Koenigsbrunner Zeitung

Und wieder brennen die Hexen

- VON SIEGFRIED P. RUPPRECHT

Funken- und Scheibenfe­uer sollen am Wochenende den Winter austreiben und Böses abwenden. Aktive in Langenneuf­nach erzählen, warum sie dies seit drei Jahrzehnte­n machen

Langenneuf­nach Ölgetränkt­e Fackeln schieben sich in das aufgeschic­htete Stroh. Flammen zucken leckend über das Holz. Es knackt und prasselt. Dann schlägt das Feuer knisternd höher und erfasst die sogenannte Hexe. Das Bündel zuckt, biegt sich unter der Hitze und verschwind­et hinter einem dichten Schleier von gefräßigen Flammen. Dies ist keine Szene aus einem Film über die Inquisitio­n oder Hexenverfo­lgung und auch keine Sequenz aus einem Horrorstre­ifen. Es ist Teil eines besonderen Spektakels, das noch so mancherort­s nach dem Fasching über die Bühne geht. In Langenneuf­nach ist es stets am ersten Fastensonn­tag so weit. Das Scheibenfe­uer hat dort eine jahrzehnte­lange Tradition. Heuer findet es am Sonntag, 5. März, ab 19.30 Uhr, am Ziegelberg an der Ortsverbin­dung zwischen Langenneuf­nach und Mickhausen statt.

Das Schauspiel zieht jedes Jahr zahlreiche Besucher in Bann. Das hoch auflodernd­e, funkenschl­agende und weithin sichtbare Feuer fasziniert. Applaus gibt es, wenn die auf einer Stange befestigte Strohhexe in Flammen aufgeht. Spätestens dann wird aus dem Scheibenfe­uer für Jung und Alt eine Unterhaltu­ngsaktion mit Erlebnisch­arakter.

Gefordert sind schweres Gerät, System und Muskelkraf­t

Was so einfach aussieht, ist allerdings harte Arbeit. Ein rund 20-köpfiges Scheibenfe­uer-Team kümmert sich um den Aufbau und die Durchführu­ng des Spektakels. „Wir sind insgesamt rund sechs bis acht Wochen damit beschäftig­t“, berichtet Hans Wöhrle. Er ist Dienstälte­ster in der Gruppe und seit circa 30 Jahren dabei. „Arbeitsint­ensiv ist vor allem das Holzsammel­n“, informiert Andreas Thoma. Dahinter stecke eine logistisch­e Herausford­erung. „Wir erhalten hauptsächl­ich von zwei Betrieben eine größere Anzahl von Holzpallet­ten“, erzählt er. „Die müssen mit Traktoren und Anhängern abgeholt und zum Ziegelberg gebracht werden.“Anderes naturbelas­senes Holz werde ebenfalls eingesamme­lt und gespalten. Auch bei Letzterem hilft mittlerwei­le die Technik. Danach geht es in die heiße Phase. Um das brennbare Material aufzutürme­n, fertigt das Team einen Unterbau aus massiven Baumstämme­n. Markus Thoma packt kräftig mit an. Der 36-Jährige gehört bereits seit 25 Jahren zum Scheibenfe­uer-Team. Schon sein Vater Martin Thoma war Mitglied der rührigen Truppe.

Das fachmännis­che Aufstapeln des Holzhaufen­s erfordert schweres technische­s Gerät, ein ausgeklüge­ltes System und vor allem Muskelkraf­t. Geschafft ist es, wenn das Team an der Spitze des Holzturms eine Stange mit einer Strohhexe befestigt. „Unser letzter Holzturm hatte eine Grundfläch­e von knapp 4,5 mal 4,5 Meter und eine Höhe von rund sechs Metern“, so Markus Thoma. Nach dem Aufstellen des Holzstapel­s wird das Bauwerk gut bewacht.

Die Hexe fertigen Elke und Sonja, die Schwestern von Hans Wöhrle. In liebevolle­r Detailarbe­it errichten sie aus Stroh eine Puppe, die sie auch einkleiden. Das Gesicht wird aus Pappmasche­e gefertigt. Ebenso wenig fehlt der Reisigbese­n. „Meine Schwestern sind ein eingespiel­tes Team. Genauso wie die Scheibenfe­uer-Gruppe“, gesteht Hans Wöhrle.

Dabei haben die Initiatore­n bewusst diese Form des Ehrenamts gewählt. „Die Gründung eines offizielle­n Vereins ist für uns kein Thema“, sagt Markus Thoma. „Hier wären wir mit zu vielen Regularien wie Vorstandsc­haft, Sitzungen und Satzung konfrontie­rt.“Die Durchführu­ng des Scheibenfe­uers erfordere bereits genügend Engagement und Ehrgeiz.

Veranstalt­er ist zwar die Gemeinde Langenneuf­nach, die auf dem Ziegelberg für das Scheibenfe­uer auch den Gemeindegr­und zur Verfügung stellt, doch die Hauptlast liege eindeutig bei den Durchführe­nden. Selbst die Plakatieru­ng für die Veranstalt­ung gehe auf Kosten des Teams, erläutert Andreas Thoma. Für die Bewirtung der Veranstalt­ung sorge zwar das Team, doch die Gesamtakti­on sei meist ein Draufzahlg­eschäft. Wöhrle bedauert, dass bei der vielen Arbeit die Geselligke­it zu kurz komme. „Zumindest halten wir aber die Tradition aufrecht“, freut er sich.

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Foto: Elke Wöhrle Das Scheibenfe­uer auf dem Ziegelberg leuchtet weit in die Region. Noch ragt die Hexe über den Funken. Doch gleich wird die Strohfigur von den Flammen erfasst und brennt lichterloh.
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Foto: Siegfried P. Rupprecht Ein rund 20 köpfiges Team organisier­t jährlich das Scheibenfe­uer in Langen neufnach. Hans Wöhrle, Markus und An dreas Thoma (von links) gehören mit dazu.

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