Krank in den Kindergarten
Trotz Fieber und Übelkeit schicken Eltern ihre Mädchen und Buben in die Schule oder Kita. Das schafft den Einrichtungen Probleme. Was rät ein Arzt in solchen Fällen? Familie
Königsbrunn Es hängt wie ein Damoklesschwert über allen berufstätigen Eltern: Die Betreuung des Nachwuchses ist aufwendig organisiert, doch dann steigt beim Kind das Fieber und bei den Eltern der Druck. Sie müssen zur Arbeit, Oma und Opa können nicht helfen, und auch sonst ist niemand da, der ein krankes Kind betreuen kann. Wenn der Nachwuchs am Morgen mit Fieber und Halsschmerzen aufwacht, fällt das sorgfältig aufgebaute (Betreuungs-)Kartenhaus zusammen. Für die Eltern ein Dilemma. Statt den Nachwuchs nun ins Bett zu stecken, schicken einige Eltern ihre Kinder krank in die Schule oder den Kindergarten.
Dabei haben Eltern die Möglichkeit, sich für ihr Kind bis zu zehn Arbeitstage vom Arbeitgeber freistellen zu lassen, Alleinerziehende bis zu 20 Arbeitstage. Bei Eltern mehrerer Kinder erhöht sich die Zahl auf 25 beziehungsweise auf 50 Arbeitstage für Alleinstehende. Je nach Arbeits- oder Tarifvertrag erhalten die Eltern die ersten fünf Fehltage den vollen Lohn. Mitgliedern einer gesetzlichen Krankenkasse haben die Möglichkeit, Kinderkrankengeld zu beziehen. Das beträgt 70 Prozent des Bruttoverdienstes.
Doch was ist, wenn die zehn Tage nicht ausreichen? Tagesstättenleiterin Karin Roch vom evangelischen Kindergarten Arche Noah kennt das Dilemma der Eltern. Aber der Gesetzgeber habe es ganz klar geregelt, dass erkrankte Kinder nicht im Kindergarten betreut werden können, ist von ihr zu erfahren. Eindeutig ist es dann der Fall, wenn sich das Kind übergibt und Durchfall hat oder auch Fieber. Schwieriger sei dies bei Erkältungskrankheiten zu beurteilen, da diese unterschiedlich ausge- prägt sind. „Aber wenn ein Kind nur schlapp in der Gruppe sitzt, dann braucht es die Mama und Ruhe und nicht 25 Kinder um sich herum.“Ein Krankenzimmer wie in den Schulen und Horten gebe es in Kindergärten nicht, so Roch. Denn die Erzieherinnen könnten die kleinen Patienten dort nicht beaufsichtigen. Das einzige Mittel ist, die Eltern anzurufen, damit sie ihr erkranktes Kind abholen.
Auch die Eltern kranker Hortkinder werden sofort telefonisch gebeten, ihren Nachwuchs abzuholen, ist von Achim Friedrich zu erfahren. Friedrich ist Leiter des Mehrgenerationenhauses und der Angebote der St.-Gregor-Jugendhilfe in der Brunnenstadt, zu denen auch die Horte an den Grundschulen gehö- ren. Sollte ein Kind schlapp und müde wirken, kann es sich in einem gesonderten Raum hinlegen. Die Betreuer haben die Einwilligung aller Eltern, bei Bedarf Fieber zu messen. „Sollten wir den Eindruck haben, das Kind gehört ins Bett, dann rufen wir die Eltern an.“Das klappe in der Regel gut. „Da hat es noch nie Ärger gegeben.“Bei ansteckenden Krankheiten muss ein Arzt bescheinigen, dass das Kind wieder gesund ist, bevor es wieder in die Einrichtung kommen kann.
Bei diesen positiven Erfahrungen gibt es aber auch andere Stimmen. Einige Erzieherinnen wollen nicht öffentlich namentlich genannt werden, denn das Thema „ist ein ganz heißes Eisen“. Sie berichten von Eltern, die ihren Kindern nach dem Aufstehen ein Zäpfchen geben, damit sie beim Gang in den Kindergarten fieberfrei sind. Oder von Krippenkindern, die weinerlich und quengelig beim Betreuungspersonal abgegeben werden, mit dem Hinweis: „Das Kind bekommt mal wieder Zähnchen.“Dieses Verhalten verschärfe die Situation bei Krankheitswellen in den Einrichtungen, weil auch das Personal nicht gegen die Viren und Erreger gefeit ist.
Wann ein Kind dem Unterricht oder dem Kindergarten fernbleiben sollte, weiß Kinderarzt Dr. Norbert Rindle: „Auf jeden Fall bei ansteckenden Kinderkrankheiten wie beispielsweise Scharlach oder der Hand-Fuß-Mund-Krankheit und bei Fieber.“Ab einer Körpertemperatur von 38 Grad sollten Kinder zu Hause unter Aufsicht bleiben. Auch bei einem kräftigen Husten oder einer eitrigen Bindehautentzündung sollten die Kinder nicht die Schule oder den Kindergarten besuchen, so Rindle. Allgemein rät der Kinderarzt den Eltern, ihren Nachwuchs genau zu beobachten, „denn wenn sie von einer Virusinfektion geschwächt und müde sind, können sie den Anforderungen, die an sie gestellt werden nicht gerecht werden“. Bei Infektionen wie Scharlach oder einer einfachen Halsentzündung gilt der Nachwuchs nach ein bis zwei Tagen Antibiotika nicht mehr als ansteckend. Aber die Abwehr der jungen Patienten ist sehr geschwächt, da sei die Gefahr groß, dass sie sich mit einer anderen Krankheit gleich wieder anstecken.