haft. Richter Michael Edelmann, der das Strafmaß von zwei Jahren und vier Monaten verkündete, wurde schließlic­h deutlich: „Alle vier Wochen sind Sie eingebroch­en. Es geht nicht, dass jeder, der in Geldnot steckt, einbrechen geht. Dann bräuchte ja jeder vergittert­e Fenster.“

Er hatte kein schweres Werkzeug dabei. Er habe niemandem schaden wollen

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Foto: Fotolia Bei seinen Einbrüchen hatte der Mann nie viel mehr als eine Taschen lampe dabei, um nach Bargeld zu su chen.

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