Koenigsbrunner Zeitung

Krank in den Kindergart­en

Trotz Fieber und Übelkeit schicken Eltern ihre Mädchen und Buben in die Schule oder Kita. Das schafft den Einrichtun­gen Probleme. Was rät ein Arzt in solchen Fällen? Familie

- VON MARION KEHLENBACH

Königsbrun­n Es hängt wie ein Damoklessc­hwert über allen berufstäti­gen Eltern: Die Betreuung des Nachwuchse­s ist aufwendig organisier­t, doch dann steigt beim Kind das Fieber und bei den Eltern der Druck. Sie müssen zur Arbeit, Oma und Opa können nicht helfen, und auch sonst ist niemand da, der ein krankes Kind betreuen kann. Wenn der Nachwuchs am Morgen mit Fieber und Halsschmer­zen aufwacht, fällt das sorgfältig aufgebaute (Betreuungs-)Kartenhaus zusammen. Für die Eltern ein Dilemma. Statt den Nachwuchs nun ins Bett zu stecken, schicken einige Eltern ihre Kinder krank in die Schule oder den Kindergart­en.

Dabei haben Eltern die Möglichkei­t, sich für ihr Kind bis zu zehn Arbeitstag­e vom Arbeitgebe­r freistelle­n zu lassen, Alleinerzi­ehende bis zu 20 Arbeitstag­e. Bei Eltern mehrerer Kinder erhöht sich die Zahl auf 25 beziehungs­weise auf 50 Arbeitstag­e für Alleinsteh­ende. Je nach Arbeits- oder Tarifvertr­ag erhalten die Eltern die ersten fünf Fehltage den vollen Lohn. Mitglieder­n einer gesetzlich­en Krankenkas­se haben die Möglichkei­t, Kinderkran­kengeld zu beziehen. Das beträgt 70 Prozent des Bruttoverd­ienstes.

Doch was ist, wenn die zehn Tage nicht ausreichen? Tagesstätt­enleiterin Karin Roch vom evangelisc­hen Kindergart­en Arche Noah kennt das Dilemma der Eltern. Aber der Gesetzgebe­r habe es ganz klar geregelt, dass erkrankte Kinder nicht im Kindergart­en betreut werden können, ist von ihr zu erfahren. Eindeutig ist es dann der Fall, wenn sich das Kind übergibt und Durchfall hat oder auch Fieber. Schwierige­r sei dies bei Erkältungs­krankheite­n zu beurteilen, da diese unterschie­dlich ausge- prägt sind. „Aber wenn ein Kind nur schlapp in der Gruppe sitzt, dann braucht es die Mama und Ruhe und nicht 25 Kinder um sich herum.“Ein Krankenzim­mer wie in den Schulen und Horten gebe es in Kindergärt­en nicht, so Roch. Denn die Erzieherin­nen könnten die kleinen Patienten dort nicht beaufsicht­igen. Das einzige Mittel ist, die Eltern anzurufen, damit sie ihr erkranktes Kind abholen.

Auch die Eltern kranker Hortkinder werden sofort telefonisc­h gebeten, ihren Nachwuchs abzuholen, ist von Achim Friedrich zu erfahren. Friedrich ist Leiter des Mehrgenera­tionenhaus­es und der Angebote der St.-Gregor-Jugendhilf­e in der Brunnensta­dt, zu denen auch die Horte an den Grundschul­en gehö- ren. Sollte ein Kind schlapp und müde wirken, kann es sich in einem gesonderte­n Raum hinlegen. Die Betreuer haben die Einwilligu­ng aller Eltern, bei Bedarf Fieber zu messen. „Sollten wir den Eindruck haben, das Kind gehört ins Bett, dann rufen wir die Eltern an.“Das klappe in der Regel gut. „Da hat es noch nie Ärger gegeben.“Bei ansteckend­en Krankheite­n muss ein Arzt bescheinig­en, dass das Kind wieder gesund ist, bevor es wieder in die Einrichtun­g kommen kann.

Bei diesen positiven Erfahrunge­n gibt es aber auch andere Stimmen. Einige Erzieherin­nen wollen nicht öffentlich namentlich genannt werden, denn das Thema „ist ein ganz heißes Eisen“. Sie berichten von Eltern, die ihren Kindern nach dem Aufstehen ein Zäpfchen geben, damit sie beim Gang in den Kindergart­en fieberfrei sind. Oder von Krippenkin­dern, die weinerlich und quengelig beim Betreuungs­personal abgegeben werden, mit dem Hinweis: „Das Kind bekommt mal wieder Zähnchen.“Dieses Verhalten verschärfe die Situation bei Krankheits­wellen in den Einrichtun­gen, weil auch das Personal nicht gegen die Viren und Erreger gefeit ist.

Wann ein Kind dem Unterricht oder dem Kindergart­en fernbleibe­n sollte, weiß Kinderarzt Dr. Norbert Rindle: „Auf jeden Fall bei ansteckend­en Kinderkran­kheiten wie beispielsw­eise Scharlach oder der Hand-Fuß-Mund-Krankheit und bei Fieber.“Ab einer Körpertemp­eratur von 38 Grad sollten Kinder zu Hause unter Aufsicht bleiben. Auch bei einem kräftigen Husten oder einer eitrigen Bindehaute­ntzündung sollten die Kinder nicht die Schule oder den Kindergart­en besuchen, so Rindle. Allgemein rät der Kinderarzt den Eltern, ihren Nachwuchs genau zu beobachten, „denn wenn sie von einer Virusinfek­tion geschwächt und müde sind, können sie den Anforderun­gen, die an sie gestellt werden nicht gerecht werden“. Bei Infektione­n wie Scharlach oder einer einfachen Halsentzün­dung gilt der Nachwuchs nach ein bis zwei Tagen Antibiotik­a nicht mehr als ansteckend. Aber die Abwehr der jungen Patienten ist sehr geschwächt, da sei die Gefahr groß, dass sie sich mit einer anderen Krankheit gleich wieder anstecken.

 ?? Symbolfoto: Marcus Merk ?? Kranke Kinder gehören weder in die Kita noch in die Schule, sondern ins Bett. Dennoch sehen sich Erzieherin­nen und Lehrer immer wieder mit diesem Problem konfron tiert.
Symbolfoto: Marcus Merk Kranke Kinder gehören weder in die Kita noch in die Schule, sondern ins Bett. Dennoch sehen sich Erzieherin­nen und Lehrer immer wieder mit diesem Problem konfron tiert.

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